Maßarbeit auf dem Wasser
Ob Schiffe mit Gefahrgütern oder Passagieren: Wer neckaraufwärts will, muss durch die Schleuse bei Gundelsheim. Wir lassen uns in unserer Serie "So funktioniert das" erklären, wie dort gearbeitet wird.

Zügig bahnt sich die Fidente ihren Weg durch den Neckar. Das niederländische Gütermotorschiff kommt von Freiberg und hat 1032 Tonnen Brotweizen geladen. Bis Rotterdam hat es vier Tage Fahrt vor sich. Gundelsheim ist die achte Etappe. Kapitän Kees Egas steuert auf die linke, dem Ufer zugewandte Schleusenkammer zu. Sein Sohn Corney steht auf dem Bug bereit, um das Schiff zum Schleusenvorgang an einem der Poller zu vertäuen. Schließlich soll es, wenn es 4,20 Meter abwärts geht, nicht hin- und herschwanken.
Fahrgäste haben Vorrang
Vom Kontrollturm aus blickt Andreas Kühner auf beide Schleusenkammern. Kapitän Egas hat sich per Funk schon bei ihm gemeldet, als die Fidente gerade an Offenau vorbeifuhr. Auf die Rückmeldung "Kammer klar" hin hat er dann die Geschwindigkeit gedrosselt. Die Ampel hat der Gundelsheimer Schicht- und Betriebsstellenleiter auf Grün gestellt.
Müssen viele Schiffe geschleust werden, stehen Liegeplätze zur Verfügung. Andreas Kühner legt dann fest, wer den Startplatz einnimmt. Bisweilen sind Gefahrguttransporte darunter, oder Ausflugsschiffe wie der Neckarbummler. "Fahrgastschiffe haben fast immer ein Vorschleusungsrecht", sagt Kühner.
Behutsam steuert die Fidente in die Kammer. Es ist eng. Mehr als 105 Meter lang und zwölf Meter breit dürfen die Schiffe auf dem Neckar derzeit nicht sein, während auf dem Rhein Längen von 135 Metern möglich sind. "Die linke Kammer wurde schon 1937 fertiggestellt", erklärt Walter Braun, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Neckar. Das Amt ist zuständig für 27 Schleusen auf 203 Kilometern von Mannheim bis Plochingen, rund 160 Höhenmeter sind zu überwinden. Jährlich werden hier 150 000 Schiffe geschleust. Die rechte Kammer wurde 1958 gebaut. Braun: "Damals, bei Schiffslängen von 64 Metern, waren die Kammern ausreichend." Jetzt sieht das anders aus.
Wände müssen saniert werden

Die für die Neckarschleusen anvisierte, milliardenschwere Verlängerung sei ein "Projekt, aus dem erst die Enkel Nutzen ziehen werden", sagt Braun. "2050 soll Plochingen fertig sein." Für Gundelsheim gebe es noch keine Planungsschritte. Fest steht aber, dass die Wände der rechten Schleusenkammer saniert werden müssen. Außerdem muss die fast schon antiquarischen Balkenkonstruktion am Schleusentor ausgetauscht werden, die ein Schiff im Notfall abfangen soll. Sie wird durch eine Seilstoßanlage ersetzt, wie sie die rechte Kammer schon hat. Auch dort müssen Schleusentore, Antriebs- und Steuerungstechnik erneuert werden.
Die Fidente ist in der Schleusenkammer bei geschlossenem Untertor vertäut. Per Knopfdruck bewirkt Andreas Kühner, dass sich auch das Obertor schließt und die Schütze im Untertor öffnen, damit das Wasser ausfließen kann. Immer weiter senkt sich das Schiff, um die Höhendifferenz zu überbrücken. Keine zehn Minuten später löst Matrose Corney Egas die Vertäuung. Andreas Kühner öffnet das Untertor und die Fidente fährt Richtung Neckarzimmern davon.
Mehr als Knöpfchen drücken
Seit 24 Jahren ist Andreas Kühner, der aus einer Binnenschifferfamilie stammt, mit Kollegen in Schichtarbeit Herr über das Schaltpult im Kontrollturm. "Knöpfchen drücken", sagt er, "macht aber nur 20 Prozent aus."
Für Schichtleiter und Schiffsführer gilt das Vier-Augen-Prinzip. Wenn etwas nicht stimmt, eilt Kühner zur Schleusenkammer. Dass ein Tau gerissen ist, sei bisher nur zweimal vorgekommen. Mehr Aufwand sind die kreuz und quer fahrenden Wassersportlern. Einmal hat sich ein Sportbootführer in die Kammer direkt neben ein tonnenschweres Güterschiff gequetscht. "Er hat sich mit dem Arm gegen das Schiff gestemmt und gesagt: Das kann ich schon heben."
Schleuse
Hochsommerliche Temperaturen, Ferien zu Hause und gesperrte Badeseen locken verstärkt auf den Neckar. „Allerdings sind Baden und Bootsverkehr sowie das Nutzen von Stand-Up-Paddelboards, Luftmatratzen und nicht motorisierten Schlauchbooten nicht überall zulässig und oftmals gefährlich“, sagt Walter Braun. Bereiche von 100 Metern ober- bis unterhalb von Wehr- und Schleusenanlagen sind durch Schiffsbetrieb und Strömungen lebensgefährlich und deshalb tabu. Zudem darf der für den Bootsverkehr gesperrte Bereich an den Stauwehren nicht befahren werden.
So funktioniert das
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