Neue Hotspot-Vorgaben aus Stuttgart überschlagen sich
Bei weiter steigenden Infektionszahlen spitzt sich die Corona-Lage in Stadt und Landkreis Heilbronn zu. Insbesondere der Stadt, mit einer Inzidenz von erstmal über 300, drohen als „Extrem-Hotspot“ weitere Verschärfungen der ohnehin schon einschneidenden Regeln. Derweil richtet OB Mergel einen eindringlichen Appell an die Bevölkerung.

Erst am Dienstag hatte Heilbronn unter anderem die nächtliche Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr verfügt, weil die Zahl der Neuinfektionen in sieben Tagen, umgerechnet auf 100.000 Einwohner, den Wert von 200 überschritten hatte. Nun hat Heilbronn am Donnerstag mit 318,5 auch die Marke von 300 gerissen.
Das Land kündigt für solche Fälle eine erneute Verschärfung an, inklusive ganztägiger Ausgangsbeschränkungen. „Wir kommen mit Einzelfall-Lösungen nicht wirklich weiter“, kommentierte der Oberbürgermeister am Abend die jüngste Ankündigung aus Stuttgart. „Das fördert lediglich den jetzt schon unübersichtlichen Flickenteppich.“
Der Oberbürgermeister forderte eine einheitliche Linie von Bund und Land und appellierte an die Bevölkerung, Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Läuft alles nach demselben Muster ab wie zuletzt, müsste Heilbronn drei Tage infolge den 300er Wert überschreiten, bevor die abermals verschärften Regeln griffen. Das wäre frühestens am Wochenende der Fall. Ob es davon abweichende Verfügungen seitens des Landes geben könnte, war bis zum Abend nicht absehbar.
Mittlerweile schreibt das Kultusministerium vor, dass ab der 300er- Grenze Schulen ab Klassenstufe acht in den Fernunterricht übergehen müssen. Es gibt Ausnahmen. Noch unklar ist, ab wann der Fernunterricht umgesetzt wird. Auch der Landkreis hat eine für den Schulbetrieb wichtige Marke überschritten: Ab 200 Neuinfektionen können Schulen dazu übergehen, Jahrgänge ab Stufe acht im Wechsel zu unterrichten. Wann dieser Unterricht in der Region möglich ist, ist offen. Erst muss eine Bestätigung des Gesundheitsamts vorliegen.
Nur leere Gymnasien
„Wir begrüßen die einheitliche Lösung“, sagt Melanie Haußmann, geschäftsführende Schulleiterin in der Stadt. „Jede Schule bekommt jeden Tag von außen Fälle rein.“ Christoph Eberlein, Vorsitzender des Heilbronner Gesamtelternbeirats, unterstützt zwar die Regeln zum Fernunterricht. Nur: Wegen der Einschränkung ab Klasse acht und den Ausnahmen würden sich letztendlich vor allem Gymnasien leeren. Der Elternvertreter ist trotzdem froh, dass es diese klare Linie gibt. Zuvor wären die Schulleiter auf sich allein gestellt gewesen, sagt Christoph Eberlein.
Wenn der Automatismus greift, werden weiterführende Schulen zum Teil geschlossen. Für Harald Schröder kommt dieser Schritt viel zu spät. Das Robert-Koch-Institut rate, ab einer Inzidenz von 50 Neuinfektionen zum Wechselunterricht überzugehen, erinnert der Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Kreis Heilbronn. Ob auch jüngere Schüler zu Hause unterrichtet werden sollten, kann der GEW-Sprecher nicht einschätzen: „Virologen sagen, dass es ab zwölf Jahren kritisch wird.“ Je jünger die Kinder sind, desto schwieriger werde es aber, sie auf Distanz „sinnvoll zu unterrichten“.
Dass Heilbronner Schulen vor der Teilschließung stehen, hatte sich bereits am Mittwoch abgezeichnet. Da gab es vom Kultusministerium noch keine Fernlernpflicht ab der 300er Grenze, sondern nur die nach wie vor gültige 200er Marke: Ab dieser Inzidenz können Schulen die Kinder ab Klasse acht im Wechsel zu Hause und im Klassenzimmer unterrichten. Mit Blick auf diese Grenze hatte der Leiter des Heilbronner Gesundheitsamts, Peter Liebert, die Schulen gebeten, den Wechselbetrieb von Präsenz- und Fernunterricht einzuführen. Das muss aber die Schulaufsicht genehmigen. Das Staatliche Schulamt, das für alle Schulen außer den Gymnasien zuständig ist, hat den Rektoren bereits das Prozedere des formlosen Antrags erklärt.
Keine Klassenarbeiten
Das Kultusministerium betont: „Für den Zeitraum des Fernunterrichts müssen in den betroffenen Klassenstufen bereits geplante Klassenarbeiten abgesagt werden.“ Sofern diese für die Notenbildung zwingend erforderlich seien, sollen diese, sobald wieder Präsenzunterricht möglich ist, nachgeholt werden. Fällt die Sieben-Tage-Inzidenz unter die 300er-Marke, ist Präsenz- oder Wechselunterricht möglich.