Stimme+
Region
Lesezeichen setzen Merken

Wo Radfahrer in der Region Unfälle hatten

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

358 Unfälle mit Radfahrern zählte die Polizei im vergangenen Jahr in Heilbronn, dem Landkreis Heilbronn und im Hohenlohekreis, darunter auch drei Tote. Wir zeigen, wo sie waren und bei welchem Wetter die meisten Radfahrer verunglückt sind.

   | 
Lesezeit  3 Min
Die Zahl der Verkehrstoten geht in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurück, während sie bei den Radfahrern steigt. Foto: dpa
Die Zahl der Verkehrstoten geht in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurück, während sie bei den Radfahrern steigt. Foto: dpa  Foto: Holger Hollemann (dpa)

Jeder siebte Mensch, der 2019 im Verkehr gestorben ist, war ein Fahrradfahrer. Das zeigen Zahlen des statistischen Bundesamts. Insgesamt haben im vergangenen Jahr 445 Radfahrer ihr Leben verloren. Ein besorgniserregender Trend, denn die Zahl der Verkehrstoten geht in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurück, während sie bei den Radfahrern steigt.

Unfälle passieren meist bei Tageslicht

Auch in der Region Heilbronn-Franken war es ein schlechtes Jahr für Radfahrer. Laut Angaben des Polizeipräsidiums Heilbronn waren sie in 358 Unfälle verwickelt. Drei Radfahrer starben bei Unfällen, in allen Fällen war ein Auto daran beteiligt.

Wir haben die Unfallzahlen für die Region in einer interaktiven Karte aufbereitet. Die Daten stammen aus dem Unfallatlas der statistischen Ämter des Bundes und der Länder.

Die Daten zeigen: Es ist kaum ein Unterschied zwischen den Monaten feststellbar, Unfälle mit Radfahrern passieren nicht nur in der sommerlichen Hochsaison, sondern das ganze Jahr über. Die überwiegende Zahl der Unfälle passierte zudem bei Tageslicht und trockener Fahrbahn, nicht etwa im Dunkeln, im Regen oder bei winterglatter Fahrbahn.

Klicken Sie sich durch die Karte, um mehr über die Unfälle in der Region zu erfahren!

Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

In Städten sind anteilig mehr Menschen mit dem Rad unterwegs

Für Siegfried Brockmann sind die Zahlen nicht überraschend. Er ist Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV) und hat sich in Studien und Praxistests ausführlich mit Radfahrunfällen beschäftigt. "Das Problem ist, dass das noch einen sehr günstigen Stand darstellt." 

Wenn durch die Corona-Pandemie mehr Menschen aufs Rad umgestiegen sein sollten, könnten die Unfallzahlen noch steigen. "Dieses Verhältnis wird sich im Jahr 2020 sicher noch einmal zu Ungunsten der Radfahrerinnen und Radfahrer verschieben."

Die Unfallstatistik der Region zeigt: Die meisten Radunfälle gibt es bei Tageslicht und auf trockener Fahrbahn.  Foto: dpa
Die Unfallstatistik der Region zeigt: Die meisten Radunfälle gibt es bei Tageslicht und auf trockener Fahrbahn. Foto: dpa  Foto: Daniel Bockwoldt (dpa)

In Städten seien anteilig mehr Menschen auf dem Fahrrad unterwegs, als noch vor zehn Jahren. Außerdem hätte sich die Art der Radfahrer verändert, erklärt Brockmann. "Viele sind sportlicher und schneller."

Senioren, die das Radfahren schon aufgegeben hätten, seien nun mit elektrisch betriebenen Pedelecs unterwegs. Das berge viele Gefahren: "Man reagiert langsamer, kann komplexe Situationen nicht schnell genug einschätzen und erreicht Geschwindigkeiten, die man ohne Elektromotor gar nicht erreicht hätte."

Am gefährlichsten für Radfahrer sind Kreuzungen, Einmündungen und Ein- und Ausfahrten

Die gefährlichsten Stellen für Radfahrer seien seit jeher dieselben, sagt Brockmann: Kreuzungen, Einmündungen sowie Ein- und Ausfahrten. Besonders gefährdet sind schnelle Radfahrer.

Aber was ist sicherer: Ein separater Radweg, der von der Fahrbahn getrennt ist? Oder aufgemalte Schutzstreifen, auf denen Radfahrer direkt neben den Autos unterwegs sind?

Siegfried Brockmann ist Leiter der Unfallforschung der Versicherer. Foto: dpa
Siegfried Brockmann ist Leiter der Unfallforschung der Versicherer. Foto: dpa  Foto: UDV (UDV)

Bei Schutzstreifen seien Autos, die daneben parken, ein Problem. "Ich bin der Meinung, dass rechts von Radstreifen keine Fahrzeuge parken sollten." Die Zahl sogenannter "Dooring"-Unfälle, bei denen Radfahrer gegen eine unachtsam geöffnete Fahrertür prallen, habe deutlich zugenommen.

Kommunen würden sich jedoch oft nicht trauen, Parkplätze zu reduzieren, weiß Brockmann: "Das wird oft nicht gemacht, weil man Angst vor Anwohnern oder Gewerbetreibenden hat." 

"Es gibt keine friedliche Koexistenz"

Auf sogenannten Hochbordradwegen, die ein Teil des Gehwegs sind, passieren Unfälle mit Autotüren seltener. Dann sei es kein Problem, wenn links neben dem Radweg Autos parken. Andererseits drohen dort Konflikte mit Fußgängern, die an Stellen, wo der Radverkehr auf der Straße fährt, deutlich seltener sind.

"Solange ich den Autoverkehr nicht deutlich reduziere, werden wir keinen sicheren Radverkehr haben", sagt Brockmann. "Es gibt keine friedliche Koexistenz zwischen den beiden." Autofahrer seien stark, Radfahrer schwach. Durch schwerere Autos und schnellere Radfahrer auf E-Bikes werde dieses Problem noch verschärft, erklärt der Unfallexperte.

Getrennte Grünphasen verhindern Abbiegeunfälle

Hilfreich sei es, die größtmögliche Sicht zu gewährleisten, damit heranfahrende Radler für Autofahrer sichtbar sind. An Ampelkreuzungen sei es sinnvoll, wenn Rechtsabbieger warten müssen, während Fußgänger und Radfahrer Grün haben. "Dann gibt es diesen Unfall eigentlich nicht mehr."

Abbiegeunfälle seien die häufigste Unfallart, die Radfahrer nicht selbst verursachen. Zusätzlich könne es helfen, Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit festzulegen. "Wenn schon nicht flächendeckend, dann wenigstens in vielen Bereichen."

Für Radfahrer gelte es, einen Helm zu tragen. "Wer behauptet, dass ein Helm nicht schützt, widerspricht wissenschaftlichen Erkenntnissen." Eine allgemeine Helmpflicht sei jedoch rechtlich kaum begründbar. "Sie haben um die 445 Tote, von denen manche einen Helm getragen haben und er in anderen Fällen den Unfall nicht verhindert hätte. Damit lässt sich eine Tragepflicht für alle nicht rechtfertigen." Die Zahl der freiwilligen Helmträger steige zudem kontinuierlich.

Rambo-Radfahrer per Kennzeichen anzeigen? "Dieser Glaube ist falsch."

Immer wieder fordern Autofahrer, dass Fahrräder mit einem Kennzeichen ausgestattet werden, etwa in Form einer Versicherungsplakette, wie sie bei elektrischen Tretrollern Pflicht ist. "Es gibt diese Rambo-Radfahrer, die sich nach einem Rempler aus dem Staub machen", sagt Brockmann. Der Glaube, dass man diese per Kennzeichen dingfest machen könne, sei aber falsch. "Wir haben in Deutschland keine Halterhaftung."

Es gelte dasselbe Prinzip wie beim Blitzer: Man müsste nachweisen, dass der Halter auch tatsächlich gefahren ist. "Sie müssten also geistesgegenwärtig noch das Handy zücken und ein Foto schießen, auf dem der Fahrer einwandfrei erkennbar ist", sagt Brockmann. "Das sind bürokratische Hürden, die für das Fahrrad aufgebaut werden, die ich nicht für sinnvoll halte."

Fahrradstaffel sorgt für besseres Verkehrsklima

Die Bußgelder seien in der Neufassung der Straßenverkehrsordnung auch für Radler erhöht worden. Deshalb empfiehlt der Experte mehr Kontrollen, in Form einer Fahrradstaffel der Polizei. In Berlin haben die Unfallforscher die Wirkung dieser Einheit untersucht.

"Sie hat zur deutlichen Verbesserung des Verkehrsklimas beigetragen sowie zu mehr Regeltreue bei Radfahrern und Autofahrern." So sei etwa das Parken auf Radwegen zurückgegangen, nachdem es konsequent geahndet wurde. "Ich brauche dafür eine eigene Einheit, die nichts anderes tut, als Radfahren."

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben