Sport-Union Neckarsulm geht zwiegespalten in die Bundesliga-Pause
Die Neckarsulmer Erstliga-Handballerinnen fahren nach der deutlichen Niederlage gegen Borussia Dortmund mit gemischten Gefühlen in den Urlaub oder zur WM. Dem Trainer bereitet vor allem das Abwehrverhalten Sorgen. Der jüngste Trend ist negativ, doch die Gesamtbilanz der ersten Saisonwochen bleibt positiv.

Von Alarmismus war am Mittwochabend in der Ballei noch nichts zu sehen und zu hören, wohl aber von Enttäuschung und Niedergeschlagenheit. Die deutliche 26:38 (15:20)-Niederlage gegen Borussia Dortmund hat Handball-Bundesligist Sport-Union Neckarsulm endgültig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Auf den Rausch rund um den besten Saisonstart der Vereinsgeschichte folgte der Kater, der sich zuletzt in 77 Gegentoren innerhalb von einer Woche niederschlug. „Jetzt gehst du in die Pause und bist frustriert“, sagte Trainer Thomas Zeitz nach dem blassen Auftritt gegen den BVB. Es gilt nun wieder nüchtern zu werden und den Kopf freizubekommen, während die Bundesliga zugunsten der Heim-Weltmeisterschaft pausiert.
Art und Weise der Niederlage ärgert Trainer und Spielerinnen
Die Partie gegen den Champions-League-Teilnehmer aus dem Ruhrgebiet zog am Mittwochabend an der Sport-Union über weite Strecken einfach nur vorbei; die tolle Kulisse von 1211 Zuschauern bekamen die Gastgeberinnen nie so richtig aus der Reserve gelockt. „Die Kulisse ist schon top, wir sind es noch nicht“, befand Zeitz.
Die spielfreie Zeit und der zweiwöchige Urlaub kommen für die Mannschaft zur richtigen Zeit. „Man kann gegen Dortmund auf jeden Fall verlieren, das ist gar keine Frage. Ob man aber mit zwölf Toren Differenz verlieren muss, ist die andere Frage“, räumte Alicia Soffel enttäuscht ein.

Kater-Wochen beginnen mit 20:29-Niederlage bei HSG Blomberg-Lippe
Die Niederlage mit zwölf Toren Differenz war der negative Höhepunkt der vergangenen Kater-Wochen, die Mitte Oktober mit einer Neun-Tore-Niederlage bei der HSG Blomberg-Lippe begonnen hatten. Anschließend verspielte die Sport-Union einen Neun-Tore-Vorsprung gegen Frisch Auf Göppingen, zog beim 29:28 jedoch in den Schlusssekunden noch den Kopf aus der Schlinge. Der Jubel über den späten Sieg täuschte aber darüber hinweg, dass schon da das Momentum verloren gegangen war. Gegen den VfL Oldenburg und bei der HSG Bensheim/Auerbach im Pokal unterlagen die Unterländerinnen dann anschließend mit sieben beziehungsweise acht Treffern Unterschied.
„Wir sind zu passiv und verlieren zu einfach die Zweikämpfe“, sagte Zeitz nach dem Duell mit dem BVB. Nicht die Niederlage an sich sei das Problem, sondern dass sich seine Mannschaft nicht angemessen dagegen gewehrt habe. Er selbst werde während der spielfreien Zeit auf Ursachenforschung gehen, kündigte der 51-Jährige an. „Denn das war ja mal anders: Es ist ja nicht so, dass wir die ersten acht Punkte in der Lotterie gewonnen haben. Wenn wir keine Zweikämpfe führen, werden wir die gleichen Probleme auch gegen schlechtere Mannschaften bekommen.“
Torhüter-Leistungen haben Neckarsulmer Abwehrschwächen kaschiert
Während des guten Saisonbeginns, der angesichts von nun 8:8 Punkten und Tabellenplatz fünf noch immer nachwirkt, hatte die Sport-Union einige enge Duelle für sich entschieden: Was sich damals als Tugend interpretieren ließ, könnte nun auch als fehlende Souveränität ausgelegt werden und charakterisiert damit recht treffend die Zwiegespaltenheit, in der Mannschaft und Umfeld stecken.
Dass gegen Dortmund zudem die beiden Torhüterinnen Lena Ivancok und Johanna Fossum mit zusammen nur sechs Paraden unter ihren Möglichkeiten blieben, legte die Defizite im Abwehrverhalten eklatant offen: „Lena hat Spiele gehabt, in denen sie zehn oder zwölf freie Bälle gehalten hat, was uns im Spiel hält – was den Blick aber auch ein bisschen verfälscht, denn freie Chancen für die Gegner gab es schon vorher. Aber du kannst dich nicht darauf verlassen, dass deine Torhüterin immer 18 Bälle hält, du musst auch abwehrmäßig etwas dafür tun. Und das machen wir momentan deutlich zu wenig“, resümierte Thomas Zeitz.
Klarer Fingerzeig in Richtung Angunn Gudmestad und Lynn Holtman
Angezählt fühlen durften sich am Mittwoch zudem zwei Rückraum-Akteurinnen. Angunn Gudmestad schaute 60 Minuten nur zu, obwohl die 24-Jährige mit ihrer Physis und ihrem kraftvollen Wurf durchaus eine Alternative hätte sein können. „Ich hatte das Gefühl, dass andere Konstellationen besser funktionieren“, erklärte Zeitz seine Entscheidung. „Ihre Trainingsleistung war so, dass ich es mit denen probierte habe, die im Training ein bisschen mehr performt haben.“ Es war bereits das zweite Mal nach dem Auftaktspiel gegen Bensheim, dass Zeitz mit der exakt gleichen Begründung auf die Norwegerin verzichtet hatte: ein Warnschuss.
Und auch Lynn Holtman dürfte, sollte, müsste sich während der Bundesliga-Pause Gedanken machen. Die Niederländerin laboriert derzeit an Beschwerden an der Patellasehne, kam aber auch zuvor so gut wie gar nicht zum Zug. Gedankenspiele über ein Zweitspielrecht gibt es weiterhin, bestätigt Zeitz. Doch die 21-Jährige habe im Sommer bleiben und sich durchbeißen wollen. „Prinzipiell muss sie aber eigentlich schauen, dass sie irgendwo hin geht, wo sie viel spielen kann. Aber Stand jetzt: schwierig.“
Selbiges galt in den zurückliegenden Wochen für das gesamte Team. Doch nach dem vielversprechenden Saisonstart bleibt immerhin zu konstatieren: Stand jetzt: noch im Soll.
Programm während der Bundesliga-Pause
Zwei Wochen Urlaub, eine davon mit „kleineren Hausaufgaben“ (Thomas Zeitz), haben die Spielerinnen der Sport-Union Neckarsulm, bevor das Mannschaftstraining am Donnerstag, 27. November, wieder aufgenommen werden wird. Vor der Bundesliga-Partie gegen die TuS Metzingen am 27. Dezember, 19.30 Uhr, in der Tübinger Paul-Horn-Arena sind ein gemeinsames Training mit der TG Nürtingen (7. Dezember) in der Nürtinger Theodor-Eisenlohr-Sporthalle sowie ein Testspiel in Truchtersheim gegen Strasbourg ATH (13. Dezember) jeweils unter Ausschluss der Öffentlichkeit geplant. Zugelassen sind Zuschauer hingegen beim Benefiz-Spiel für einen guten Zweck am Sonntag, 21. Dezember (14 Uhr), gegen die HSG Bensheim/Auerbach in der Sulmhalle.
Außerdem wird die Mannschaft im Rahmen der „Team Unterland“-Kooperation bei Heimspielen des VfR Heilbronn, den Heilbronner Falken und den TSG Heilbronn Reds vorbeischauen.
Kommentare öffnen





Stimme.de
Kommentare