Transferpoker zwischen VfB und FC Bayern um Woltemade: Wo liegt die Wahrheit?
Der Transferpoker um Nick Woltemade nimmt kuriose Gestalt an. Der VfB Stuttgart, FC Bayern München und die Spielerseite äußern sich in der Öffentlichkeit. Aber wo liegt die Wahrheit?
Der Transferpoker zwischen dem VfB Stuttgart und dem FC Bayern München wird immer mehr zum Wechsel-Drama um Nick Woltemade. Der Spieler will zum Rekordmeister, beide Parteien sind sich wohl seit Juni einig. Da der Vertrag des Stürmers beim VfB noch bis 2028 läuft, geht es nun um die Ablösesumme.
Seit Wochen kursieren Zahlen in der Öffentlichkeit. Experten melden sich mit Meinungen zu Wort. Fans diskutieren, ob der VfB Stuttgart Woltemade gehen lassen sollte, die Ablösesumme ausreichend ist oder der Nationalspieler das Geld überhaupt Wert sei. Bei allen Aussagen, die teils kontrovers sind, stellt sich die Frage, wo denn die Wahrheit liegt. Ein kritischer Blick zeigt: Nicht alles ist, wie es scheint.
FC Bayern im Transferpoker um VfB-Star Woltemade: Öffentliches Verhalten und drei Angebote
Drei Angebote hat der FC Bayern München bislang abgegeben. Zunächst über 40 Millionen Euro, dann über 50 Millionen Euro nun sollen es sogar mehr als 60 Millionen Euro gewesen sein. Der VfB Stuttgart lehnte alle Angebot ab. Immerhin gab es nun wohl immerhin ein Telefonat zwischen den Verantwortlichen beider Clubs. Die fehlende Absprache war zunächst auch ein Kritikpunkt am FC Bayern, über den sich Fans echauffierten. So haben die VfB-Verantwortlichen wohl nichts von Gesprächen zwischen Woltemade und Rekordmeister gewusst. Doch das ist nicht unüblich in der Branche. Es ist davon auszugehen, dass der VfB sich mit Caspar Jander, Giannis Konstantelias und anderen Spielern diesen Sommer ebenso vorher abgesprochen hat und erst dann über die Ablöse verhandelt hat. Dem FC Bayern ist das Vorgehen kaum anzukreiden.
Dennoch macht der FC Bayern im Transfer-Theater nicht den besten Eindruck, was auch an der immer wieder gesuchten Öffentlichkeit liegt – und vor allem den widersprüchlichen Aussagen. Jüngstes Beispiel: FCB-Sportvorstand Max Eberl erklärt den Woltemade-Wechsel "vom Tisch". Gut, dass ein kleines Aber im Raum stand, denn nur eine Woche später wurde verhandelt. Auch während der Club-WM sorgten Auftritte dieser Art für Aufsehen. An einem Tag sagt Bayern-Boss Jan-Christian Dreesen, es gehöre sich nicht, über Spieler anderer Vereine öffentlich zu sprechen. Einen Tag später tauchte Uli Hoeneß, Ehrenpräsident des FC Bayern, auf und erklärte, Woltemade würde "prima" zum Rekordmeister passen.
Es passt nicht, wie sich die Verantwortlichen aus München im Wechsel-Drama verhalten. Fakt ist aber auch: Der FC Bayern München hat ein großes Interesse an Nick Woltemade, dessen Marktwert laut "transfermarkt.de" bei rund 40 Millionen Euro liegt. Der FC Bayern ist wohl bereit über 60 Millionen zu zahlen und damit die Hälfte des Marktwerts nochmal obendrauf zu legen. Innerhalb der Bundesliga wäre es mit Abstand ein Rekordtransfer und eine große Risiko-Investition an der Säbener Straße. Denn: Woltemade spielte bislang nicht auf Europa-Ebene und hat auch in der Bundesliga erst seit wenigen Monaten geliefert. Potenzial ja, der fußballerische Lebenslauf ist noch überschaubar.
VfB Stuttgart mit Deadline für Woltemade-Wechsel – von ablösefrei auf über 60 Millionen Euro?
Das ist auch ein Grund, aus dem der Stürmer ablösefrei zum VfB Stuttgart wechselte und wohl keine Ausstiegsklausel besitzt. Woltemade war ein unbeschriebenes Blatt, wurde zu Bremer Zeiten teilweise als "Stolpermade" bezeichnet. Ein Ruf, den der 23-Jährige mit Bravour abgelegt hat. Der VfB schnappte sich Woltemade, Trainer Sebastian Hoeneß setzte ihn ein und der heutige Nationalspieler startete durch. Klar, dass der Klassenprimus auf den VfB-Senkrechtstarter aufmerksam geworden ist. Gut ist auch, dass in Stuttgart nicht sofort nachgegeben wird. Aber: Auch der VfB Stuttgart muss irgendwann hinterfragt werden.
Name | Nick Woltemade |
Geburtsdatum | 14. Februar 2002 |
Position | Sturm |
Vertrag bis | 30. Juni 2028 |
aktueller Verein | VfB Stuttgart |
Sportvorstand Fabian Wohlgemuth ist für Transfers da – und hat ein gutes Händchen bewiesen. Vorstandboss Alexander Wehrle stand in den vergangenen Tagen häufig am Mikrofon und posaunte zuletzt eine Deadline raus. Bis zum Anpfiff des Supercups sollte der Transfer erledigt sein. Klar, dass am 31. August wohl kaum noch adäquater Ersatz gefunden wird. Aber: Wieso wird nun öffentlich die Deadline gesetzt, zumal am Tag zuvor Wohlgemuth noch erklärte, dass eine Deadline intern bleibt?
Auch der VfB Stuttgart muss hinterfragt werden beim Woltemade-Wechsel
Dass der VfB Stuttgart hart bleibt und nicht gleich einknickt, ist okay und zeigt auch, dass der Pokalsieger zum einen wieder oben mitspielen will und kann. Zum anderen ist der VfB finanziell gut aufgestellt und hat einen Verkauf nicht zu jedem Preis nötig. Doch stellt sich die Frage, wann eine Grenze erreicht ist? Beim Abgang von Jacob Bruun Larsen vor wenigen Wochen wurde der VfB für den Gewinn von rund 2,3 Millionen Euro gelobt. Bei Nick Woltemade wäre ein Nicht-Verkauf für mehr als 60 Millionen Euro fast schon fahrlässig.
Woltemade kam ablösefrei, der FC Bayern bietet wohl mehr als 60 Millionen Euro. Knallhart-Kurs ja, aber: Eine prallgefüllte VfB-Kasse ist kein Grund plötzlich zu gierig zu werden. Heißt nicht, dass die Schwaben einfach zustimmen sollen. Aber zum einen wurde der Standpunkt deutlich gemacht, zum anderen geht es auch darum, langfristig oben mitzuspielen und die Kasse möglicherweise zu vergrößern. 60 Millionen Euro mehr in der Kasse sind da kein schlechter Weg. Auch um mögliche Rückschläge in der Zukunft abzufangen – oder auch Spieler nach Stuttgart zu lotsen, die erfahrener sind.
VfB-Star Woltemade und Berater Bachmann im Transferpoker: Kritiker und professioneller Spieler
Und die Woltemade-Seite? Dem Spieler gibt es derzeit keinerlei Vorwürfe zu machen. Er gibt sich professionell, also genau so, wie er es tun sollte. Im Härtetest gegen den FC Bologna vergab er eine riesige Chance. Geschenkt, denn das kann jederzeit mal passieren. Es ist davon auszugehen, dass Woltemade auch in der anstehenden Saison Vollgas geben wird – egal in welchem Trikot. Es ist das Jahr vor der WM 2026, sollte ein Wechsel nicht zustande kommen, muss Woltemade seine Leistung im vermutlich schwereren zweiten Jahr bestätigen – und auch international kann er nun zeigen, was in ihm steckt. Die jüngste Kritik von Woltemade-Berater Danny Bachmann gibt allerdings zu Denken.
So soll es seitens des VfB-Aufsichtsrates eine "Forderung von marktfremden 75 Millionen Euro" geben. Gleichzeitig spricht Bachmann gegenüber "dpa" von einer "Gehaltseinstufung im unteren Mittelfeld". Der VfB Stuttgart hatte Woltemade zwar eine Gehaltserhöhung angeboten, doch die wurde abgelehnt. Dabei ging es wohl um 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Nun ist entweder die Forderung überzogen oder das Gehaltsangebot an Woltemade untertrieben, denn wenn ein anderer Verein 75 Millionen Euro zahlen soll als Ablöse, dürfte Woltemade dem VfB Stuttgart durchaus mehr Wert sein, auch wenn der aktuell Vertrag noch drei Jahre läuft. Warum sich der Berater öffentlich zu Wort meldet, ist fraglich. Geht es um den Druck im Transferpoker? Oder ist es möglich, dass hinter verschlossenen Türen mehr gelaufen ist, als öffentlich bekannt wurde?
VfB, FC Bayern und Nick Woltemade: Wo liegt die Wahrheit im Transferpoker?
Letztlich bleibt festzuhalten, dass die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte liegt. Mit Ruhm bekleckert sich keiner der Clubs, auch wenn die jeweiligen Fans ihre Verein – und das ist klar und gut so – als richtig und gut darstellen. Für Woltemade und auch seinen Berater ist die Situation verzwickt, denn zum einen will der Stürmer den nächsten Karriereschritt wahrnehmen, zum anderen ist der Rummel um seine Person durchaus eine Belastung. Es wird eine besondere Herausforderung in der nun beginnenden Saison. Leistung wiederholen oder Vorschusslorbeeren bestätigen? Das erste Saisonspiel wird Nick Woltemade auf jeden Fall in der MHP-Arena bestreiten, den Supercup zwischen dem VfB Stuttgart und dem FC Bayern München am Samstag.