Nachwuchs-Handball hat in der Region noch sehr viel Luft nach oben
Viel Breite, wenig Spitze: Die Nachwuchsarbeit in der Region steht vor großen Herausforderungen. Oberhalb der Bezirksebene wird die Erfolgsbilanz von A- bis C-Jugend schnell dünn. Eine Bestandsaufnahme zum Saisonende.

Während sich die Handball-Saison im Aktiven-Bereich auf den letzten Metern befindet, ist die Spielzeit 2024/2025 in den meisten überbezirklichen Nachwuchsligen am vergangenen Wochenende zu Ende gegangen. Bei den erfolgreichsten Mannschaften stehen in den nächsten Wochen zahlreiche Qualifikationsspiele und -runden für höherklassige Ligen an, die teilweise erstmals unter dem Dach des neuen Baden-Württembergischen Handball-Verbandes (BWHV) angesiedelt sind. Zeit für eine Bestandsaufnahme.
A-Jugend: TSV Weinsberg und SG Schozach-Bottwartal ragen heraus
Im ältesten Nachwuchsbereich sind die Regionalligisten TSV Weinsberg (Männer) und SG Schozach-Bottwartal (Frauen) unbestritten das Maß aller Dinge. Der TSV verpasste als Zweiter der dritthöchsten Spielklasse denkbar knapp die erfolgreiche Verteidigung seines baden-württembergischen Meistertitels, die SGSB (Platz vier von acht Mannschaften) mischte parallel noch in der Bundesliga mit und erreichte dort sogar die Meisterrunde. Eine direkte Qualifikation für die nächste Saison gelang den Beilsteinerinnen allerdings nicht.
„Grundsätzlich bleibt ein gemischtes Gefühl“, sagt Mertcan Iri. Der Trainer der Weinsberger A-Junioren ist zugleich Referent für Lehre und Nachwuchsförderung im Handballbezirk Heilbronn-Franken und spricht von „Luft nach oben“, wenn es um das Abschneiden des Nachwuchses geht. „Es gibt noch viele große Baustellen im kompletten Bezirk“, sagt Iri und hat dabei nicht nur die Förderung der Torhüter-Ausbildung im Kopf. „Um in der Breite höherklassig zu spielen, wäre mehr Kompetenz notwendig.“

Für Iri, der in seiner Rolle als Sportlicher Leiter der vom Bezirk initiierten Handballakademie Heilbronn-Franken auch einen vereinsübergreifenden Blick auf die Talente der Region hat, wären sportliche Konzepte, nach denen in den Nachwuchsabteilungen der Vereine gearbeitet wird, eine wichtige Grundlage für sportlichen Erfolg. Dazu brauche es aber Trainer, die die Kinder in ihrer langfristigen Entwicklung fördern und begleiten. „Aber um das alles zu bewerkstelligen, fehlen oft die Strukturen.“
Unterhalb des Spitzen-Duos in der Regionalliga wird es dementsprechend dünn. In der Oberliga spielten HSG Hohenlohe (6./9) und JSG Neckar-Kocher (8./9) bei den Männern mit, bei den Frauen erreichte einzig die sich auflösende JSG als Fünfte einen Mittelfeldplatz. Ansonsten ist die Region überbezirklich nicht vertreten.
In der Frauen-Bezirksoberliga Enz-Murr, in der auch Mannschaften aus dem Bezirk Heilbronn-Franken gespielt haben, hat immerhin der TSV Bönnigheim mit einer verlustpunktfrei errungenen Meisterschaft auf sich aufmerksam gemacht. Auch bei den Männern bejubelte eine Mannschaft aus der Region den Titel: mit 28:4 Punkten wurde JH Flein-Horkheim vorzeitig Meister; eine gute Rolle spielte auch noch der TSV Willsbach.
B-Jugend: Gegensätzliches bei männlichem und weiblichem Nachwuchs
Noch weniger vielversprechend sieht es in der „kritischen“ Altersklasse der 15- bis 17-Jährigen aus, in der die Pubertät häufig Leistungsschwankungen und/oder Interessenverschiebungen mit sich bringt. Das weiß auch Gernot Drossel, der als Koordinator Handball bei der Sport-Union Neckarsulm derzeit den weiblichen Nachwuchs auf neue Füße stellt. Wie Mertcan Iri sieht auch der 54-Jährige „mehr Breite als Spitze“ im Bezirk. Grund dafür sei „ein Sammelsurium von Hindernissen“ infrastruktureller, qualitativer oder vereinsinterner Natur.
Die JSG Neckar-Kocher war als klassenhöchstes Team der Jahrgänge 2008/2009 im männlichen Bereich als Schlusslicht der Oberliga Württemberg chancenlos (3:29 Punkte), bei den Frauen spielten die Oberligisten HSG Kochertürn/Stein (Zweiter) und SG Schozach-Bottwartal (Vierter) in ihrer Neuner-Staffel hingegen eine gute bis sehr gute Rolle.
In der Bezirksoberliga der Männer wurde der TSV Weinsberg Meister. Bei den Frauen werden die HSG Hohenlohe, JSG Neckar-Kocher und SG Heuchelberg den Titel am nächsten Wochenende in einem Dreikampf unter sich ausmachen.
C-Jugend: Spitze meist chancenlos, Erfolge auf Bezirksebene
Bei den C-Junioren waren die drei höchstklassig spielenden Mannschaften ohne Chance. Oberligist TSV Weinsberg (8.) und die beiden Landesligisten HSG Hohenlohe (6.) und JSG Neckar-Kocher (7.) stehen am Saisonende in ihren Achter-Staffeln jeweils am unteren Ende des Feldes.

Im weiblichen C-Jugend-Bereich waren die Landesligisten der beiden Leuchtturm-Vereine im Frauen-Handball der Region dabei: die SG Schozach-Bottwartal (16:12 Punkte) wurde Vierter im Achter-Feld, die JSG Neckar-Kocher Letzter (4:24). Gernot Drossel hatte zu Saisonbeginn die JSG-C-Juniorinnen als Trainer übernommen und ist rückblickend heilfroh, dass diese im Sommer die Qualifikation für die Oberliga verpasst hatten. „Das wäre fatal gewesen“, gibt er angesichts des sportlichen Abschneidens zu. „Ich habe in dieser Saison in der weiblichen C-Jugend viele und in der A-Jugend einige Spiele gesehen“, sagt Drossel und fällt ein klares Urteil: „Das hat mit Leistungssport wenig bis gar nichts zu tun. Das wird später für die vierte, fünfte, sechste oder siebte Liga reichen.“
Um dauerhaft höherklassig um Titel mitspielen zu können, sei eine fundierte Grundausbildung spätestens in der D-Jugend ebenso wichtig wie gute Übungsleiter und vor allem: Training. „Wenn man viermal die Woche trainiert, kann man fast nichts dagegen tun, dass man besser wird“, sagt Drossel. 300 Stunden plus x seien in der C-Jugend die Grenze zum Leistungssport. Mit 150 Trainingsstunden im Jahr werde es hingegen schwer, überbezirklich eine gute Rolle zu spielen. „Das ist natürlich eine Fleiß- und Willensarbeit“, sagt er mit Blick auf Spielerinnen, Eltern, Trainer und Vereine.
Immerhin: Auch in der U15-Altersklasse gab es in der Bezirksoberliga zwei dominante Meister: Die SG Schozach-Bottwartal (20:2 Punkte) jubelte bei den Junioren, die SG Heuchelberg (24:0) bei den Juniorinnen.