"Das Metzgereien-Sterben wird weitergehen" – Schwierige Lage der Fleischerbranche
Gleich mehrere Probleme machen dem Fleischereigewerbe schwer zu schaffen. Der Rückgang an Geschäften hat Auswirkungen über die Ladentheke hinaus. In den Innenstädten leiden die Nahversorgung und die Branchenvielfalt, außerdem drohen weitere Leerstände.
Die Situation der Metzgereien in Deutschland und in der Region spitzt sich zu. Das veränderte Einkaufsverhalten der Kunden, die hohe Inflation und vor allem der fehlende Nachwuchs veranlassen immer mehr Betriebsinhaber, ihr Fleischereifachgeschäft zu schließen. Mit Folgen: Die innerstädtische Nahversorgung und die Branchenvielfalt in der City leiden, während zugleich weitere Leerstände drohen.
In Heilbronn etwa hat kürzlich die Metzgerei Wirth/Nothwang an der Allee für immer geschlossen. Wie es mit der Immobilie weitergeht, ist offen. Auch Metzgermeister Thomas Klumpp wird sein Fachgeschäft an der Ecke Südstraße/Wilhelmstraße zum 30. September schließen, weil er keinen Nachfolger hat. In Öhringen sieht Carmen Megerle von der gleichnamigen Metzgerei angesichts des Nachwuchsmangels die gesamte Branche bedroht. "Unser Beruf wird aussterben, bald gibt es nur noch Industrieware", sagt sie mit Blick auf die Discounter-Konkurrenz.
Deutlicher Rückgang bei Fleischereifachgeschäften in Deutschland
Die Zahlen belegen den Abwärtstrend. Im Jahr 2011 gab es bundesweit noch 14.969 Fleischereifachgeschäfte (ohne Filialen), 2022 waren es nur noch 10.335 - ein Rückgang um fast 31 Prozent. Im Bezirk der Handwerkskammer Heilbronn-Franken waren im Jahr 2004 noch 350 Fleischereifachgeschäfte eingetragen, im vergangenen Jahr waren es 288. Der Rückgang wäre noch viel deutlicher, aber nach einem Gerichtsurteil zählen seit 2020 auch die Frischfleischtheken im Supermarkt als Fleischereibetriebe.
"Das Metzgereien-Sterben wird weitergehen", sagt Harald Hohl, Obermeister der Fleischer-Innung Heilbronn-Hohenlohe-Schwäbisch Hall. Die hohen Kosten, etwa für Personal, Pacht und Energie, sieht der Metzgermeister aus Obersulm als Riesenproblem. Vor allem Filialisten könnten diese Kostenblöcke kaum noch stemmen. Auch das veränderte Einkaufsverhalten macht den Metzgern zu schaffen. "Die Kunden sparen und kaufen eher beim Discounter ein", weiß Hohl. Und niemand gehe in die Innenstadt, um dort Fleisch und Wurst zu kaufen. In der Innung sind derzeit 80 Betriebe freiwillig organisiert, im Jahr 2010, noch vor der Fusion mit Schwäbisch Hall, waren es rund 180.
Der Nachwuchsmangel in der Fleischerbranche ist dramatisch
Das größte Problem sieht der Innungs-Obermeister jedoch im Personalmangel. "Der Nachwuchs fehlt", sagt er. Und es gebe kaum Fachkräfte, die bereit seien, bestehende Metzgereien zu übernehmen. Die Branche geht dieses Problem an, indem sie junge Menschen aus Indien als Auszubildende nach Deutschland locken will. "Das ist ein guter Weg, wir rechnen im Innungsgebiet mit 15 bis 20 Indern, die im September 2024 nach guter Vorbereitung hier ihre Ausbildung starten", sagt Hohl.
Solche Initiativen können den Nachwuchsmangel im Fleischerhandwerk allenfalls lindern, aber nicht bremsen. Seit Jahren sind die Ausbildungszahlen stark rückläufig. An der Peter-Bruckmann-Schule in Heilbronn wurden 2009/2010 in drei Jahrgängen noch 56 Fleischer und 68 Fleischereifachverkäuferinnen ausgebildet, im Jahr 2022/2023 waren es nur noch 24 beziehungsweise 20 junge Leute. Ähnlich ist das Bild in Hohenlohe. An der Gewerblichen Schule Künzelsau werden im aktuellen Schuljahr 14 Fleischer und 18 Fleischereifachverkäuferinnen ausgebildet. Hält der Abwärtstrend an, droht dem Bildungsangebot die Einstellung.
Fleischproduktion in deutschen Schlachthöfen sinkt
Die Fleischproduktion in deutschen Schlachthöfen ist in der ersten Jahreshälfte weiter zurückgegangen. Die Gesamtmenge sank gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,9 Prozent auf 3,3 Millionen Tonnen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Insgesamt wurden 23,6 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 343,9 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet. 21,6 Millionen geschlachtete Schweine waren 2,2 Millionen weniger als zuvor. Die erzeugte Schweinefleischmenge sank um 9,4 Prozent auf 2,1 Millionen Tonnen.


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