Kühe sind Gewohnheitstiere
Melken ist für den Eschenauer Landwirt Martin Gailing ein schönes Geschäft. In unserer Serie "So funktioniert das" zeigen wir, was beim Melken zu beachten ist.

Christian (14) und Daniel (11), die dritte Generation auf dem Hof in Obersulm-Eschenau, treiben sechs Kühe aus dem Kaltstall in den Melkstand. Die wissen nicht, wie ihnen geschieht. Schließlich sind sie doch erst vor vier Stunden geholt worden - wie jeden Tag um 6 Uhr, aber dann erst wieder um 18 Uhr. Prompt hebt Anja den Schwanz und erleichtert sich erstmal, eine weitere Artgenossin tut es ihr gleich. Landwirt Martin Gailing schüttelt den Kopf. Das passiere sonst nie. Aber Kühe seien Gewohnheitstiere und dieser "Auftritt" außerhalb der Reihe für den Pressetermin bringt das Sextett auf dem Hof in Obersulm-Eschenau offenbar aus der Ruhe.
Zeitumstellung stört die Routine
Auch die Zeitumstellung zweimal im Jahr stört die Routine der Vierbeiner. "Es dauert mindestens zehn Tage, bis die Kühe sich darauf eingestellt haben", weiß der Landwirtschaftsmeister, der zusammen mit seinem Vater Walter den Familienbetrieb als GbR führt und erklärt, wie das Melken funktioniert.
Normalerweise, so sagt Gailing, sei nichts am Euter. Dennoch greift er zum Einmalpapiertuch, und reibt es ab. Dann nimmt er eine Zitze mit dem Allgäuer Faustmelkgriff in die Hand. "Als Bauerskind gehört das zur Grundausstattung", meint der Fachmann mit einem Schmunzeln. Ein dünner Strahl Milch schießt heraus. Dieses Vormelken ist die erste Sichtkontrolle. Ist die Milch weiß und flüssig, dann ist sie gut. Hätte die Kuh eine Entzündung, wäre der Stoß eitrig, erklärt Gailing.
Stimulierend für die Kuh

Das Abreiben und das Vormelken seien wichtig. "Das ist stimulierend, die Milch schießt ein." Der Landwirt weiß aber: "Wenn eine Kuh nicht will, dann lässt sie keinen Tropfen durch." Das ist bei dem Sextett im Melkstand nicht der Fall. Alle sind ganz gelassen, stehen ruhig. Das Melkzeug ist an eine Vakuumpumpe angeschlossen. Gailing schaltet den Pulsator ein, setzt die Zitzenbecher an. Saugen und Entspannung wechseln sich ab. "Melken ist ein schönes Geschäft", sagt Gailing, der eine Liebe zum Tier und Beruf versprüht.
In zehn bis 15 Minuten ist das jeweilige Dutzend Kühe im Stand gemolken. Ein Knopfdruck, und das Melkzeug löst sich und wird eingezogen. Jetzt können Christian und Daniel, die sich gerne um die Kühe kümmern, diese wieder in den Stall schicken. Es sind neugierige Geschöpfe.
Tiere genießen es, zu duschen
Legt der Juniorchef ein Papiertuch auf den Sims, gebe es keine zwei der 90 Milchkühe, die nicht daran schnupperten. Und die braun-weiß gefleckten Tiere, die im Kaltstall frei herumlaufen können, genießen es, sich an den Bürsten zu kratzen oder ausgiebig zu duschen. Die Gailings halten Deutsches Fleckvieh, eine alte, heimische Rasse, die robust sei und bei der Milch- und Fleischleistung im Einklang seien. Martin Gailing züchtet diese Art aus Überzeugung. "Ich will keine Milchmaschinen", sagt er. 90 Jungtiere werden derzeit aufgezogen.

20 bis 22 Liter pro Tag liefern die weiblichen Rinder im Durchschnitt. Gailing gibt ihnen nach dem Kalben Zeit: Erst nach sechs bis neun Wochen nimmt er erneut die künstliche Besamung vor. "In der Natur ist der Bulle nach drei Wochen da. Dann ist die Kuh wieder brünstig."
Melkzeug wird nach jedem Arbeitsgang gereinigt
Hygiene ist für den Landwirtschaftsmeister bei der Produktion des Lebensmittels das oberste Gebot. Zudem hänge davon auch die Eutergesundheit ab. So wird das Melkzeug nach jedem Arbeitsgang auf die Spülaufnahme gesetzt und automatisch gereinigt. Nachdem die Milch das Euter verlassen hat, landet sie im Tank, wo sie für die Haltbarkeit auf vier Grad Celsius gekühlt wird. Regelmäßiges Rühren verhindert, dass sich Rahm bildet. Beim Abfüllen in den Lkw wird eine Tankmittelprobe gezogen, die in der Molkerei in Heilbronn auf Fett-, Eiweiß- und Keimgehalt geprüft wird. Davon hängt der Preis ab.
Die Milch aus Eschenau kommt in Landliebe-Produkte. Das bedingt eine höhere Qualität, so dass der Hof höhere Standards auch bei Haltung und Futter erfüllen muss. Apropos Futter: Rund sieben Tonnen täglich an Gras- und Maissilage, Heu, Stroh und Kraftfutter landen in den Mägen der Tiere.
Daten & Fakten
Baulich ist der 2003 errichtete Kaltstall für einen Melkroboter ausgestattet. Damals sei die Technik noch nicht so weit gewesen. Auch der Preis von 150.000 Euro hat die Gailings von einem Kauf abgehalten. Diese Automatisierung erleichtere zwar die Arbeit, die Kühe müssten trotzdem beobachtet werden. Neben der Haltung von 90 Milchkühen und 90 Stück Jungvieh bewirtschaftet der Familienbetrieb rund 150 Hektar Fläche, die sich auf Acker- und Weinbau sowie Grünland verteilt.
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