Rückt in Heilbronn die Innenstadt ohne Metzgerei näher?
In den Innenstädten haben es Fleischereifachgeschäfte besonders schwer, wie das Beispiel Heilbronn zeigt. Doch die Branche steht auch anderswo unter großem Druck. Immer wieder kommt ein großes Problem zur Sprache.

Eine Innenstadt ohne Metzgerei? Was vor einigen Jahren noch unvorstellbar erschien, rückt zumindest in Heilbronn in realistische Nähe. Denn Wirth/Nothwang an der Allee ist nicht die einzige Metzgerei, die ihre Pforten für immer zumacht. Metzgermeister Thomas Klumpp wird seinen alteingesessenen Betrieb an der Ecke Südstraße/Wilhelmstraße nach 116 Jahren Ende September schließen. Lediglich der Party- und Bratenservice sowie die Belieferung von Besenwirtschaften werde fortgeführt, teilte Klumpp auf Stimme-Anfrage mit.
Der Grund für das Ende des Traditionsbetriebs: Es fehlt ein Nachfolger. Dieses Problem plagt viele Fleischereibetriebe. Auch bei der Metzgerei Schmidt an der Heilbronner Herbststraße könnten aus diesem Grund bald die Lichter ausgehen, wie aus dem Umfeld der Familie Schmidt zu hören ist.
Sorgen um die Versorgung mit Wurst und Fleisch in der Heilbronner City
Frische Wurst und Fleisch könnten Besucher der Heilbronner City dann nur noch auf dem Wochenmarkt, bei Geiger an der Kaiserstraße oder bei Nothwang in der Delikatessa der Galeria Kaufhof kaufen. Wobei auch die Zukunft dieses Nothwang-Standorts nicht sicher ist, wie Geschäftsführer Uwe Nothwang der Stimme sagte.
Denn die Zeiten für Metzgereien sind besonders in Innenstädten hart, wie Harald Hohl weiß. Der Obermeister der Fleischer-Innung Heilbronn-Hohenlohe-Schwäbisch Hall sieht im veränderten Einkaufsverhalten der Verbraucher einen Grund, warum sich Metzgereien in Innenstädten kaum noch lohnen.
Die hohen Kosten machen viele Metzgereien unrentabel
"Die Unkosten treiben uns in den Wahn", sagt er. Hohe Mietkosten in Verbindung mit steigenden Personal- und Energiekosten machten das Geschäft zunehmend unrentabel. Zudem versorgten sich immer weniger Menschen beim Metzger in der Stadt mit Fleisch und Wurst, sondern erledigten dies beim Einkauf im Supermarkt oder Discounter. "Die Kunden sparen wegen der hohen Inflation", hat Hohl beobachtet.
In ländlichen Regionen sieht es dem Obermeister zufolge besser aus. "Dort gibt es noch schlachtende Betriebe", sagt der Metzgermeister aus Obersulm. Diese könnten mit Frische, Regionalität und Qualität punkten. "Auch Hofläden mit Fleisch- und Wurstverkauf funktionieren gut", sagt Hohl. Er ist überzeugt: "Ein guter mittelständischer Betrieb, der Leistung bringt, kann überleben." Insgesamt müsse man sich aber Sorgen um die Branche machen, räumt der Obermeister ein. Der Mangel an Nachwuchskräften sei das größte Problem. Auch gebe es kaum Betriebs-Übernehmer, weshalb die Zahl der Innungsbetriebe in der Region von 180 im Jahr 2010 auf nunmehr 80 gesunken sei.
Öhringer Metzgerei Megerle rechnet mit Schließung
"Es bewirbt sich einfach kein Azubi mehr", bestätigt Carmen Megerle von der gleichnamigen Öhringer Metzgerei den Befund. Den letzten Bewerber habe man vor vier Jahren gehabt. Große Anstrengungen unternehme man nicht mehr: "Wir haben die Hoffnung schon aufgegeben", sagt Megerle. Wenn ihre rund zehn Mitarbeiter in Rente gehen, war es das auch für ihre Metzgerei: "Dann machen wir zu."
Das schlechte Image und die geringe Vergütung sind aus ihrer Sicht Gründe für das geringe Interesse der Jugendlichen. Besserung sei nicht in Sicht: "Unser Beruf wird aussterben, bald gibt es nur noch Industrieware."
In den Berufsschulen wird es immer schwieriger, die Klassen zu füllen
Ein Blick in die Berufsschulen gibt auch wenig Anlass zur Hoffnung. Sowohl in der Peter-Bruckmann-Schule (PBS) in Heilbronn als auch in der Gewerblichen Schule Künzelsau sinken die Auszubildenden-Zahlen für Fleischer und Fleischereifachverkäuferinnen seit Jahren kontinuierlich. In Künzelsau konnte der Bildungsgang bisher nur mit großer Mühe aufrechterhalten werden, mittelfristig droht die Streichung. "Es fällt den weniger werdenden Betrieben immer schwerer, die Ausbildungsplätze zu besetzen", sagt PBS-Rektor Christoph Franz.
Er ärgert sich, dass viele Verbraucher nicht bemerkten, dass "ein handwerklich und regional frisch hergestelltes Produkt eine andere Qualität hat und mit weniger Zusatzstoffen auskommt". Dies sei zugleich die Chance für die verbliebenen Fachgeschäfte, sich zu profilieren, hofft Franz.


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