„Es war einmal ...“: Neckarlust in Heilbronn – von der Kultkneipe zur hippen Disco
Die Neckarlust in Heilbronn war über Generationen eine Institution und wandelte sich von der urigen Kneipe zur Disco-Bar. Mit dem Abriss 2012 endete am Wilhelmskanal eine Ära.
Am 11. August 2012 fand in der Heilbronner Neckarlust der letzte Tanz statt. Die einstige Kultkneipe war 2008 in eine hippe Club-Bar verwandelt worden. In der schlichten Holzbaracke auf dem heutigen Neckarbogen-Areal hatten einst Schiffsbauer ihr Feierabend-Bier genossen.
Heilbronner Gastronomen-Ehepaar Munz verwandelt Neckarlust in Buddha-Lounge
Die Heilbronner Neckarlust war eine echte Institution. Jahrzehntelang lockte die Kneipe in der Kalistraße 5 Nachtschwärmer an. Arbeiter kamen hier auf ein Feierabendbier zusammen – aber auch viele andere Gäste zog das kultige Lokal, in dem bevorzugt Schlagermusik lief, bis tief in die Nacht an. In den letzten Tagen eroberte ein neues, vorwiegend junges Publikum das Lokal am altehrwürdigen Heilbronner Wilhelmskanal.
Nachdem die beliebte Wirtin Marianne Hermes in den Ruhestand ging, übernahm das Heilbronner Gastronomen-Ehepaar Alexandra und Ralph Munz im Jahr 2008 die Neckarlust und baute sie zur „Buddha Lounge“ um. Das Gebäude gehörte der Brauerei Dinkelacker, die Akrogast GmbH von Gastronom Thomas Aurich hatte es gepachtet und an Clubbetreiber Ralph Munz untervermietet.
Neckarlust in Heilbronn: House- und Brit-Pop-Partys statt Schlagermusik
Anstatt Schlagermusik, Bockwurst und Bier gab es ab Oktober 2008 House- und Brit-Pop-Partys. Aus der einst urigen Kneipe, in der die Zeit stehen geblieben zu sein schien, wurde ein moderner Club.
Doch trotz Buddha-Statuen, Thai-Küche, Cocktails und Flatscreens, auf denen die fünf Elemente Erde, Feuer, Wasser, Holz und Metall flimmerten, hatte das Gastronomen-Paar den Namen Neckarlust beibehalten. Als „Hommage an Marianne Hermes“, wie Ralph Munz damals der Heilbronner Stimme erzählte. Der Asia-Look musste im Sommer 2010 einem cleanen, weißen Design weichen. Zudem wurde im Hinterhof eine überdachte Veranda aus Holz errichtet.
Heilbronner Neckarlust stand Erschließung des Neckarbogens im Weg
Doch bereits zwei Jahre später, im Sommer 2012, wurde das Ende der Neckarlust eingeläutet. Das Aus kam nicht überraschend, denn eigentlich sollte das Gebäude schon früher abgerissen werden. Die Stadt, Besitzerin des Grundstücks, hatte aber die Frist um drei Jahre verlängert. Weil auf dem Fruchtschuppenareal Probebohrungen für die Bundesgartenschau 2019 und die Entwicklung des heutigen Neckarbogen-Quartiers anstanden, rollte der Abrissbagger an.
Am 11. August 2012 wurde die „Abriss-Party“ mit dem Stuttgarter DJ-Team Tune Brothers sowie den Resident-DJs gefeiert.
Heilbronner Lokal Neckarlust: Bereits vor 1880 tauchte der Name auf
Über die Ursprünge des Lokals ist wenig überliefert. Nach Stimme-Recherchen muss sich die Neckarlust bereits vor 1880 an der Kalistraße befunden haben. Zu jener Zeit war das Lokal hauptsächlich Treffpunkt der Schiffsbauer und Schiffer der im Floß-, Winter- und Karlshafen liegenden Schiffe und Flöße. 1880 wurde die Neckarlust auf die andere Seite der Kalistraße (ehemals Neckargartacher Straße), gegenüber der Firma Losberger (später Reiterbedarf Knödler), verlegt. Sie musste dem Bau großer Getreide-Lagerhäuser weichen. Bis Mitte der 1950er Jahre blieb dies der Standort der zu diesem Zeitpunkt von Artur Bornhauser geführten Wirtschaft.
Erst 1957, als die Bleichinselbrücke entstand, zog die Neckarlust wieder an ihren Ursprungsplatz zurück. Die Holzbaracke errichtete, wie aus einer Baugenehmigung des Jahres 1957 hervorgeht, die Heilbronner Brauerei Cluss.
Der Name Neckarlust taucht in der Heilbronner Stadtgeschichte noch an anderer Stelle auf. Dort, wo heute der Neckarturm steht, befand sich früher die Neckarlust-Anlage. Am 30. Juli 1903 war auf der repräsentativen Fläche das Bismarck-Denkmal eingeweiht worden. Der Platz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Kurt-Schumacher-Platz umgetauft.
„Es war einmal …“: Wie sich das Heilbronner Stadtbild verändert hat
Weitere Teile unserer Serie „Es war einmal …“ sind:
- Das Heilbronner Schwabenhaus – vom Traditionsort zum Abriss
- Die Villa Hauck – letzter Zeuge der alten Heilbronner Allee
- Die erste Heilbronner McDonald's-Filiale am Wollhaus-Zentrum
- Das Ende der Heilbronner C&A-Filiale in der Kaiserstraße
- Das Ende von Beilharz und der Kilianspassage in Heilbronn
- Die Badener-Hof-Kaserne im Heilbronner Osten
- Cluss-Areal in Heilbronn wurde von Brauerei zum Wohnquartier
- Als die Waldschänke im Heilbronner Köpfertal verschwand


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