Neues Schotterwerk im Steinbruch Talheim befindet sich im Probelauf
Die Bmk Steinbruchbetriebe investieren 20 Millionen Euro für die moderne Aufbereitungsanlage am Standort Talheim. Ein wuchtiges Rohrsystem schluckt den Staub, eine Einhausung soll die Geräuschkulisse deutlich minimieren. In unserer Serie "So funktioniert das" werfen wir einen Blick hinter die Kulissen.

Achtung", ruft Markus Hofmann. Der Betriebselektriker gibt auf der App auf seinem Handy die Nummer 119 ein, drückt auf den grünen Button und löst einen durchdringenden Warnton aus. Plötzlich rüttelt es gewaltig, das schwere Ungetüm läuft an, vibriert auf vollen Touren, so dass die Schwingungsdämpfer ordentlich in Bewegung kommen. Nummer 119, das ist eine von neun Siebmaschinen im neuen Schotterwerk des Talheimer Steinbruchs. Nach 19 Monaten Bauzeit befindet sich die Aufbereitungsanlage der bmk Steinbruchbetriebe im Probelauf. Voraussichtlich Ende September, so schätzt der Technische Leiter Dr. Peter Antweiler, übernimmt die hochmoderne Stätte die Produktion von Sand, Splitten und Schotter. Das Vorgängermodell ist nach mehr als 50 Jahren Schwerstarbeit erschöpft. Es wird stillgelegt und bis auf den Vorbrecher, der weiter schuftet, zerlegt.
Nicht nur die Dimensionen des Abbaubereichs mit den terrassenförmig angelegten Sohlen, aus dem pro Tag etwa 2000 Tonnen Muschelkalk gesprengt werden, sind gewaltig. Im Vergleich zum Neubau erscheint das alte Schotterwerk wie der kleine, nostalgische Bruder. Der neue, rechteckige Koloss aus 10.000 Kubikmetern Beton und 1800 Tonnen Stahl ist 60 Meter lang, 20 Meter breit und 35 Meter hoch. Er haust die Geometrie von Laufbändern in drei Stockwerken ein, den Maschinenpark mit zweiter und dritter Brechstufe, die Siebmaschinen, die 25 Silos mit einem Fassungsvermögen von 10 000 Kubikmetern und das wuchtige Rohrsystem. Bei Letzterem handelt es sich um die Entstaubungsanlage, die laut Heike Flickinger-Joos, Prokuristin im Werk Robert Bopp, auf dem modernsten Stand der Technik ist. Gestein zu brechen und zu sieben, verursacht eine Menge Staub.
Staub wird abgesaugt und gefiltert

An 123 Stellen wird mit einer Luftmenge von 300.000 Kubikmetern pro Stunde Staub abgesaugt und über Filter gereinigt. Der Staub, so erklärt Peter Antweiler, kommt in Silos und wird zu feinstem Mehl aufbereitet. Dieses dient als Zuschlagsstoff für die Beton- und Asphaltherstellung sowie die Aufbereitung von Düngekalk. Bevor die gesäuberte Luft über die 39 Meter hohe Kaminanlage ins Freie gelangt, wird sie über einen großen Schalldämpfer geführt, was die Immissionen deutlich reduziere. Durch die Einhausung habe der Neubau eine wesentlich geringere Geräuschkulisse. "Beim alten Werk ist die Siebmaschine nur durch Wellblech abgeschirmt", macht Antweiler den Unterschied deutlich. Dank moderner Technik dürfte laut Lärmgutachten die Produktion sogar nachts erfolgen genauso wie die Verladung. "Das muss sich im laufenden Betrieb bestätigen."
Auf zwei Millionen Kilowattstunden beläuft sich der Strombedarf des Schotterwerks pro Jahr - bei einem Vier-Personen-Haushalt auf etwa 4250 Kilowattstunden. Die neue Anlage arbeitet mit 25 Prozent weniger Energie pro aufbereiteter Tonne Gestein. Die Jahresleistung im Werk Robert Bopp liegt bei 500 000 Tonnen.
Störungen können punktgenau erkannt werden

"Wir spielen eine Vorreiterrolle. Diese Digitalisierung, die wir mitentwickelt haben, ist für ein Schotterwerk zumindest in Baden-Württemberg einzigartig", sagt Flickinger-Joos. Betriebselektriker Hofmann und sein Kollege Gerd Bader haben die Anlagensteuerung geplant und programmiert. Künstliche Intelligenz ist das Schlagwort für die Schaltgeräte. Daten werden gesammelt, gespeichert und verwertet. Prozessoren können 220 Fehlermeldungen ausmachen. Flickinger-Joos nennt den Vorteil: "Wir erkennen Störungen punktgenau. Ein Motor sagt: Ich gehe in drei Stunden kaputt." Diese Meldung erhält der Betriebselektriker über die App.
Letzter Neubau vor 30 Jahren
Das neue Schotterwerk ist vollautomatisiert. Nur zur Inspektion und zur Wartung bedarf es des Menschen. Welche der 160 Rezepturen an Schotter, Splitten und Brechsanden für den Straßenbau auf Lkw verladen werden, wird über die Dosierbänder computergesteuert. Bei so viel Innovation versteht man den Stolz von Betriebsleiter Uwe Ehmer. "Man hat nicht immer die Möglichkeit, innerhalb seiner Berufslaufbahn zu erleben, wie ein Werk aufgebaut wird." Der letzte Neubau bei den bmk Steinbruchbetrieben war vor 30 Jahren in Unterohrn, weiß Flickinger-Joos. 20 Millionen Euro sind jetzt in Talheim investiert worden. "Das Schotterwerk muss wieder 50 Jahre halten", betont die Prokuristin, die die Enkelin von Firmengründer Robert Bopp ist. Auf dem 50 Hektar großen Werksgelände verbleiben noch 15 Hektar für den Abbau, das reicht 20 Jahre. Antweiler hält eine Abbaugenehmigung für weitere Flächen für unabdingbar.
Regionale Produktion ermöglicht kurze Transportwege
"Wir haben ein Akzeptanzproblem", weiß Flickinger-Joos um die Kritik an einem Schotterwerk wegen der Sprengungen und des Eingriffs in die Natur. Aber: "Wenn wir den Abbau hier einstellen, hat der regionale Verbraucher ein Problem." Dann gebe es keine kurzen Transportwege mehr. "Jeder braucht einen Steinbruch", verweist sie auf den Rohstoffbedarf von 24 Kilogramm pro Kopf und Tag. Das fange beim Steinmehl als Bindemittel in der Zahnpasta an und reiche von der Straßennutzung bis zum Wohnen.
"Am Jahresanfang hätte ich gesagt, dass die Lage zufriedenstellend ist", sagt Antweiler. Das Unternehmen habe als Rohstofflieferant von Buga und A6-Ausbau profitiert, blickt Flickinger-Joos zurück. Ab 2021 befürchtet sie erhebliche Umsatzeinbußen. Sinkende Steuereinnahmen durch die Corona-Krise könnten die öffentliche Hand veranlassen, Bauprojekte zu schieben.
Das Unternehmen und ein historischer Abriss

Die bmk Steinbruchbetriebe GmbH & Co.KG haben vier Werke in Talheim, wo auch die Hauptverwaltung sitzt, in Ilsfeld, Weißlensburg und Unterohrn. Das Unternehmen entstand 2000 aus der Fusion der Firmen Robert Bopp Steinbruchbetriebe GmbH & Co., dem Karl Majer Schotterwerk GmbH & Co. und dem Alfred Kleinknecht Schotter-Splitt-Mineralbetonwerk GmbH & Co. KG. Im Jahr 2005 wurde die Firma Kern Steinbruchbetriebe GmbH eingegliedert. Das Unternehmen hat 100 Beschäftigte, davon 52 in Talheim.
Im Zuge der Verlängerung der Bottwartalbahn im Jahr 1900 von Ilsfeld nach Heilbronn entstanden in Talheim zahlreiche kleine Steinbrüche, aus denen die Bauern das Schottermaterial für den Gleisunterbau lieferten. Darunter war auch Eugen Bopp, wie aus der Firmenchronik des früheren kaufmännischen Leiters, Martin Baumann, von 1986 hervorgeht.
Eugen Bopps Sohn Robert meldete am 1. Januar 1937 den Steinbruch mit Schotterwerk im Rauhen Stich bei der Gemeinde Talheim an. Es ist der letzte verbliebene der rund 15 Bauernsteinbrüche, wie Ortshistoriker Dietrich Gaa recherchierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren noch sechs in Betrieb.
Aufträge für Allee und Neckarkanal
Robert Bopp begann mit einem Vorarbeiter, fünf Männern und einigen Maschinen. Bald konnte er erweitern und einen Stromliefervertrag mit der Kawag abschließen, um die Steinbrechermaschine zu betreiben. Hinzu kamen Lorenwagen und 150 Meter Gleis. Der Zweite Weltkrieg sorgte für eine Zäsur. Als Bopp aus der Kriegsgefangenschaft kam, widmete er sich dem Wiederaufbau seines Schotterwerks. Laut Chronik bekam er Aufträge für den Bau der Allee und des Neckarkanals in Heilbronn.
In den 1960er Jahren übernahm die Firma sämtliche Steinbrüche von Sontheim bis Ilsfeld. Als der Firmengründer im Jahr 1967 starb, wurden seine vier Kinder die neuen Gesellschafter. Sein Sohn Klaus rückte neben seinen Onkel Gerhard Bopp in die Geschäftsleitung auf.
So funktioniert das
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