Paukenschlag bei Audi in Neckarsulm: Betriebsratschef Schirmer kündigt Abschied an
Bei der Betriebsversammlung von Audi in Neckarsulm an diesem Donnerstag (16. Oktober) stand vor allem die künftige Auslastung des Werks im Mittelpunkt. Überraschend kündigte Betriebsratschef Rainer Schirmer seinen Abschied für 2026 an.
Die dritte Betriebsversammlung des Jahres bei Audi in Neckarsulm plätscherte am Donnerstag zunächst etwas vor sich hin. Die große Überraschung folgte erst gegen Ende unter dem Punkt Verschiedenes, als Betriebsratschef Rainer Schirmer das Wort ergriff. Der 59-Jährige richtete einige persönliche Worte an die rund 3000 anwesenden Kolleginnen und Kollegen. „Nach reiflicher Überlegung werde ich für die kommende Wahl nicht mehr kandidieren“, gab Schirmer bekannt. Die nächsten Betriebsratswahlen finden im März 2026 statt. Als potenzieller Nachfolger Schirmers gilt sein derzeitiger Stellvertreter Alexander Reinhart.
Audi-Betriebsratschef Rainer Schirmer: Seit mehr als 40 Jahren bei Audi aktiv
Rainer Schirmer ist seit mehr als 40 Jahren bei Audi in Neckarsulm beschäftigt. Seit 1982 ist er Mitglied in der Gewerkschaft IG Metall, seit 2002 sitzt er im Betriebsrat, seit 2021 als Betriebsratsvorsitzender in Neckarsulm. Rainer Schirmer ist zudem stellvertretender Gesamtbetriebsratschef, Mitglied des Aufsichtsrats von Audi. Der Verantwortung gegenüber Beschäftigten, Standort und Region ist sich der 59-Jährige schon immer bewusst.
Aktuell kämpft der Mann aus Degmarn, der für seine klaren Worte bekannt ist, im Hintergrund im Zuge der nächsten Planungsrunde des VW-Konzerns um die künftige Werkbelegung und damit um eine hohe Auslastung. Dabei geht es vor allem darum, ein volumenstarkes E-Auto nach Neckarsulm zu holen.

Audi Neckarsulm: Wie wird das Werk in Zukunft gut ausgelastet?
Das Thema Auslastung ist in der Tat ein Dauerbrenner in Neckarsulm. Aktuell läuft es dank der neuen Verbrenner-Modelle A5 und A6 gut für den Standort. In den ersten drei Quartalen wurden rund 125.000 Audi-Modelle aus der Region ausgeliefert. Das ist ein Plus von fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zu dieser Steigerung trägt vor allem der neue Audi A5 mit mehr als 59.000 Fahrzeugen bei. Aufs Jahr gesehen werden um die 200.000 produzierte Fahrzeuge erwartet. „Für die Zukunft gilt, der Standort Neckarsulm ist und bleibt ein Herzstück unseres Produktions- und Entwicklungsnetzwerks“, sagte Finanzvorstand Jürgen Rittersberger. „Die hier angesiedelten Modelle werden durch laufende und bevorstehende Softwarepakete aufgewertet, zudem läuft 2026 mit dem Audi RS 5 das erste RS-Derivat auf der PPC-Plattform an.“
Die Arbeitnehmervertreter richten den Blick aber bereits weiter in die Zukunft. „Momentan fahren wir drei Schichten in A13. Darüber freuen wir uns“, sagte Betriebsrat Robin Lörcher in seiner Rede. „Dennoch fordern wir als Betriebsrat eine langfristig stabilere Auslastung für die Folgejahre.“

Audi Neckarsulm: Noch gibt es keine Bestätigung für weitere E-Autos
Die große Frage ist nun aber, welche E-Autos in Zukunft die Auslastung sichern sollen, wenn die Zahl der Verbrenner perspektivisch sinkt. Im Zuge der Zukunftsvereinbarung aus dem Frühjahr wurde festgeschrieben, dass eine Belegung von A4 E-Tron und A6 E-Tron ab etwa 2030 am Standort Ingolstadt geplant ist - „unter der Voraussetzung, dass gleichzeitig die strategische Kapazitätslücke am Standort Neckarsulm aufgefüllt werden kann“. Mit welchen Modellen das der Fall sein soll, ist bisher offen.
Klar ist bislang nur, dass ab 2027 ein noch namenloser Elektro-Sportwagen in Heilbronn gefertigt wird. „Das erste Modell mit dem neuen, zukunftsweisenden Design kommt zu uns“, so Betriebsrat Lörcher. „Wir sind voller Vorfreude auf das elektrische Sportmodell, das neue Maßstäbe setzen wird – gebaut direkt hier bei uns in den Böllinger Höfen.”
Audi: Vorstand Rittersberger bleibt Antworten auf viele offene Punkte schuldig
Audis Finanzvorstand Jürgen Rittersberger, der die Rede fürs Unternehmen hielt, hatte für die Belegschaft in Neckarsulm keine Antworten auf viele Fragen im Gepäck. Rittersberger ging in seinem Beitrag vor allem auf die Halbjahreszahlen von Audi und die neue Strategie ein. Betriebsrat Lörcher konnte sich dabei einen Seitenhieb nicht verkneifen: „Bei unserer neuen Strategie soll Klarheit über allem stehen. Und Klarheit – die haben wir dringend nötig. Klarheit beginnt mit Klartext – und den brauchen wir bei einigen offenen Punkten.”
So fordern die Arbeitnehmervertretung Klarheit darüber, ob nun ein eigenes Audi-Werk in den USA kommt oder nicht. Der Betriebsrat knüpft daran klare Bedingungen. Lörcher: „Ein Werk in den USA kann nur auf Basis klar definierter Bedingungen entstehen.“ Der Betriebsrat fordert die Sicherstellung der Auslastung an den deutschen Standorten sowie eine Beschäftigungssicherung über das Jahr 2033 hinaus. Ungeklärt ist auch nach wie vor, wie es mit dem Topmodell A8 weitergeht. Wie die Heilbronner Stimme unlängst exklusiv vermeldet hatte, entwickelt Audi die Luxuslimousine noch einmal als Verbrenner. Die beiden geplanten E-Autos für die Oberklasse kommen nun wohl erst in den 2030er-Jahren auf den Markt.