Wie kommen die Williams Christbirnen in die Flasche?
Bei einem Besuch im Apfelland Sartorius in Bönnigheim lernt man alles über den Edelbrand. Bis die perfekten Birnen darin schwimmen, ist einiges an Arbeit nötig - und jahrelange Erfahrung.

Man muss nicht einmal ein gefülltes Gläschen des hochprozentigen, aromatisch duftenden Edelbrands vor sich haben: Allein die edlen Flaschen mit den Birnen in Meik Sartorius' Hofladen in Bönnigheim anzuschauen, ist schon ein Genuss. Sanft bewegt sich die sonnengelbe Williams Christbirne, die Königin unter den Birnen, in der Flüssigkeit. Aber wie kommt sie da hinein?
Jetzt ist Erntezeit
Eigentlich wäre auf dem Hof der Familie Sartorius jetzt, Mitte August, Erntezeit. Flaschenerntezeit! Zwischen 300 und 500 Flaschen hängen normalerweise kopfüber - um Verunreinigungen oder Regenwasser zu vermeiden - an den Bäumen auf der drei Hektar großen Birnenplantage. Dieses Jahr sucht man sie vergebens. Elf eisige Nächte auf dem "Apfelland" lassen die Ernte geringer ausfallen.
Die Frostschutzberegnung hat zwar einen großen Teil des Obsts geschützt, vor allem Äpfel, nicht aber die Früchte in den Flaschen. Die Kälte hat Frostringe hinterlassen. Und eine Birne mit optischen Fehlern, seien sie auch noch so gering, wird nicht vermarktet. Nur makellose Früchte werden als aromatisches und optisches Highlight verwendet.
Seit den 50er Jahren
Der junge Betriebsleiter führt gemeinsam mit Vater und Onkel den Obst- und Weinanbau bereits in dritter Generation. Zum Betrieb gehört eine eigene Kleinbrennerei. Hier werden Edelbrände aus selbst erzeugten Früchten gebrannt, seit einiger Zeit zum Teil im Barriquefass gelagert, Whisky aus Gerstenbrand sowie Gin. Etwa die Hälfte der Birnenernte wird zu Birnenbrand weiterverarbeitet. Einen Teil der Früchte lässt man in die Flaschen einwachsen.
Die Idee dazu hatte der Großvater von Meik Sartorius, der damit in den 50er Jahren begann. Er kreierte eine speziell geformte Flasche, die er eigens in einer Glashütte anfertigen ließ. In nur leicht veränderter Form verwendet die Familie diese Flasche bis heute. Das Besondere daran ist ein kurzer, genügend breiter Hals, durch den eine noch kleine Frucht passt, und ein breiter Bauch, in dem sich die Birne entfalten kann.
Hohe Ausfälle
Ein Netz über der Flasche, wenn sie am Baum hängt, sorgt für die nötige Beschattung, lässt aber genügend Licht für die Entwicklung durch. Mit Ausfällen von 15 bis 30 Prozent muss man bei dieser Methode immer rechnen, zum Beispiel weil bei Sturm die Flaschen zu stark pendeln oder sogar vom Baum gerissen werden. Sind die Flaschen "geerntet", werden sie nach Fruchtgröße oder nach Mängeln sortiert.
Mit speziellen Bürsten müssen sie danach von Hand gereinigt werden - stets in waagrechter Lage und von der Oberseite her, damit die Birne nicht beschädigt wird. Ein bis zwei Jahre werden die mit Birnenbrand gefüllten Flaschen dann gelagert. So lange dauert es, bis die Birnen ihr zusätzliches Aroma ans Destillat abgeben.
Kostbarkeiten
Beim Brennen hat sich gezeigt, dass sich keine besser entfaltet, keine aromatischer ist als die Williams Christbirne. Spricht man heute von Birnenbrand, denkt man automatisch an einen Williams-Christ-Brand. Meik Sartorius besitzt noch zwei Kostbarkeiten aus der Zeit seines Großvaters: zwei 60 Jahre alte Flaschen des Edelbrands. Das Destillat ist nicht mehr ganz klar, denn allmählich lösen sich die Früchte darin auf. Ist eine Flasche erst einmal angebrochen, kann man sie bis zu zehnmal wieder auffüllen. Danach verliert die Birne ihr Aroma, auch wenn sie weiterhin ein leuchtender Hingucker ist.
Es lohnt sich auch nicht, am Ende die Frucht herauszuholen, um sie zu essen. Ihren Geschmack hat sie verloren. "Wer gerne Obst isst, sollte lieber zu frischen Birnen greifen", lautet die Empfehlung von Meik Sartorius. Klar, frische Birnen gibt es im Bönnigheimer Hofladen natürlich auch.
Alternative Methode
Nicht alle Produzenten lassen die Birne in die Flasche wachsen wie Familie Sartorius. Es geht auch einfacher. Hersteller preiswerterer Brände und selbst namhafte Großbrennereien nehmen einfach eine Flasche ohne Boden. Man sucht sich die passenden Birnen aus, steckt sie in die Flaschen und klebt einen Boden an. Die Nahtstelle ist deutlich sichtbar und wird daher oft mit einem Etikett überklebt.
Diese Methode ist wetterunabhängig, zeitsparender und damit am Ende auch preisgünstiger.
So funktioniert das
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