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Von Umzug bis Neubau: Wie die Handball-Bundesligisten mit den neuen HBF-Auflagen umgehen

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Während die Sport-Union Neckarsulm die durch den Grundlagenvertrag der HBF steigenden Anforderungen an die Sportstätte gemeinsam mit der Stadt in einem Kraftakt zu stemmen versucht, ist die Situation an anderen Bundesliga-Standorten weit weniger erbaulich. Ein Überblick.

Die EWE-Arena in Oldenburg hat sich bereits bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2017 als Spielstätte bewährt.  Mit einem Zuschauerschnitt von 2179 Besuchern pro Spiel hat der VfL Oldenburg nach Frisch Auf Göppingen den zweithöchsten Zuschauerschnitt aller Frauen-Bundesligisten.
Die EWE-Arena in Oldenburg hat sich bereits bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2017 als Spielstätte bewährt. Mit einem Zuschauerschnitt von 2179 Besuchern pro Spiel hat der VfL Oldenburg nach Frisch Auf Göppingen den zweithöchsten Zuschauerschnitt aller Frauen-Bundesligisten.  Foto: Carmen Jaspersen (dpa)

Mit der Bündelung aller (finanziellen) Kräfte bei Verein, Stadt und Ehrenamtlern wird Handball-Bundesligist Sport-Union Neckarsulm auch in der nächsten Saison seine Heimspiele in der Neckarsulmer Ballei austragen. Der Grundlagenvertrag der Handball Bundesliga Frauen (HBF) macht diverse Änderungen in der und um die Spielstätte nötig. Einen Umzug oder Spielstättenwechsel hat der Verein allen Hürden zum Trotz jedoch kategorisch ausgeschlossen.

„Bei der Organisation und den infrastrukturellen Themen war die Stadt Neckarsulm super hilfsbereit“, erklärt Sport-Union-Geschäftsführer Hannes Diller, warum sich der Verein an die Umrüstung der Ballei gewagt hat. An anderen Bundesliga-Standorten sieht die Situation anders aus. Vor allem in Dortmund, Blomberg und Bensheim sind noch viele Fragen offen.


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Ein Bekenntnis zur Heimatstadt: Sport-Union Neckarsulm bleibt Ballei treu


Die „Sorgenkinder“: Borussia Dortmund, HSG Blomberg-Lippe und HSG Bensheim/Auerbach

Borussia Dortmund

Borussia Dortmund sucht händeringend nach einer Alternative zu der in die Jahre gekommenen Sporthalle Wellinghofen. Diese fasst zwar die erforderlichen 1500 Zuschauer, hat jedoch nur eine Längstribüne. Für Highlight-Spiele oder im Europapokal ist der BVB in der Vergangenheit entweder innerhalb der Stadtgrenzen in die Westfalenhalle (10.786 Zuschauer) oder die Helmut-Körnig-Halle (4500 Zuschauer) oder aber in die Westpress Arena nach Hamm (2650 Zuschauer) umgezogen. Auch die Uni-Halle Wuppertal (4100 Zuschauer) könnte theoretisch eine Alternative sein. Ein dauerhafter Wechsel in eine der drei Spielstätten wäre jedoch finanziell wie terminlich kaum realisierbar.

Daher war bereits sogar eine temporär errichtete Leichtbau-Halle als Provisorium im Gespräch, bis 2029 unweit des bekannten Dortmunder U-Turms eine neue Sporthalle für 3500 Zuschauer fertiggestellt sein soll. Projektiert ist das Vorhaben bereits, begonnen haben die Bauarbeiten dafür allerdings noch nicht. „Meine Haare werden immer weniger; das kostet schon Zeit und Nerven“, sagte der glatzköpfige Dortmunder Handball-Abteilungsleiter Rupert Thiele jüngst im Rahmen eines Heimspiels über die unsichere Hallen-Zukunft. „Wir müssen auch langsam zu Potte kommen, wie man bei uns im Ruhrgebiet sagt, damit es eine Entscheidung gibt. Ich kriege langsam wirklich Schweißperlen auf der Stirn, ob das bis Ende 2029 noch etwas wird.“

HSG Blomberg-Lippe

Die HSG Blomberg-Lippe hat als Hauptrunden-Dritte bislang eine starke Bundesliga-Saison gespielt. Wo im Lipperland zukünftig Spitzen-Handball geboten wird, ist allerdings zumindest noch fraglich. Die 2013 grundlegend umgebaute und sanierte Sporthalle an der Ulmenallee hat zwar zwei Längstribünen, doch die Gesamtkapazität der Halle (rund 1300 Zuschauer) ist aufgrund der kleinen Gegengerade eigentlich zu gering. In der Vergangenheit war die Phoenix Contact Arena in Lemgo (4834 Zuschauer) erste Alternative der HSG. Dort spielt aber für gewöhnlich Männer-Bundesligist TBV Lemgo. Möglicherweise könnte der Verein mit einer Auf- oder Umrüstung der Halle an der Ulmenallee die HBF-Anforderungen knapp erfüllen.

HSG Bensheim/Auerbach

Wie schon in diesem Jahr im Europapokal könnte die HSG Bensheim/Auerbach aufgrund einer fehlenden zweiten Längstribüne in der Weststadthalle (1990 Zuschauer) auch künftig nach Bayern in die Elsenfelder Untermainhalle ausweichen. Die 2518 Zuschauer fassende Spielstätte des TV Großwallstadt ist allerdings eine Auto-Stunde von der Weststadthalle entfernt und finanziell ein immenses Zuschussgeschäft. Von rund 20.000 Euro Fixkosten pro Heimspiel ist die Rede. Falls die Zuschauerzahlen beim finanziell ohnehin nicht (mehr) auf Rosen gebetteten Club nicht stimmen, wird ein Umzug schnell ein teures Zuschussgeschäft.


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Mehr Kameras, mehr Auswahl, mehr Geld und ein Mehrwert für die Sport-Union Neckarsulm


Die „Umzieher“: HB Ludwigsburg, TuS Metzingen, BSV Sachsen Zwickau

HB Ludwigsburg

Keine HBF-taugliche Halle hatte auch die Mannschaft der SG BBM Bietigheim, die sich der Problematik aber durch ihren Vereinswechsel zur HB Ludwigsburg vorzeitig entledigt hat. Statt in der 1300 Zuschauer fassenden Viadukthalle mit ihrer Glasbaustein-Fassade spielt der amtierende Meister inzwischen in der MHPArena Ludwigsburg. Der Umzug in die Mehrzweckhalle (Kapazität: 3700 Zuschauer) war auch mit einem deutlichen Anstieg der Zuschauerzahlen verbunden. 1666 Fans sahen die Ludwigsburger Bundesliga-Heimspiele in der Hauptrunde im Schnitt − und dabei elf Siege in elf Spielen.

Für Dortmunds Abteilungsleiter Rupert Thiele kommt ein dauerhafter Umzug der Borussia, selbst für drei oder vier Jahre, in eine andere Stadt nicht in Frage. „Ich komme aus der Getränkebranche. Da sagt man, Bier braucht Heimat. Und so ist es auch im Sport – ein Verein braucht Heimat“, sagte er im vergangenen Jahr der „Bietigheimer Zeitung“. Ebenso alternativlos ist demnach ein Umzug für die HSG Bensheim/Auerbach: „Wenn ich das in Bensheim machen würde, wäre Feuer unter dem Dach“, sagte Geschäftsführer Michael Geil. „Bei uns ist das wesentlich emotionaler, weil wir Gründungsmitglied der Handball-Bundesliga der Frauen sind.“

TuS Metzingen

Die TuS Metzingen zieht aus der Metzinger Öschhalle, die unter anderem aufgrund einer fehlenden zweiten Längstribüne nur knapp über 1000 Sitzplätze hat, künftig dauerhaft in die Paul-Horn-Arena nach Tübingen um. Nicht ohne ein gewisses finanzielles Risiko. Mahnendes Beispiel sind die Männer des TV Neuhausen, die 2012/2013 in Tübingen Bundesliga-Handball spielten, aber nur selten einen gewinnbringenden Hallenbetrieb gewährleisten konnten und später in die Insolvenz rutschten.

„Letztendlich ist ein Umzug alternativlos, wenn wir weiterhin in der Bundesliga spielen wollen“, sagte Metzingens Geschäftsführer Ferenc Rott zu der Entscheidung. „Wir stehen und standen mit der Stadt Metzingen immer in einem sehr guten Dialog um gemeinsam Möglichkeiten zu erarbeiten und zu präsentieren, dass auch in der Öschhalle weiterhin Erstliga-Handball möglich ist. Die Stadt Metzingen ist bereit gewesen beispielsweise in LED-Banden zu investieren, doch auch damit wären maximal noch zehn Spiele in der kommenden Saison möglich. Die Kosten dazu stehen in keinem Verhältnis, da aufgrund der weitergehenden Auflagen spätestens in der Saison 2026/2027 keine Heimspiele in der Öschhalle mehr ausgetragen werden können“, sagt Rott.

BSV Sachsen Zwickau

Etwas anders gelagert ist die Situation in Zwickau. Dort scheint die sportliche Zukunft des BSV Sachsen allein vom Rat der Stadt Zwickau abzuhängen. Der BSV spielt schon seit dieser Saison notgedrungen in der Zwickauer Stadthalle (3784 Zuschauer), weil die angestammte Sporthalle Neuplanitz (bisher mit einer Kapazität von 900 Zuschauern und nur einer Längstribüne) bis zur Saison 2028/2029 neu gebaut wird. Doch die Mietkosten für die Nutzung der Stadthalle sind immens: 217.000 Euro wollte die Stadt Zwickau eigentlich zuschießen, damit der BSV den Umzug stemmen kann.

Der Stadtrat und sein Finanzausschuss haben das Geld jedoch trotz zweier Beratungen noch nicht freigegeben, wie die „Freie Presse“ berichtet. Die Begründung: Aufgrund des Umzugs in die größere Halle und der damit verbundenen gestiegenen Zuschauerzahlen und Einnahmen, könne der BSV auch einen größeren Anteil an der Hallenpacht übernehmen; der städtische Zuschuss könne somit geringer ausfallen. 

„Es geht um den Zuschuss für die neue Saison, die aktuelle Spielzeit ist nicht betroffen. Allerdings müssen wir auch ganz klar sagen: Kommt die Unterstützung der Stadt nicht, dann wäre das für den gesamten Verein existenzgefährdend“, wird BSV-Schatzmeister Detlev Kaiser in der „Freien Presse“ zitiert. Ohne Unterstützung der Stadt kann sich der Verein die Miete für die Spielstätte nicht leisten. Auch hier gilt als Aufwand für die Umrüstung der Multifunktionshalle der Richtwert von rund 20.000 Euro pro Heimspiel.


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Sport-Union und Frauen-Bundesliga haben Zukunft fest im Blick


Die „Sorgenfreien“: Thüringer HC, VfL Oldenburg, Frisch Auf Göppingen und Bayer 04 Leverkusen

Keinerlei (Hallen-)Sorgen haben der VfL Oldenburg, Frisch Auf Göppingen und Bayer 04 Leverkusen. Der VfL hat mit Kleiner EWE-Arena (2300 Zuschauer) und Großer EWE-Arena (5532 Zuschauer) in der eigenen Stadt gleich zwei bundesligataugliche Spielstätten nebeneinander.

In der Göppinger EWS-Arena spielen auch die Bundesliga-Männer von Frisch Auf. Die 1967 eröffnete Spielstätte mit der niedrigen Decke erfüllt mit ihrer Kapazität von 5506 Zuschauern, VIP-Logen und separaten Presseplätzen die Anforderungen ohne Probleme.

Die Göppinger EWS-Arena war schon zu Zweitliga-Zeiten der Frisch-Auf-Frauen die bestbesuchte Frauen-Handball-Spielstätte der Republik. Auch in der abgelaufenen Bundesliga-Hauptrunde strömten die meisten Fans in die ehemalige Hohenstaufenhalle.
Die Göppinger EWS-Arena war schon zu Zweitliga-Zeiten der Frisch-Auf-Frauen die bestbesuchte Frauen-Handball-Spielstätte der Republik. Auch in der abgelaufenen Bundesliga-Hauptrunde strömten die meisten Fans in die ehemalige Hohenstaufenhalle.  Foto: Tom Weller (dpa)

Auch die Ostermann-Arena an der Leverkusener Bismarckstraße ist bei 3500 Zuschauerplätzen vollumfänglich bundesligatauglich. Die Leistungen der „Werkselfen“ waren es in dieser Saison nicht immer. In welcher Liga in der als Rundsporthalle gebauten Arena der Stadt Leverkusen künftig Handball gespielt wird, hängt wohl nicht nur vom Ausgang der Playdowns ab.

Die Atmosphäre in der Salza-Halle im thüringischen Bad Langensalza war in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Nach ihrer Renovierung 2020 fasst die Spielstätte des Thüringer HC jedoch 2000 Zuschauer (vorher 1100 Zuschauer) und erfüllt auch alle weiteren Auflagen aus dem HBF-Grundlagenvertrag. Mit rund 9,5 Millionen Euro hatte das Land Thüringen den Umbau seinerzeit bezuschusst.

Sonderfall Buxtehuder SV

Ein neues Zuhause hat ab Sommer auch der Buxtehuder SV, der seine Heimspiele künftig in einer neu erbauten Halle Nord austragen wird. Der Neubau für 1500 Zuschauer erfüllt die HBF-Anforderungen wohl – wenn auch nur minimal.

„Die Zweitligisten“: SV Union Halle-Neustadt und HC Leipzig

Ein echtes Schmuckkästchen hat der SV Union Halle-Neustadt. Die Fans der Sport-Union Neckarsulm werden sich gerne an den Samstagabend im Mai 2023 erinnern, an dem sich ihre Mannschaft mit einem Sieg in der SWH.arena den Klassenerhalt sicherte. Das Problem: Die 2014 eröffnete Ballsport-Halle fasst bei zwei Längstribünen insgesamt nur 1200 Zuschauer und wäre damit auf lange Sicht zu klein, sollte der derzeitige Zweitliga-Tabellenführer am Saisonende aufsteigen. Trotz sechs Millionen Euro Baukosten und dem finanziellen Engagement der Stadtwerke Halle wären Nachbesserungen nötig.

Die Arena Leipzig, aufgrund eines Namenssponsorings derzeit Quarterback Immobilien Arena, ist Erstliga-Handball gewohnt. Die Frauen des HC Leipzig trugen dort in der Vergangenheit ebenso Partien aus wie derzeit die Männer des SC DHfK Leipzig.
Die Arena Leipzig, aufgrund eines Namenssponsorings derzeit Quarterback Immobilien Arena, ist Erstliga-Handball gewohnt. Die Frauen des HC Leipzig trugen dort in der Vergangenheit ebenso Partien aus wie derzeit die Männer des SC DHfK Leipzig.  Foto: Jan Woitas (dpa)

Auch der HC Leipzig als Tabellenzweiter der 2. Bundesliga ist auf eine Alternative angewiesen, denn die Sporthalle Brüderstraße ist mit einer Kapazität von etwa 1000 Zuschauern definitiv zu klein. In der Sportstadt Leipzig bietet sich dem ehemaligen Schwergewicht des deutschen Frauen-Handballs allerdings die Arena Leipzig (8000 Plätze) als einwandfreie Ausweichspielstätte. Dort hat der HCL bereits in der Vergangenheit Bundesliga- und Europapokal-Spiele ausgetragen. Die Halle war zudem Schauplatz von Frauen-WM, HBL All-Star Games und diversen anderen (internationalen) Sportveranstaltungen.


Hallenstandards ab der Saison 2025/2026

Kapazität: Mindestens 1500 Zuschauer

Sitzplätze: Mindestens 1125 Sitzplätze (= 75 Prozent der Mindestkapazität)

Tribünen: Vorgeschrieben sind zwei Längstribünen mit jeweils mindestens fünf Reihen

Infrastruktur: Auf mindestens einer Längsseite des Spielfeldes muss über 40 Meter eine LED-Werbebande stehen; außerdem ist eine Videowand vorgeschrieben

Boden: Ein spezieller (blauer) Handball-Boden mit Aufklebern, die den Namen der Stadt und das Logo des Vereins darstellen, ist erforderlich

Zuschauer: Jeder Bundesligist muss ein elektronisches Ticketing-System und einen VIP-Bereich mit einer entsprechenden Bewirtung anbieten


Übergangsregelung für die Saison 2025/2026

Jene Vereine, die mit ihrer Spielstätte die neuen Hallen-Anforderungen in dieser Spielzeit noch nicht erfüllen, haben von der HBF eine Übergangsphase von einem Jahr gewährt bekommen. Zumindest Borussia Dortmund und die HSG Bensheim/Auerbach könnten mit ihren aktuellen Hallen die Anforderungen der Übergangssaison erfüllen, weil es in der Sporthalle Wellinghofen und der Weststadthalle bei einer Kapazität von 1200 Zuschauern oder mehr mindestens 900 (= 75 Prozent) Sitzplätze gibt.

Weiterhin genügt im Übergangsjahr eine Längstribüne. Allerdings müssen auch diese Vereine alle K.o.-Spiele der Playoffs/Playdowns und mindestens ein Heimspiel der Bundesliga-Hauptrunde in einer Halle austragen, die bereits 2025/2026 alle Anforderungen der HBF erfüllt.

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