Ein Bekenntnis zur Heimatstadt: Sport-Union Neckarsulm bleibt Ballei treu
Neckarsulmer Bundesligist steht vor einem finanziellen Kraftakt: Der Grundlagenvertrag der HBF macht Änderungen in der Ballei nötig. Einen Umzug oder Spielstättenwechsel hat der Verein allerdings ausgeschlossen.

Wenn in der Ballei-Sporthalle bei Bundesliga-Spielen der Sport-Union ein Tor für die Neckarsulmer Handballerinnen fällt, dann flackert für gewöhnlich Blaues Licht aus den Hallen-Ecken. Spezielle Scheinwerfer sorgen für den leuchtenden Effekt in einer der beiden Vereinsfarben, der zu Stimmung und Atmosphäre in der Halle beitragen soll. Jüngst bekam der Verein allerdings grünes Licht – und zwar nicht aus den Ecken der Ballei, sondern aus dem Rathaus. Denn die Stadt segnete das neue Heimspielkonzept des Bundesligisten ab, wie Vorstandsmitglied Bernd Dollmann sichtlich erfreut vermeldete.
Nötig gemacht haben dieses Konzept die zur Spielzeit 2025/2026 steigenden Auflagen der Handball Bundesliga Frauen (HBF), zu denen sich die Erst- und Zweitligisten 2022 mit ihrer Zustimmung zum Grundlagenvertrag der HBF mehrheitlich bekannt haben. Ziel der Maßnahmen ist ein höherer Professionalisierungsgrad in der Spitze des Frauen-Handballs. Die wichtigsten Veränderungen betreffen dabei zur nächsten Saison die Spielstätten der Erstligisten. So muss ein Verein etwa einen gesonderten VIP-Bereich mit Bewirtung ausweisen, ein elektronisches Ticketing-System anbieten und in der Halle über einen speziellen Handball-Boden und eine Videowand verfügen. All diese Anforderungen erfüllt die Sport-Union bereits sehr mehreren Jahren.
Zu wenige Sitzplätze: Ballei muss aufgerüstet werden
Hinzu kommen nun allerdings neue Vorgaben zur Hallenkapazität. Diese muss künftig mindestens 1500 Zuschauer betragen, wobei davon mindestens 1125 (75 Prozent) Sitzplätze sein müssen. Zudem sind in einer HBF-Sportstätte zwei Längstribünen mit jeweils mindestens fünf Reihen und die Nutzung einer digitalen Werbebande vorgeschrieben. Vor allem die 1125 Sitzplätze bereiteten der Sport-Union Sorgen; auf eine Gesamtkapazität von 1500 Zuschauer war der Bundesligist nur durch eine hohe Anzahl von Stehplätzen gekommen.
„Wir hatten eindeutig zu wenige Sitzplätze und keinen Platz für die LED-Bande“, berichtet Hannes Diller, der als Geschäftsführer in alle Planungsschritte involviert war, über die erste Bestandsaufnahme. Gemeinsam mit der Stadt Neckarsulm hat die Sport-Union daher ein neues Konzept entwickelt, das zuvorderst die dauerhafte Rückkehr der zuletzt im Februar gegen Frisch Auf Göppingen genutzten mobilen Sitzplatzränge als Unterrang der Audi-Tribüne vorsieht. Weil diese zudem verbreitert werden, erfüllt der Verein künftig die Sitzplatzvorgaben der Liga. Vor dieser Zusatztribüne wird die notwendige, 40 Meter lange LED-Werbebande aufgestellt.
130.000 Euro Zusatzkosten für Tribüne und Werbebande
„Bei der Organisation und den infrastrukturellen Themen war die Stadt super hilfsbereit, die Mehrkosten bleiben aber natürlich an der Sport-Union hängen“, sagt Diller. Konkret beläuft sich die Anschaffung der LED-Bande auf rund 90.000 Euro, weitere 40.000 Euro kommen für die Erweiterung der Tribüne hinzu. Weil Lagerung, Anlieferung, Auf- und Abbau nicht mehr nur von ehrenamtlichen Helfern gestemmt werden könnten, fielen pro Spieltag zusätzliche Kosten für ein Helfer-Team eines externen Dienstleisters von rund 1500 Euro an.
Geld, dass der Verein bei einem Spieltagsumsatz aus dem Ticketverkauf von weniger als 10.000 Euro erst einmal erwirtschaften muss. Angesichts von Freikarten und Sponsoren-Tickets dürfte alles unter einer Hallen-Auslastung von 90 Prozent, was 1350 Zuschauern entspricht, für die Sport-Union an einem Spieltag zukünftig zu roten Zahlen führen.
„Hier oder gar nicht“: Sport-Union bekennt sich zur Ballei
Für die Anschaffung der Bande, die der Verein nicht allein aus seinen liquiden Mitteln finanzieren kann, sollen in Teilen Fördertöpfe vom Land genutzt werden. „Die Finanzierung werden wir hinkriegen, es muss nur gut überlegt und geplant sein“, versichert Geschäftsführer Diller. „Wir hatten auch die Überlegung, ob wir irgendwohin umziehen und eine andere Spielstätte finden. Aber das ist eigentlich nicht unser Ding“, sagt der 26-Jährige. Der Verein wollte bewusst ein Bekenntnis zu Stadt und Ballei abgeben. „Hier oder gar nicht“, sei im Führungsgremium das einhellige Motto gewesen.
Die Tribünenverbreiterung und die sich dadurch verändernden (Flucht-)Wege-Vorschriften machen jedoch einen Umzug der Spielerbänke und des Kampfgerichtes an den Fuß der Foyer-Tribüne nötig. Auch TV-Kameras und das Scouting werden ab nächster Saison auf der Seite des „Blaue Wand“-Fanblocks positioniert werden, damit sich die neue Werbebande stets im Sichtfeld der Hauptkamera(s) befindet.
Logistischer Aufwand bindet nicht nur den Verein
Die mobile Tribüne und die LED-Bande werden in zwei Containern in einer Außenstelle des Bauhofes gelagert. Mit der Feuerwehr führt der Verein Gespräche rund um die Anlieferung dieser Container am Freitag vor den Heimspielen und den Abtransport am Montag danach. Dafür brauche es aber vor der Halle auch noch einen zweiten Stellplatz. „Das ist schon ein riesiger logistischer Aufwand, der dahinter steht“, fasst Diller die immensen Vor- und Nacharbeiten eines 60-minütigen Bundesliga-Spiels zusammen. „Die Grundidee hinter diesen Vorgaben ist sehr gut, weil es eine Weiterentwicklung geben muss“, sagt er. „Ich hätte mir dabei aber individuelle Ziele gewünscht, damit man den Vereinen Chancen gibt, sich zu entwickeln.“
Immerhin haben Sport-Union und Stadt die Zukunft der Ballei als Bundesliga-Spielstätte nun frühzeitig gesichert. „Aber wir können und müssen im Marketing noch besser werden und jetzt schauen, dass wir die Leute auch in die Halle bekommen“, sagt Hannes Diller.