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Wie aus Licht Strom wird

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Bürgersolaranlage "Sonne aufs Dach" produziert Strom auf dem Turnhallendach in Kirchheim. Zwei Verantwortliche formulieren Forderungen und Kritik an der Bundespolitik.

Von Birgit Riecker
Heiner Blasenbrei-Wurtz (l.) und Jürgen Bothner auf dem Solardach der Schulturnhalle. Die 80 Eigentümer wollen die Anlage weiterbetreiben, doch 2021 ändert sich die Förderung nach dem EEG.
Foto: Birgit Riecker
Heiner Blasenbrei-Wurtz (l.) und Jürgen Bothner auf dem Solardach der Schulturnhalle. Die 80 Eigentümer wollen die Anlage weiterbetreiben, doch 2021 ändert sich die Förderung nach dem EEG. Foto: Birgit Riecker  Foto: Riecker, Birgit

Die Umweltbewegung warb schon vor Jahren mit dem Slogan "Die Sonne schickt uns keine Rechnung." Doch warum haben sich die Photovoltaikanlagen in Deutschland (noch) nicht stärker durchgesetzt? "Widersprüchliche Signale aus der Politik führen zu finanziellen Ungewissheiten, denke ich. Denn eigentlich funktioniert eine netzgekoppelte Photovoltaikanlage sehr einfach. Wenn Licht auf die Solarzellen fällt, erzeugen diese daraus Gleichstrom", erklärt Heiner Blasenbrei-Wurtz, der technische Leiter der Bürgersolaranlage "Sonne aufs Dach", die auf der Kirchheimer Schulturnhalle installiert ist.

"Die Solarmodule bestehen aus mehreren Solarzellen. Der Gleichstrom daraus wird zu Wechselstrom umgewandelt und kann dann direkt ins öffentlich oder privat genutzte Stromnetz eingespeist werden." Für die Herstellung von Solarzellen braucht es kein radioaktiv strahlendes Material, sondern vor allem eines: Sand.

Wie eine Batterie

Nahezu 95 Prozent aller Solarzellen werden daraus hergestellt. Silizium ist eines der häufigsten natürlichen Elemente in der Erdschicht und gilt als unerschöpflich. Für die Herstellung einer Solarzelle wird der Sand gereinigt und kristallisiert. Anschließend wird er in Scheiben gesägt, gezielt mit Bor und Phosphor dotiert und mit Leiterbahnen zum Stromtransport versehen. Fällt Licht auf die Siliziumscheibe werden Elektronen freigesetzt. Durch die Verunreinigung sortieren sie sich nach Elektronen auf der einen Seite und Protonen auf der anderen Seite. "Das ist dann wie bei einer Batterie ein Plus- und ein Minuspol. Wird ein Verbrauchsgerät angeschlossen, fließt der Strom. Und hier gilt: Je höher die Sonneneinstrahlung, desto mehr Solarstrom wird erzeugt", erklärt Blasenbrei-Wurtz weiter. "Unsere sonnigen Tage sorgen derzeit für tolle Ergebnisse."

Die Entsorgung einer Solaranlage nach Ablauf ihrer Lebensdauer ist auch völlig risikofrei und einfach zu bewerkstelligen. Doch eigentlich wollen die 80 Eigentümer der "Sonne aufs Dach"-Anlage ihre teilweise 20 Jahre alten Solarmodule noch nicht entsorgen. "Wir haben die Module nach und nach erneuert, wenn es nötig war", erklärt Geschäftsführer Jürgen Bothner. "Und wir würden sie gerne weiterbetreiben und mit einem Stromspeicher koppeln." Bothner, im Hauptberuf Kämmerer der Gemeinde Kirchheim, schaut aber auch auf die Zahlen: "Wir können unseren Anteilseignern die Investition von rund 80.000 Euro aber derzeit nicht empfehlen, weil wir ihnen nicht einmal eine schwarze Null garantieren können."

Unzufriedenheit mit dem Umweltminister

Und das liege an Peter Altmaier, dem Bundesminister für Wirtschaft und Energie. "Er räumt zwar Versäumnisse bei der Klimaschutzpolitik ein, aber unternimmt nach wie vor zu wenig um eine Kohlendioxidneutralität zu erreichen", erregt sich Heiner Blasenbrei-Wurtz. "Er betreibt eine bürgerfeindliche Energiepolitik, sichert den großen Energieversorgern für weitere 20 Jahre den Betrieb der Kohlekraftwerke und bremst das Bürgerengagement bei den erneuerbaren Energien aus."

Was erwarten die beiden stattdessen von der Politik? "Wir haben bereits alle Abgeordneten im Wahlkreis angeschrieben und sie um Hilfe gebeten", sagt Jürgen Bothner. Denn die Solaranlage fällt im kommenden Jahr aus der Förderung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) heraus und Altmaier verweigere bislang eine Nachfolgeregelung. Statt 50 Cent bekommt Sonne aufs Dach dann wohl nur rund zwei Cent pro eingespeister Kilowattstunde Strom, wenn nicht gar die ganze Anlage demontiert werden müsse. "Die Bundesnetzagentur hat zudem eine Regelung für Solarstromeigenverbrauch vorgelegt, die jegliche Investition in Photovoltaik für Privatleute, Landwirte, Gewerbe und Industrie wirtschaftlich uninteressant macht", erklärt.

Damit wäre dann auch die Idee gestorben, einen Teil des Stroms zu speichern und der Gemeinde für das Schulzentrum und für einen etwaigen Netzausfall anzubieten.

 

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