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Was die Faszination eines Festivals für einen Dauergast ausmacht

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Hauke Leitsmann ist leidenschaftlicher Festivalgänger. Auch beim Blacksheep-Festival in Bonfeld ist Leitsmann Stammgast. Im Gespräch erzählt der 46-Jährige, was er an den Open-Air-Veranstaltungen so schätzt und wie er wegen Corona den festivalfreien Sommer verbringt.

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Welche Rolle Musik-Festivals in seinem Leben spielen? Hauke Leitsmann überlegt einige Sekunden, bevor er antwortet. "Ich möchte sie in meinem Leben nicht missen. Für mich sind das kleine Power-Pausen. Man geht hin und tankt irrsinnig Energie auf. Die Freude über das, was man dort erlebt, wirkt einige Wochen nach. Bis dann das nächste Festival kommt", sagt der 46-Jährige.

Leitsmann ist leidenschaftlicher Festivalgänger. Der gebürtige Hesse hat in seinem Leben schon 35 bis 40 Festivals besucht. "Von vielen kleineren weiß ich manchmal nicht mal mehr den Namen", sagt er und lacht. Im Gedächtnis geblieben sind ihm aber das Summer-Jam-Festival in Köln, das M'era Luna in Hildesheim und das Metal-Festival Summer Breeze im fränkischen Dinkelsbühl.

Das Blacksheep-Festival in Bonfeld hat es Leitsmann angetan

Auch das Blacksheep-Festival im Bad Rappenauer Teilort Bonfeld hat es Leitsmann angetan. Für ein Fanclub-Treffen der Mittelalter-Folkrock-Band Schandmaul verschlägt es Leitsmann zum ersten Mal zu Folk im Schlosshof, dem Vorgänger-Festival. "Das Programm und die Atmosphäre haben mich überzeugt und ich wurde Dauergast. Es ist ein bisschen wie meine zweite Heimat geworden."

Acht Mal besucht er Folk im Schlosshof, vom Blacksheep-Festival hat der 46-Jährige noch keine Ausgabe verpasst. Einen besonderen Stellenwert hat das Blacksheep auch wegen eines besonderen Moments. "Mit dem VW Bus meiner Eltern sind wir damals zu Rock im Schlosshof gefahren. Meine Frau fühlte sich nicht wohl, sie hatte einen Hitzschlag." Das Blacksheep-Team war hilfsbereit, rief sofort einen Krankenwagen. "Es war faszinierend, wie freundlich das Team war. Jeder hat gefragt, wie es ihr geht. Das war schon etwas Besonderes."

Hauke Leitsmann (links) beim Blacksheep-Festival mit BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken. Foto: privat
Hauke Leitsmann (links) beim Blacksheep-Festival mit BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken. Foto: privat

"Es ist eine Horizonterweiterung", versucht Leitsmann das besondere Gefühl eines Musik-Festivals in Worte zu fassen. "Man lernt immer neue Menschen kennen, entdeckt neue Bands, neues Essen und hat über mehrere Tage eine entspannte Gemeinschaft. Es ist ein Stück große, weite Welt, die zu einem in die Nähe kommt. Das ist ein Gefühl von Freiheit." Und natürlich spielt auch der Alkohol eine kleine, aber nicht unwesentliche Rolle. "Früher waren es viele Mischgetränke, heute ist es eher Bier".

Wichtig ist für Leitsmann auch das Drumherum, das Rahmenprogramm, die Erlebnisse auf dem Campingplatz. "Ich bin eher Purist und komme mit wenig auf einem Festival aus. Ich brauche nur das Nötigste, wichtig sind frische Wäsche am Morgen und Hygieneartikel." 

Die festivalfreie Zeit nutzt Hauke Leitsmann für andere Projekte

Hauke Leitsmann arbeitet hauptberuflich als Goldschmied und ist nebenher als Lohnarbeiter auf Festivals tätig. "Ich habe das Hobby zum Beruf gemacht." In diesem Jahr kann Leitsmann aufgrund der Corona-Pandemie keine Festivals besuchen. "Es ist schon hart. Mir fehlt der Trubel, die Nähe, das Gefühl, eine Menschenmenge unbefangen genießen zu können. Das unbeschwerte Zusammensein", sagt Leitsmann mit Blick auf die Abstandsregelungen. "Und da ich auf Festivals auch arbeite, fehlt in diesem Jahr auch eine Menge Geld."

Die festivalfreie Zeit investiert er jetzt in andere Projekte: Wohnzimmer, Flur und Badezimmer hat Leitsmann, der inzwischen mit seiner Familie im Sauerland lebt, schon renoviert. "Schlafzimmer und Küche stehen noch auf dem Plan. Jetzt wird alles erledigt, was ansonsten liegen bleibt. Und man hat mehr Zeit für die Familie", sagt der zweifache Familienvater. Seine beiden Kinder sind neun und zwölf Jahre alt.

Wann er sie auf ein Festival gehen lassen würde? "Nicht vor 15, aber da bin ich auch ein wenig übervorsichtig. Für Kinder ist es meistens zu laut, da hätte ich als Vater keine ruhige Minute", sagt Leitsmann, für den ein Festival aber keine Frage des Alters ist. "Man trifft so viele interessante Menschen. Nach oben hin gibt es keine Altersgrenze."

"Festivals sind eine Horizonterweiterung", sagt Hauke Leitsmann. Foto: privat
"Festivals sind eine Horizonterweiterung", sagt Hauke Leitsmann. Foto: privat

Obwohl der 46-Jährige erfahrener Festivalgänger ist, stehen noch einige bekannte Veranstaltungen auf seiner Wunschliste: das Roskilde-Festival in Dänemark, das Glastonbury im Südwesten Englands, das berühmt-berüchtigte Burning Man-Festival im US-Bundesstaat Nevada und die wohl bekannteste Metalinstitution der Welt, das Wacken-Festival in Schleswig-Holstein. "Das ist aber natürlich auch immer eine Frage der Zeit und des Geldes", sagt Leitsmann, der nach eigenen Angaben für Festivalkarten und Lebensmittelkosten "ein paar hundert Euro" im Jahr ausgibt.

Der Auftritt von Passenger hat Leitsmann fasziniert

Beim Thema Musikgeschmack will sich Leitsmann nicht festlegen. "Ich mag klassischen Rock von den Rolling Stones oder AC/DC, es darf aber auch gerne mal etwas härter sein. Mir gefällt aber auch Reggae oder Weltmusik." Wichtig sei, dass die Musik handgemacht ist. "Wenn Musiker Herzblut reinstecken."

Deshalb verwundert auch sein Lieblings-Auftritt beim Blacksheep-Festival nicht. "Das Konzert von Passenger. Ein Mann, eine Gitarre. Man stand vor der Bühne und war fasziniert", sagt Leitsmann über den Auftritt des Briten, der 2018 in Bonfeld auf der Bühne stand.

Doch wie geht es weiter? Gibt es 2021 wieder einen normalen Festivalsommer? Hauke Leitsmann ist skeptisch. "Wenn man sich aktuell die Infektionszahlen anschaut, sieht es nicht danach aus. Vielleicht, wenn wir Glück haben und es einen Impfstoff gibt." Was wohl bleiben wird, ist die Frage nach dem Sicherheitsgefühl. Traut man sich wieder wie gewohnt auf Veranstaltungen mit mehreren Tausend Besuchern? "Das mulmige Gefühl wird noch eine Weile bleiben, ein fader Beigeschmack. Hoffen wir, dass das bald vorbei ist."

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