Hofmetzger schlachtet im eigenen Betrieb
Jeden Montag steht Tobias Meister morgens um vier im Schlachthaus seiner Hofmetzgerei in Bretzfeld-Waldbach. Schweine großziehen, schlachten, Fleisch und Wurst verkaufen ist sein Beruf. Ein Handwerk, das nicht mehr viele beherrschen.

Die Zahl der familiengeführten Metzgereien ist allerorten in den zurückliegenden Jahrzehnten stark gesunken. „In der Heilbronner Innenstadt gibt es kaum mehr welche, und auf dem Land haben wir brutal viele verloren“, sagt Harald Hohl aus Obersulm-Affaltrach, Obermeister der Fleischerinnung Heilbronn, Hohenlohe und Schwäbisch Hall. Und von den wenigen, die es gibt, schlachten längst nicht alle Betriebe.
„Es ist einfach so, dass die Auflagen so hoch sind“, nennt Hohl einen Grund dafür. Etwa jene Vorschrift, welche die Räume betrifft. Früher durften Metzger die Tiere in einem Raum schlachten und ausbeinen, das heißt die Knochen vom Fleisch trennen. Heute benötigen sie für diese Arbeiten zwei getrennte Räume. Wer den Platz dafür nicht hat, gibt auf.
Der Hofmetzger investiert
„Ich war im Vorteil, wir haben drumherum Platz genug“, sagt Metzgermeister Tobias Meister. Dessen Vater hält auf dem Bauernhof in Bretzfeld-Waldbach 400 Schweine. Als der Senior in Rente geht, steht Sohn Tobias vor der Wahl: Soll der Betrieb weiterwachsen, größer und größer werden, um bestehen zu können?
Meister entscheidet sich für einen anderen Weg. Er baut 2005 ein Schlachthaus und verkauft Fleisch und Wurst unter anderem an Besenwirtschaften. Drei Jahre später investiert er in eine zusätzliche Hygieneschleuse. Die entsprechende Vorschrift der Europäischen Union dazu tritt 2010 in Kraft. 2011 baut Meister einen Hofladen und investiert in ein neues Kühlhaus. „Der Verkauf von Fleisch und Wurstwaren ist immer besser geworden, und der Thekenverkauf nimmt immer weiter zu“, sagt der 39-Jährige.
Arbeitswoche hat einen festen Rhythmus
30 Kilogramm wiegen die Schweine, die Meister von einem Bauern in Neuenstein kauft. Auf dem eigenen Hof zieht er sie groß. Wenn die Zeit gekommen ist, laufen die Tiere etwa 20, 30 Meter aus ihrem Stall zu der Stelle, wo sie zunächst betäubt und dann getötet werden. Im angrenzenden Schlachthaus geht es einen Tag danach ans Ausbeinen. „Vom Bauchsteak bis zum Filet lässt sich alles verwerten“, erzählt Meister. Nur die Knochen, die möchte heutzutage keiner mehr haben. Mittwochs wird die Wurst gemacht. Freitags schlachtet der Metzgermeister Rinder, die er von einem Bauern bei Öhringen erhält.
Maximal 24 Stunden bevor ein Tier geschlachtet wird, kommt ein vom Veterinäramt beauftragter Tierarzt zur Lebendbeschau. Er prüft, ob das noch lebende Schwein oder Rind gesund ist. Nach der Schlachtung erfolgt eine Fleischbeschau durch den Tierarzt. Die Beschaukosten gehen ins Geld. „Ich muss etwa das Zehnfache gegenüber der Schlachtindustrie zahlen“, sagt Meister. „Die können die Masse schlachten und bekommen es dafür billiger.“
Selbst schlachten trotz umfangreicher Dokumentation
Die gesetzlichen Auflagen fürs Schlachten werden nicht weniger. Vor Kurzem erst hat Meister in neue Betäubungsgeräte investiert. Diese messen und dokumentieren automatisch bei jedem Tier den Verlauf der Betäubung. „Damit lässt sich genau nachvollziehen, wie eine Tötung vonstatten ging.“
Die Dokumentation der Arbeit ist zeitintensiv. „Die fast erdrückende Bürokratie ist ein Problem“, sagt Meister. Trotzdem: „Wenn ein Metzger selbst schlachten kann, sollte er es tun.“
„Wenn die Landwirtschaft auf ihren Höfen Schlachthäuser bauen, ist das gut“, sagt Obermeister Hohl. Er beobachtet ein verändertes Verhalten bei Verbrauchern. „Sie werden gewissenhafter.“ In Corona-Zeiten werde wieder mehr zu Hause gekocht. Im Laden ließen sie sich erklären, wie sie das Fleisch am besten zubereiten. „Ich hoffe, dass das nachhaltig ist“, sagt Hohl. „Auch nach Corona.“
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