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Schleswig-Holstein: Der Norden bietet für jeden etwas

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Schleswig-Holstein zieht Urlauber an, kämpft gegen den Klimawandel und beheimatet gleich zwei Minderheiten mit eigenen Sprachen. Wir werfen in diesem Serienteil von "Unser Land" einen Blick auf den hohen Norden.

Auf der Halligen Süderoog im Wattenmeer ist oft „Land unter“. Dennoch wohnt hier eine Familie.
Auf der Halligen Süderoog im Wattenmeer ist oft „Land unter“. Dennoch wohnt hier eine Familie.  Foto: Carsten Rehder

Zu Schleswig-Holstein haben viele Bürger ein besonderes Verhältnis. Etwa diejenigen, die sich wegen Verkehrssünden Punkte in Flensburg beim dort ansässigen Kraftfahrtbundesamt eingehandelt haben. Andere denken lieber an die Marzipan-Stadt Lübeck, die für ihre süßen Sünden weltbekannt ist. Und Segelsportfans zieht es eher Ende Juni in die Landeshauptstadt zur Kieler Woche.

Aber der hohe Norden hat noch mehr zu bieten. Rund 8,9 Millionen Menschen verbrachten vor Corona ihren Urlaub hier. Kein Wunder, ist Schleswig-Holstein doch das einzige Bundesland, das an zwei Meere grenzt, Nordsee und Ostsee. Nicht zu vergessen sind Inseln wie Sylt, Fehmarn, Föhr und Helgoland. Strandurlaub in Deutschland macht der Norden möglich.

Das Wattenmeer ist ein besonders geschützter Lebensraum

Die Windjammerparade schließt die Kieler Woche ab, hier 2019. Wegen Corona fand das Segelsport-Event auch 2021 nur eingeschränkt statt.
Die Windjammerparade schließt die Kieler Woche ab, hier 2019. Wegen Corona fand das Segelsport-Event auch 2021 nur eingeschränkt statt.  Foto: Frank Molter

Die Nordseeküste ist aber nicht nur ein Ziel für Urlauber. Das Wattenmeer, das sich von den Niederlanden bis Dänemark erstreckt, ist die Heimat zahlreicher Tiere und Pflanzen. "Es ist ein Lebensraum im Übergangsbereich zwischen Meer und Land", sagt Claus von Hoerschelmann vom Fachbereich Bildung des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.

Drei Nationalparks gibt es an der Küste, seit 2011 gehört das Wattenmeer zum Weltnaturerbe. Millionen von Zugvögeln finden hier Nahrung, brüten oder rasten vor ihrer Reise gen Süden. Auch Fische und Muscheln ziehen hier ihren Nachwuchs auf, Seehunde und Kegelrobben leben inzwischen in großer Zahl an den Küsten.

Klimawandel bedroht Tiere im Watt und küstennahe Städte wie Kiel und Lübeck

Weltbekannt durch Marzipan: das Holstentor der Hansestadt Lübeck.
Weltbekannt durch Marzipan: das Holstentor der Hansestadt Lübeck.  Foto: Markus Scholz

Doch der Klimawandel bedroht das empfindliche Ökosystem. Durch den Meeresspiegelanstieg werden immer größere Teile des Watts überflutet. Ins Landesinnere kann sich das Wasser wegen der Deichanlagen nicht ausbreiten, erklärt von Hoerschelmann. "Das Wattenmeer wird kleiner. Es kann landseitig nicht ausweichen." Dadurch trocknen Bereiche des Watts nicht mehr und verschwinden.

Auch der Temperaturanstieg bereitet dem Biologen Sorge. Seit 1962 ist die Temperatur im Wattenmeer um 1,7 Grad gestiegen. Das verändert die Tierwelt: "Dorschlarven finden keine Nahrung mehr und ziehen sich in nördlichere, kühlere Gewässer zurück." Für den Menschen gelte es, sich anzupassen. "Wir müssen uns überlegen, wie wir das Leben an den Küsten auf Dauer gestalten", sagt von Hoerschelmann und meint damit Häuser auf Stelzen und Bauweisen wie in der Lagunenstadt Venedig.

Besonders für nah am Wasser gebaute Städte wie Lübeck und Kiel brauche es Lösungen. "Unser Vorteil ist, dass wir schon ewig mit Sturmfluten, hohen Wasserständen und mit sich verändernder Landschaft leben", ist Claus von Hoerschelmann optimistisch.

Dänen und Schleswig-Holsteiner lebten nicht immer in Frieden

Die dänische Königin Margrethe II. besuchte Schleswig-Holstein 2020.
Die dänische Königin Margrethe II. besuchte Schleswig-Holstein 2020.  Foto: Carsten Rehder

Eine wechselhafte Beziehung führt Schleswig-Holstein mit seinem nördlichen Nachbarn Dänemark. Jahrhundertelang bekriegten sich die beiden Völker über den Verlauf der Grenze. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 fiel das einst dänische Schleswig an Preußen. Otto von Bismarck versprach den Schleswigern ein Referendum, das jedoch nicht kam.

Erst 1920 durften die Bürger entscheiden, ob sie zu Dänemark oder Deutschland gehören wollen, danach wurde die heutige Grenze hinter Flensburg gezogen. Rund 50 000 Deutsche bekennen sich zur dänischen Minderheit. Sie genießt besonderen Schutz.

Dänisch wird etwa in einigen Kitas und Schulen gelehrt. Ebenfalls geschützt ist übrigens die Nordfriesische Sprache: Ein eigenes Gesetz erlaubt es, Schilder zweisprachig zu beschriften. Behörden werden angehalten, Mitarbeiter einzustellen, die des Nordfriesischen mächtig sind.

Fehmarnbelt-Tunnel sorgt für Streit

Doch der grenzüberschreitende Austausch hakt. Die dänische Regierung schottet das Land zunehmend ab. Grenzkontrollen nach der Flüchtlingskrise 2015 hat Dänemark nie abgeschafft. Der Bau eines Wildschweinzauns entlang der Grenze erregte im Süden Aufsehen.

Aber auch andersherum gibt es Streit, nämlich bei der festen Auto- und Bahnverbindung zwischen Fehmarn und Lolland: Während die Dänen den Tunnel unter der Meerenge bezahlen und bauen, wird auf deutscher Seite noch die Bahnstrecke geplant.

In anderen Bereichen stechen die Nordlichter heraus: Bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist Schleswig-Holstein Spitzenreiter. Beim Glasfaser-Ausbau und der Transparenz des Regierungshandelns liegt das Land hinter Hamburg auf Platz zwei. Ein Blick in den hohen Norden lohnt sich also auch abseits der Urlaubsplanung.

 

 
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