Handball-Bezirksvorsitzender Fritz Bernhardt: „Wir wollen die Spitze breiter machen“
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Seit Juli ist Fritz Bernhardt Vorsitzender des noch jungen Handballbezirks Neckar-Franken. Im Interview spricht der 66-Jährige über seine ersten Monate im Amt, die Herausforderungen der Verbandsfusion und seine Ziele für die nächsten vier Jahre.
Der Breitensport (hier mit Rotsünder Stephan Kilpper und der HSG Lauffen-Neipperg in der Landesliga) und das Schiedsrichterwesen sollen zu zwei zentralen Themen während Fritz Bernhardts vierjähriger Amtszeit werden.
Foto: Lina Bihr
Aus Heilbronn-Franken wurde der Bezirk Neckar-Franken, der sich nun von Tauberbischofsheim bis Ludwigsburg und von Bad Rappenau bis Crailsheim erstreckt. An dessen Spitze steht seit Juni als Wunschnachfolger Nitsches Fritz Bernhardt aus Schwäbisch Hall. Im Interview spricht der 66-Jährige unter anderem über die Pläne und Herausforderungen für seine vierjährige Amtszeit sowie die Probleme im Nachwuchsbereich.
Herr Bernhardt, zum Einstieg ganz allgemein gefragt: Wie war Ihr erstes halbes Jahr im neuen Amt?
Fritz Bernhardt: Es war viel Neuland, weil ich ja eigentlich eher einer bin, der als Trainer, Betreuer und Abteilungsverantwortlicher viel in der Halle steht. Da bringt natürlich eine Verbands- und Bezirksarbeit viel Neues mit sich. Dazu hat gerade die Fusion (der drei Handball-Teilverbände in Baden-Württemberg, Anm. d. Red.) viele strukturelle und personelle Veränderungen gebracht. Da ist noch sehr, sehr viel zu tun und vielleicht bin ich auch froh, dass ich das vorher nicht wusste (lacht).
Die Aufgabe hat sich also trotz vorangegangener Einarbeitung anders dargestellt als Sie es erwartet hatten?
Bernhardt: Komplett anders. Zum Beispiel weil die ganzen Aufgaben, die vom Verband zentral übernommen werden sollten, von diesem gar nicht so zu stemmen sind, wie es geplant war. Man braucht das Ehrenamt deshalb weiterhin. Das hat sich aber teilweise zurückgezogen, gerade in Heilbronn-Franken, so dass der Großteil der Mitarbeiter inzwischen aus dem Ludwigsburger Raum kommt. Das muss sich also alles weiterhin zusammenfinden.
Man hört von den Vereinen in der Region immer wieder, die wichtigen Positionen im Bezirk seien zu Enz-Murr-Lastig besetzt...
Bernhardt: Es gab für zwei Ämter Abstimmungen, ansonsten fehlen uns eher ehrenamtliche Unterstützer – gerade aus dem alten Bezirk Heilbronn-Franken.
In welchem Zustand haben Sie den Bezirk nach Ihrer Amtsübernahme vorgefunden?
Bernhardt: Es gibt schon tolle Vereine in dem Bezirk. Aus der Ludwigsburger Ecke sind zum Beispiel die SG BBM Bietigheim und der SV Kornwestheim dazugekommen und auch Vereine wie die Sport-Union Neckarsulm, der TSB Horkheim oder der TSV Weinsberg aus Heilbronn-Franken brauchen sich nicht zu verstecken. Aber es ist ein sehr großer Bezirk, der von den Strukturen her sehr unterschiedlich ist und auch kleine Vereine, wie zum Beispiel aus Hardthausen, Buchen oder Tauberbischofsheim, hat, die man ein bisschen an die anderen heranführen muss.
Zur Person
Zum Handball gekommen ist Fritz Bernhardt (66) erst als 17-Jähriger. Nach einer Verletzung machte er schon früh eine Trainerausbildung und trainierte unter anderem 1990 die Verbandsliga-Männer der TSG Schwäbisch Hall. Später brachte der Key Account Manager im Ruhestand beim Hohenloher Verein dem Nachwuchs das Handballspielen bei und ist seit über zehn Jahren zudem Abteilungsleiter bei der TSG. Seit dem 1. Juli ist er als Nachfolger von Heinz Nitsche Vorsitzender des Handball-Bezirks Neckar-Franken.
Gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit machte die Insolvenz der Ludwigsburger Bundesliga-Handballerinnen Schlagzeilen. Die HB Ludwigsburg fällt als Teil des neuen Bezirks auch in Ihre „Verantwortung“. Wie hat sich das ausgewirkt?
Bernhardt: Gar nicht. Das war ein reines Ludwigsburger Thema. Aber es ist natürlich für uns als Bezirk schade, dass ein solches Aushängeschild wegbricht. Nach der Verbandsfusion gab es im Bezirk drei Bundesligisten (SG BBM Bietigheim, HB Ludwigsburg und Sport-Union Neckarsulm, Anm. d. Red.). Seit ich das Amt übernommen habe, gibt es nur noch einen... (lacht) Und Vereine wie die in Bietigheim und Neckarsulm sind ohnehin so strukturiert, dass sie nicht so viel Unterstützung vom Bezirk brauchen.
Sind Sie oder der Bezirk bei Zukunftsfragen rund um die Ludwigsburger Handballerinnen eingebunden?
Bernhardt: Nein, gar nicht. Man überlegt, wie es weitergeht, denn es gibt bei der HB Ludwigsburg ja eine starke Fokussierung auf die Jugend. Aber alles weitere wäre nur Spekulation.
Mit der SG Schozach-Bottwartal ist vor Kurzem ein weiterer größerer Verein aus dem Bezirk in Schieflage geraten. Gibt es bei diesem Thema vom Bezirks Unterstützung?
Bernhardt: Ich bekomme auch nur das mit, was in der Presse steht oder was mir Leute erzählen, die ja aber sowieso schon immer wussten, warum das so gekommen ist. Aber es ist auch ganz klar, dass wenn es der Wirtschaft schlecht geht, es auch dem Sport-Sponsoring schlecht geht. Manchmal ist es aber auch der Umgang mit Geld ein Problem: Dass man, anstatt kreative Wege einzuschlagen, Probleme lieber mit Geld zu lösen versucht.
Bernhardt: Es gibt Fälle, dass manche Vereine – und das möchte ich der SG Schozach-Bottwartal explizit nicht unterstellen – Schiedsrichtern eine Art Ablösesumme bezahlen, damit die für sie pfeifen, anstatt selbst Schiedsrichter auszubilden oder ihnen andere Anreize bieten.
Gab es schon eine große Versammlung mit Vereinsvertretern aller Clubs des neuen Bezirks?
Bernhardt: Nein. Aber wir planen im Februar eine Kommunikationsrunde mit den Vereinen, in denen wir schauen, was bisher gut und was nicht so gut war. Wir waren in den vergangenen Monaten sehr damit beschäftigt, die Bezirke bei Themen wie Spieltechnik und Strukturen zusammenzulegen. So langsam haben alle Staffelleiter funktionierende E-Mail-Adressen, haben Prozesse und Zuständigkeiten definiert. Bevor wir an übergeordnete Ideen gehen, waren wir bislang vor allem mit dem „niederen Handwerk“ beschäftigt.
Fritz Bernhardt ist seit dem 1. Juli 2025 Vorsitzender des Handballbezirks Neckar-Franken im Baden-Württembergischen Handball-Verband (BWHV).
Foto: BWHV
Gibt es denn schon Gedankenspiele, wie die Zukunft des Bezirks aussehen soll?
Bernhardt: Ja, auf jeden Fall. Ein Fokus wird auf der Jugendarbeit liegen, deren Qualität im Bezirk nachgelassen hat – sowohl bei der Trainerausbildung als auch der Spielerentwicklung. Das lässt sich an den niedrigeren Spielklassen ablesen: Wenn wir auf die Qualifikation schauen, haben es die Nachwuchsmannschaften aus unserem Bezirk seltener geschafft, auf Verbandsebene zu kommen. Das war früher ausgeglichener und da müssen wir ansetzen und uns die Frage stellen, warum es andere schaffen, die auch nur zwei Arme und Beine haben.
Haben sich denn Vereine dahingehend schon mal an den Bezirk gewandt und um Unterstützung gebeten?
Bernhardt: Nein, noch gar nicht. Wir werden jetzt aber Ideen entwickeln, auf die Vereine zugehen und mal abfragen, welche Konzepte für sie taugen und auch nachhaltig sind. Trainer müssen Lust haben, an Talenten zu arbeiten, damit diese nicht sofort irgendwo anders hinwechseln, sondern im eigenen Verein größer werden. Wir wollen also die Spitze breiter machen.
Bei der Sport-Union Neckarsulm als regionalem Aushängeschild im Frauen-Handball ist man seit zwei Jahren allerdings darum bemüht, ein anderes Konzept aufzubauen und die besten Nachwuchs-Spielerinnen aus der Region dort zu versammeln. Sehen Sie diese Idee der Nachwuchsförderung also eher kritisch?
Bernhardt: Ich versuche bei solchen Themen immer zwei Brillen aufzusetzen: die Vereinsbrille und die von talentierten Spielerinnen und Spielern aus kleineren Vereinen. Wenn die dort sehr gut und in der Jugend fertig sind, dann ist es vollkommen in Ordnung, wenn sie wechseln. Solche Spieler müssen sogar in andere Vereine gehen, um sich weiterzuentwickeln. Ich kann mich ja nicht darüber beschweren, dass es immer weniger Mannschaften aus dem Bezirk schaffen, auf Verbandsebene zu spielen und auf der anderen Seiten dagegen sein, dass sich Mannschaften stärken, die das Potenzial dazu haben, überbezirklich zu spielen. Und als Trainer im Verein kann ich mich auch nicht damit zufrieden geben, dass ich ein oder zwei gute Spieler habe.
Bernhardt: Es braucht ein Konzept, das beiden Seiten genügt. Damit zum Beispiel ein Trainer in Hardthausen, nachdem er jahrelang ein Talent gefördert hat, das dann aber nach Neckarsulm gewechselt ist, sich nicht fragt, wozu er den ganzen Aufwand überhaupt betrieben hat, sondern sich vielmehr freut, dass seine Spielerin oder sein Spieler dort mithalten kann.
Ist es in Ihren Augen denn sinnvoll, wenn sich Vereine auf einen bestimmten Bereich, männlich oder weiblich, leistungssportlich konzentrieren?
Bernhardt: Das kommt immer auf den jeweiligen Verein an. Ich finde es im Handball aber spannend, dass es Mädchen und Jungs gibt, die ihren Verein gemeinsam leben, weil man sehr viel miteinander unternimmt: Da sitzen die Jungs auf der Tribüne, wenn die Mädels spielen und andersherum genauso.
Geht „Die Spitze breiter machen“ über den sportlichen Aspekt hinaus?
Bernhardt: Auf jeden Fall. Ein weiterer wichtiger Punkt ist für mich die Ausbildung der Schiedsrichter über Kinder-Handball- und Jugend-Handball-Spielleiter. Wir wollen Vereine in kleineren Gruppen stärken – möglichst dezentral und vor Ort – damit Menschen, die sich dort ehrenamtlich engagieren wollen auch das nötige Knowhow bekommen.
Hilft Ihnen dabei – und damit auch dem Bezirk –, dass Sie eher Handball-Praktiker als -Theoretiker sind?
Bernhardt: Ich denke schon. Ich höre ja, wenn ich mit anderen Trainern spreche, welche verschiedenen Defizite sie beklagen und dass so etwas den Vereinen helfen würde. Bei Dingen wie Spieltechnik oder Rechtsordnungen habe ich meine größte Lernkurve, aber in Sachen Training kenne ich mich vom Kinder-Handball bis hinauf zu den Aktiven aus und sehe auch, was wir brauchen. Deswegen möchte ich auch, dass der vom Verband abgeschaffte Bezirks-Bereich „Lehre“ gemeinsam mit den Ludwigsburger Kollegen wieder installiert wird, um dadurch etwas Schlagkräftiges aufzubauen und Trainer besser zu fördern und zu stärken.
Wie und wo möchten Sie den neuen, größeren Bezirk Neckar-Franken im gesamten BWHV positionieren?
Bernhardt: Das Ziel ist eine Zusammenarbeit, weil wir als Bezirksvorsitzende die Mehrheit im Präsidium haben, wenn wir mit einer Stimme sprechen. Uns ist daher sehr daran gelegen, uns immer näher kennenzulernen und auszutauschen. Der Flickenteppich muss ein wenig harmonisiert werden.
Mit Blick auf den BWHV ist aus den Vereinen immer wieder die Kritik zu vernehmen, dass die Ansprechpartner fehlen. Man kenne die Menschen nicht und es fehle der persönliche Kontakt. Sind das noch Kinderkrankheiten im Anpassungsprozess?
Bernhardt: Ich denke schon. Ich war beispielsweise auf einem Termin in Stuttgart als mein Telefon klingelt und ein Trainer mich anruft und fragt: C-Jugend männlich, wo bleibt mein Schiedsrichter? Das ist ein Beispiel dafür, wie wir die Informationslage verbessern wollen, damit die Vereine wissen, an wen sie sich in welchen Fällen wenden können.
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