Vier Jahre warten auf drei Tage Party
Bis zu 15.000 Besucher fallen in ein 180-Einwohner-Dorf ein: Das Eberbacher Gassenfest ist Kult in Hohenlohe. Die bislang letzte Auflage stand 2017 an, 2020 kam Corona. Doch auch ohne eine Krise ist es schwer, ein Festival zu organisieren.

25 Mal fand das Gassenfest schon statt. Wenn es 2021 zum 26. Mal stattfindet, haben die Fans der Großveranstaltung eine vierjährige Durststrecke hinter sich. Auch ohne Pandemie ist es nicht so leicht, eine solche Veranstaltung auf die Beine zu stellen, meint der 1. Vorsitzende der ausrichtenden Hüttenfreunde Eberbach, Rainer Baumann: "Die Bereitschaft schwindet, man muss etwas tun".
2018 pausierte das zweijährig stattfindende Fest wie geplant, nach und nach stellte sich dann heraus, dass immer mehr Aufgaben auf immer weniger Helfer zu verteilen waren. Im Januar 2019 zogen die Hüttenfreunde die Reißleine und verschoben das Festival auf das Corona-Jahr 2020 - doch an Großveranstaltungen ist heuer nicht zu denken.
Bei der Helfersuche spielte auch eine Rolle, dass viele Einheimische im 180-Seelen-Dorf Eberbach zusätzlich beim Kinderfest - wenige Wochen vor dem Gassenfest - im Nachbarort Buchendorf im Einsatz sind. Durch die Verschiebung auf das Jahr 2020 sollte ein neuer Turnus eingeführt werden, der jetzt schon wieder dahin ist.
Wünsche, dass Vereine die Stände betreiben
Wie kriegen 130 Vereinsmitglieder ein Festwochenende organisiert, bei dem bis zu 15.000 Besucher kommen und 35 bis 40 Bands und DJs auflegen? Natürlich ist der Verein der Hüttenfreude stark eingebunden. Von den eigenen Mitgliedern sind 30 "volle Kanne" eingebunden, fünf ziehen die Fäden im Organisationsteam. Zusätzlich sind die Hüttenfreunde auf Vereine aus den umliegenden Orten angewiesen.
Weil es aber so viele Veranstaltungen gibt, wo es auf Vereine ankommt, wird es schwieriger, helfende Hände zu finden. Die kollegiale Hilfe mache aber "das andere Flair" des Gassenfestes aus, meint Baumann. Gewerbliche Anbieter sehen die Eberbacher nicht gerne an ihrem Festwochenende, auch wenn sie immer mehr im Kommen sind. "Wo früher Vereine auf Festen bewirtet haben, stehen heute oft Foodtrucks von gastronomischen Anbietern", sagt Baumann.
Helfersuche ist auch beim Römersee-Festival ein Thema

Auch beim Römersee-Festival in Bad Rappenau mangelte es in den letzten Jahren an Helfern. Normalerweise findet es alle zwei Jahre statt, 2018 musste es aber ausfallen, das Risiko war zu groß, die Veranstaltung nicht stemmen zu können. Nach dem 35. und bisher letzten Festival 2019 pausiert das Römersee Open Air wie geplant dieses Jahr.
Das zweitägige Festival an der Villa Rustica zwischen Zimmerhof und Siegelsbach bietet nicht nur 30 Bands, sondern auch Literatur oder Kleinkunst. Das erste Mal fand es 1981 statt, seit dem Jahr 2000 ist der Römersee Kulturverein Ausrichter. Der Verein hat seit 2018 einem neuen Vorstand und erhofft sich dadurch neue Impulse.
Zurück nach Eberbach und der Zusammenarbeit der Vereine. "Ich finde es schön, wenn man sich kennt und beim zweiwöchigen Aufbau gegenseitig unterstützt", sagt Rainer Baumann. "Da versorgt man sich gegenseitig, ein Stand schenkt dem anderen Grillwürste und bekommt dafür was zu trinken". Der 36-Jährige hat selbst bereits im Alter von 16 Jahren seinen ersten Stand geleitet, er weiß wovon er spricht.
Am Maximum angekommen
Neben den Vereinen sind mit Rotem Kreuz, Feuerwehr und THW zwischen 400 und 500 Helfer im Einsatz, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. "Mittlerweile sind wir von den Besucherzahlen am Maximum", sagt der Verfahrensentwickler Baumann. Für 2021 ist geplant, das Gassenfest wieder mehr Richtung Dorf stattfinden zu lassen. Ursprünglich ist das Gassenfest ein Straßenfest, die Neuausrichtung soll für noch mehr Festivalcharakter sorgen. Außerdem spart man durch die kürzeren Strecken Zeit und Aufwand.
Mitorganisator Simon Wieland hatte die regelmäßig auftretenden Bands wie Me and the heat, FC Vollgas und die Jimmy Reiter Band für 2020 schon gebucht. Die Band Praxis hat für 2021 schon zugesagt, sie liefert mit "In Eberbach drei Tage wach" die inoffizielle Festhymne.
Für 2021 wünscht sich Baumann, dass die Euphorie, die durch die Verschiebung auf 2020 entstand, beibehalten werden kann. Das Fest, das 1983 entstand, um Geld für eine abgebrannte Grillhütte zu sammeln, soll noch möglichst lange viele Menschen begeistern.
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