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Wo die Erbswurst vorbereitet wurde: Blick ins alte Knorr-Mühlengebäude

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Im Heilbronner Knorr-Werk ist das Mühlengebäude seit mehr als einem Jahr stillgelegt. 1938 errichtet, wurden hier Erbsen, Reis, Bohnen und Linsen gemahlen. Vor allem für die legendäre Erbswurst. Jetzt wird ein Nachnutzer für das Gebäude gesucht.


Als Auszubildende ist sie hier immer wieder mal durchgelaufen, später hat sie die Produkte mit verarbeitet - und am Ende hat sie sogar für die Stilllegung gesorgt. Nichts regt sich mehr im Mühlengebäude auf dem Werksgelände von Unilever im Heilbronner Süden. Doch für Barbara Burkhardt stecken die Räume voller Erinnerungen.

Schließlich wirkt es immer noch an einigen Stellen so, als sei gerade mal Wochenende. Auf einem Schreibtisch im Büro ersten Stock steht noch eine Aluminium-Tasse mit dem eingravierten Namen "Oliver". Ein Fahrradhelm liegt auf einem Metallschrank. Ein Stockwerk höher stehen zwei Teller auf der Spüle, eine Vesperdose wurde auf dem Pausentisch zurückgelassen. Der Kalender an der Wand zeigt allerdings den 23. Februar an - 2021.

Was Knorr groß gemacht hat

So lange ruht schon der Betrieb im Mühlengebäude. 1938 errichtet, wurden hier Erbsen, Reis, Bohnen und Linsen gemahlen. Vor allem für ein Produkt - die legendäre Erbswurst. Das, was Knorr groß gemacht hatte. "Ich bin ihre Mörderin", gesteht Barbara Burkhardt: Im Managementteam des Standorts ist sie zuständig für Technologie und Innovation - und entschied angesichts immer weiter sinkender Verkaufszahlen, die Produktion der Erbswurst einzustellen. Das war 2020 - und spätestens dadurch wurde auch die werkseigene Mühle nicht mehr benötigt. "Am Schluss hatten sich auch nur noch zwei Kollegen richtig gut damit ausgekannt." Und die sind nun im Ruhestand.

Mühlentechnik mit altertümlichem Flair

Wer durch das fünf Stockwerke hohe Gebäude zieht, erblickt Mühlentechnik mit einem altertümlichen Flair. Viele Teile sind noch aus Holz gefertigt. Nur manches musste zwischenzeitlich durch Metall ersetzt werden, etwa die Silobehälter. "Holz war eigentlich viel besser, da es auch ein wenig keimtötend wirkt", erzählt Barbara Burkhardt. "Aber es ist einfach nicht mehr erlaubt aus hygienischen Gründen." Da geht es vor allem darum, Fremdkörper in den Trockensuppen zu vermeiden. Konkret: Holzsplitter.

Die Mahlwerke selbst strahlen Gewicht und Würde vergangener Jahrzehnte aus. Die neun Maschinen wurden in Braunschweig bei der Miag (Mühlenbau und Industrie Aktiengesellschaft) hergestellt, wie ihren Typenschildern zu entnehmen ist. Sie müssen demnach vor 1972 gebaut worden sein - damals ging die Miag in der Schweizer Bühler AG auf. Wer die Klappen öffnet, blickt auf die Walzen, die sich immer noch ganz leicht in Rotation versetzen lassen.

 


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Ein Extra-Mahlwerk steht an der Seite des Mühlen-Raums. "Damit wurden Erbsen geraspelt, damit man auch im Mund das Gefühl hatte, etwas Substanz zu haben", erklärt die gelernte Lebensmitteltechnologin.

Um die Arbeit wieder aufzunehmen, wäre fast alles noch vorhanden. In den Werkbänken und Schränken liegen noch die Werkzeuge, diverse Lederriemen für die Antriebe, Teller für die Probennahme. An den Wänden hängen Schaufeln, Haken und Leitern. Gemütlicher Holzboden prägt den Bau, er wurde ausgelegt auf soliden Stahlträgern. "Das hat den Vorteil, dass man ohne viel Aufwand umnutzen oder andere Decken einziehen könnte", sagt Werkleiter Julius Mannherz.

Denn das markante Ziegelstein-Gebäude soll nicht leer bleiben. "Wir könnten uns durchaus vorstellen, hier zu vermieten - an Büros oder Startups", sagt er. "Es ist doch ein Jammer, dass diese Fläche leersteht." Zwar sei das Gebäude derzeit Teil des Unilever-Werksgeländes, aber das ließe sich einfach abtrennen. "Auch ein Verkauf wäre denkbar." 500 Quadratmeter hat jedes der fünf Stockwerke. Noch ist aber offen, wann und wie es weitergeht.

 

 

 

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