Stimme+
Heilbronner Innenstadt
Lesezeichen setzen Merken

Leerstände, Schließungen, keine Nachfolger – "Brauchen diese große Flächen nicht mehr"

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Traditionsreiche Einzelhändler verschwinden in Heilbronn vom Markt. Die Hoffnung ruht auf Großprojekten wie dem Wollhauszentrum. Und auch aus der Gastronomie kommen schlechte Nachrichten.

Vor allem in der Heilbronner Allee hat sich der Einzelhandel stark gewandelt. Zahlreiche Traditionsgeschäfte der Stadt haben in diesem Jahr ihren Betrieb eingestellt.
Vor allem in der Heilbronner Allee hat sich der Einzelhandel stark gewandelt. Zahlreiche Traditionsgeschäfte der Stadt haben in diesem Jahr ihren Betrieb eingestellt.  Foto: Seidel, Ralf

Das Rad dreht sich in Heilbronn immer schneller. Noch nie war die Fluktuation in Einzelhandel und Gastronomie so sichtbar wie 2023.

Die Traditionsdrogerie Plappert schließt Ende November.
Die Traditionsdrogerie Plappert schließt Ende November.  Foto: Seidel, Ralf

Blickt man auf den Einzelhandel, zeigt sich, dass sich viele Traditionsgeschäfte überlebt haben. Negativbeispiel ist dafür die Allee, in der es auffällig leer geworden ist. Dort hat Ende März das Pelzhaus Barth geschlossen. Das Haus hatte keinen Nachfolger gefunden. Bereits Ende 2022 schloss das gegenüberliegende Geschäft Stoffideen. Dort zieht immerhin eine Filiale von Plana Küchenland ein. Das Unternehmen verlegt seinen Standort von der Neckargartacher Straße in die Innenstadt.

Mit der Drogerie Plappert verschwindet Ende November ein weiteres Traditionsgeschäft wenige Meter entfernt. Die Drogerie in der Allee war rund 60 Jahre lang eine Institution in der Stadt. Bereits im Juli hatte die einst beliebte Metzgerei Wirth geschlossen.


Leerstände beim Einzelhandel an der zentralen Achse Allee in Heilbronn

Die lange Liste dokumentiert eine bedenkliche Entwicklung für die zentrale Achse der Stadt, zumal weitere Leerstände am angrenzenden Wollhaus zu beklagen sind. Dazu zählt das Eckgebäude an der Klarastraße, in dem zwei Jahre ein Corona-Testzentrum untergebracht war, das ehemalige Spielwarengeschäft Letzel und das Bekleidungsgeschäft Taifun.

Auf das neue Wollhaus setzt die Stadt hohe Erwartungen.
Auf das neue Wollhaus setzt die Stadt hohe Erwartungen.  Foto: Seidel, Ralf

Immerhin gibt es Hoffnung im Wollhauszentrum. Für den Komplex hat Investor Artur Neufeld Ende Juli sein hochambitioniertes Konzept präsentiert. Es sieht Investitionen von über 100 Millionen Euro in den Bau von Wohnungen, Büros, Markthalle, Restaurant, und ein Hotel vor. Der Komplex soll ab 2026 gebaut und 2028 eingeweiht werden. Stadt und Investor erwarten sich davon eine Initialzündung für eine moderne Innenstadt.

Neues Cityhaus als Anziehungspunkt in der Heilbronner Fußgängerzone

Ein weiterer Lichtblick stellt das markante fünfstöckige Cityhaus in der Fleiner Straße dar, das die EEW GmbH für 24,5 Millionen Euro gebaut hat. Dort ist im Untergeschoss die Heilbronner Fielmann-Filiale eingezogen. Die Fläche daneben wird von der Firma Backzeit belegt. Das Penthaus beherbergt eine Arztpraxis, die Restflächen sollen bis Ende des Jahres vermietet sein.

Doch direkt gegenüber macht die Modekette Hallhuber dicht. So wie das ehemalige Damenmodengeschäft Ulla Popken an der Ecke Sülmerstraße, wo im Mai der Friseursalon Osil Hair + Beauty eröffnet hat. Auch die seit 2003 bestehende Calida-Filiale in der Falkenstraße hat Heilbronn Ende Mai den Rücken gekehrt. Am Kieselmarkt wird zudem im Dezember das Wollgeschäft Wollke schließen - nach 38 Jahren.

Fluktuation beim Einzelhandel in der Kirchbrunnenstraße in Heilbronn

In der Kirchbrunnenstraße steht neben dem altersbedingten Rückzug des Optikers Brillen-Reineke, auch die ehemalige Liebeskind-Filiale leer - der Falken-Fanshop ist bis auf Weiteres geschlossen. Dafür hat Reyhan Lohmüller ein neues Modegeschäft eröffnet, das hochwertige Damenmode bietet. Das Kultiv hat dagegen dem Standort nach 15 Jahren den Rücken gekehrt. Die gute Nachricht, es ist mit vier namhaften Partnern ins ehemalige Sporthaus Saemann gewechselt. Dort entstand das KAI, das für Kultur, Ambiente und Inspiration steht. Das Konzept könnte richtungsweisend für die Zukunft sein.


Mehr zum Thema

Vor allem in der Heilbronner Allee hat sich der Einzelhandel stark gewandelt. Zahlreiche Traditionsgeschäfte der Stadt haben in diesem Jahr ihren Betrieb eingestellt.
Fotos: Ralf Seidel
Stimme+
Meinung
Lesezeichen setzen

Es fehlt ein Konzept für die Heilbronner Innenstadt


Auch die Hafenmarktpassage tut sich schwer. Zum 30. Juni schloss das Kompliment, das klassische Schmuck- und Designerstücke im Angebot hatte. Daneben ist Lolo-Moden Geschichte. Der Einzelhändler hat Ende September nach 60 Jahren geschlossen.

Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren für Gastronomen in Heilbronn

Die Gastronomie in der Stadt ist geprägt von der Unsicherheit der Nach-Corona-Phase, Inflation und Personalmangel. Das sind auch die Gründe, warum das Wohnzimmer in der Unteren Neckarstraße Anfang Mai geschlossen hat. Auch daneben, im ehemaligen Riverside, geht es nicht richtig voran. "Hier entsteht etwas Neues", steht schon seit Monaten auf Plakaten. Doch die Eröffnung wurde immer wieder verschoben.

Dafür hat in der Hafenmarktpassage im Mai das Thanom Thai Restaurant eröffnet. Es bietet seither thailändische Spezialitäten in den ehemaligen Räumen von Michels Küche. Der ist ins ehemalige Sharkeys weitergezogen. Nach einigen Verzögerungen kommt Michael Allmis dort mit seinen schwäbischen Spezialitäten gut an. Ein interessantes Konzept haben Serge und Britta Diekmann in der Schellengasse umgesetzt. In der Erntbar bieten beide regionale Spezialitäten und Produkte aus dem eignen Garten.

Doch der allgemeine Wandel zieht sich durch alle Branchen. So verlässt die Maklergruppe Werner Immobilen Ende Oktober nach 14 Jahren den Neckarturm in der Bahnhofstraße und zieht in die neugebaute Innovationsfabrik im Zukunftspark Wohlgelegen. "Wir brauchen diese großen Flächen nicht mehr, weil die Welt sich verändert hat", begründet Martin Werner den Schritt. Er sieht in der Entwicklung einen generellen Trend: "Es wird künftig immer schwerer werden, Büro- oder auch Ladenflächen zu vermieten." Keine guten Aussichten für die Zukunft der Stadt.

 
Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben