Überraschung vor den Playdowns: Sport-Union holt Kamila Kordovská zurück in die Bundesliga
Der Neckarsulmer Bundesligist verpflichtet zur nächsten Saison mit der tschechischen Nationalspielerin eine weitere Rückraum-Spielerin. Trainer Thomas Zeitz erklärt die Idee dahinter und welche Auswirkungen das auf den Kader haben wird.

Handball-Bundesligist Sport-Union Neckarsulm hat am Freitagnachmittag überraschend die Verpflichtung einer weiteren Rückraum-Spielerin für die nächste Saison bekanntgegeben. Die im linken Rückraum beheimatete Kamila Kordovská wechselt nach drei Jahren beim französischen Erstligisten Handball Plan-de-Cuques ins Unterland und hat bei der Sport-Union einen Vertrag bis Ende Juni 2027 unterschrieben.
„Im Zuge der Kaderplanung haben wir noch eine Rückraum-Spielerin gesucht, die vorne und hinten variabel einsetzbar ist, aber auch eine gewisse Erfahrung mitbringt und vor allen Dingen mit der sportlichen Qualität sowie ihrem Charakter gut in unser Team passt“, erklärt Thomas Zeitz als Trainer und Sportlicher Leiter die Verpflichtung. „Wir bekommen dadurch in der Breite noch einmal richtig Qualität mit einer Spielerin, die ein gewisses Spielverständnis hat, Variabilität mitbringt und vor allem auch unser Konzept mitgehen will.“
Fünf Jahre Bundesliga-Erfahrung im Lipperland
Kamila Kordovská spielte bereits von 2017 bis 2022 in der Bundesliga bei der HSG Blomberg-Lippe und war dort unter anderem Teamkollegin von Neckarsulms Spielführerin Munia Smits. Die 99-malige A-Nationalspielerin Tschechiens hat in dieser Saison verletzungsbedingt allerdings nur elf Partien bestritten. „Ich nehme aus Frankreich viele Erfahrungen mit. Ich habe einen anderen Spielstil kennengelernt, neue Trainingsansätze im athletischen Bereich, eine weitere Sprache gelernt und eine neue Kultur erlebt. Körperlich geht es mir gut – und das ist für mich das Wichtigste. Verletzungen sind nie schön, aber man lernt dadurch viel. Ich bin geduldiger geworden und kann besser auf meinen Körper hören.“, sagt Kordovská über ihre Zeit in Frankreich.
Neckarsulm sieht sie nun als „spannende Herausforderung, die mir hilft, den nächsten Schritt zu machen. Ich komme mit dem klaren Ziel, dem Team wirklich zu helfen und meine gesammelten Erfahrungen einzubringen. Gleichzeitig freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit Thomas, das neue Umfeld und meine zukünftigen Mitspielerinnen“, betont die neue Nummer 14 der Sport-Union.
Voller Rückraum erhöht Konkurrenzkampf
Für Talent Lynn Holtman (20) dürften die Aussichten auf Spielzeit in Neckarsulm damit zumindest nicht gestiegen sein. Thomas Zeitz hat der Niederländerin jedoch zugesichert, sich in der Saisonvorbereitung in Neckarsulm präsentieren und empfehlen zu können. Ende August falle dann eine gemeinsame Entscheidung, ob sie bei der Sport-Union bleibt oder erneut mit einem Zweitspielrecht „verliehen“ wird, sagt der Trainer. Im Unterhaus empfahl sich die Spielmacherin zuletzt erneut: Für Zweitligist Bergischer HC traf Holtman am vergangenen Mittwoch bei der 25:29-Niederlage gegen Zeitz' Ex-Club 1. FSV Mainz 05 acht Mal.
Im Rückraum ist die Sport-Union nun in der nächsten Saison üppig besetzt. Zu Angunn Gudmestad (RL), Annefleur Bruggeman (RL/RM/KM), Munia Smits (RL), Lilli Holste (RR) und eben Spielmacherin Holtman gesellen sich die Neuzugänge Kamila Kordovská (RL), Alicia Soffel (RL) und Paulina Uścinowicz (RL). Zum einen sei dadurch, anders als in der laufenden Saison, ein vernünftiger Trainingsbetrieb gewährleistet. Zum anderen könne er besser auf mögliche Verletzungen und Ausfälle reagieren, sagt Zeitz.
Positionsbezeichnungen nur auf dem Papier: Zeitz will flexibel sein
Lilli Holste hat ihre Rückenprobleme gerade erst ausgestanden, doch ihre Vorwölbung der Bandscheibe wird die 23-Jährige auch in der nächsten Saison noch beschäftigen. Kamila Kordovská fehlte bei Handball Plan-de-Cuques bereits in dieser Saison über weite Strecken verletzt und Alicia Soffel ist bei der HSG Bensheim/Auerbach seit Wochen außen vor, weil sie noch an ihrem Innenbandriss im rechten Knie laboriert. Auch die schwere Knieverletzung von Munia Smits vor zwei Jahren ist bei den Verantwortlichen noch im Hinterkopf. Immerhin: Ihr vorzeitiges Ausscheiden im jüngsten Duell mit der HB Ludwigsburg bleibt wohl ohne langfristige Folgen. „Ich gehe davon aus, dass Munia am Montag wieder normal ins Training einsteigt“, sagt Thomas Zeitz.
Dass er in der nächsten Saison im linken über-, im rechten und zentralen Rückraum hingegen unterbesetzt sein wird, sieht der Trainer nicht als Problem. „Ich halte es im heutigen Handball ohnehin für totalen Schwachsinn, Rechtshänder nur links spielen zu lassen. Am Ende tauchen sie in den Angriffsspielzügen sowieso meist in der Mitte auf. Ich bin kein Freund dieser klaren Positionsbezeichnungen.“ Dass Gudmestad, Smits und Bruggeman flexibel einsetzbar seien, hätten zudem nicht zuletzt die vergangenen Wochen gezeigt. „Auch die drei Neuen sind drei komplett unterschiedliche Spielerinnen, die auch alle drei Abwehr spielen können.“ Kamila Kordovská agierte in Frankreich schon über die rechte Halbposition und zog in der Nationalmannschaft aus dem Zentrum die Fäden. Soffel spielte unter Thomas Zeitz während ihrer gemeinsamen Zeit in Mainz ebenfalls schon im Zentrum.
Positions-Casting in der Sommervorbereitung
Wer letztlich wo auflaufen wird, wird sich somit wohl erst während der Sommervorbereitung herauskristallisieren. Klar ist: Die Personalplanungen im Rückraum sind nun endgültig abgeschlossen. Eine positionsgetreue Alternative für Lilli Holste im rechten Rückraum gibt das Budget nicht mehr her. Anders sieht es auf der linken Außenbahn aus, auf der der inzwischen auch von ihrem neuen Verein SG Schozach-Bottwartal bestätigte Abschied von Rabea Pollakowski eine Lücke gerissen hat. Hier kann der Verein noch immer keinen Vollzug vermelden, obwohl es bereits Gespräche mit potenziellen Neuzugängen gegeben hat.
Bereits jetzt steht damit fest, dass es im Neckarsulmer Kader erneut mächtig Bewegung geben wird - ganz anders, als es sich Trainer und Verein gewünscht und vorgenommen hatten. „Aber manchmal spielt das Leben nun mal so“, sagt Thomas Zeitz.