Gibt es sie, die gute Wurst?
Eine Woche lang haben wir uns ausführlich mit dem Thema Wurst und Fleisch beschäftigt. Im Laufe der Woche haben uns zahlreiche Nachrichten erreicht, mit meist klarer Botschaft.
Steak und Bratwurst auf dem Grill. Der Rostbraten in der Pfanne. Das Fleischküchle im Brötchen. Schnitzel, Pommes, Salat. Die Saitenwürstchen zu Linsen und Spätzle. Die Liste ließe sich schier endlos erweitern. Fleisch ist aus der Ernährung vieler Menschen kaum wegzudenken. Auch aus der öffentlichen Diskussion nicht: Das Thema Ernährung hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen, auch der Anteil von Produkten mit Bio-Siegel steigt. Die Haltung der Tiere ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen, in der Regel, wenn Missstände zutage kommen, sei es beim Transport oder in der Massentierhaltung.
Ein Verbot für alle wäre kaum angemessen

Jeder hat die Möglichkeit, viel, wenig oder kein Fleisch zu essen – ein Verbot für alle wäre kaum angemessen, zumal es schwierig sein dürfte, per Gesetz unmittelbar in die Ernährung der Menschen einzugreifen. Doch sei ein „Aber“ gestattet.
Dieses Denken in Grundfreiheiten funktioniert nur, wenn die einzelnen Alternativen auch tatsächlich rechtmäßige, zulässige und vertretbare Alternativen sind. Denn in die Art der Tierhaltung einzugreifen, ist durchaus möglich, und offenbar auch angebracht: Immer wieder zeigen Medienberichte die Fehlentwicklungen in dieser Branche auf, vieles davon ist auch heute schon verboten – und wird nur schwach kontrolliert.
Es müsste viel mehr um Tierwohl, Fleischqualität und Transparenz gehen, auch bei der Vergabe der milliardenschweren EU-Subventionen. Die gesetzlichen Regelungen sollten keine Tierhaltung erlauben, die nur am wirtschaftlichen Prozess orientiert ist, die Zahl der Ausnahmen ist viel zu groß.
Zuletzt haben nicht der oft unwürdige Umgang mit den Tieren, sondern der Ausbruch des Coronavirus unter Mitarbeitern für ein Schlaglicht auf die Praktiken der Fleischindustrie geworfen. Auch in der Frage der Leiharbeit wäre eine klarere Gesetzgebung mit effektiven Kontrollen angebracht, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Bereitschaft, bessere Angebote auch anzunehmen
Das Argument der Händler, die Mehrheit der Verbraucher würde ja doch zum billigsten Fleisch greifen, ist nur die halbe Wahrheit. Denn wo kein Fleisch aus besserer Haltung angeboten wird, kann der Verbraucher auch keines kaufen. Zumal kein Händler gezwungen ist, mit immer neuen Billigangeboten den Ruf dieses Lebensmittels und die Sicht darauf weiter zu schädigen – es scheint durchaus eine große Bereitschaft zu geben, bessere Angebote auch anzunehmen. Das zeigen auch die zahlreichen Reaktionen auf die Wurst- und Fleisch-Artikel im Netz.
Viele loben die Arbeit und Angebote ihres Metzgers vor Ort und versichern, für besseres Fleisch auch mehr Geld bezahlen zu wollen. Eine Veränderung findet aber erst statt, wenn das auch in größerem Umfang an der Theke passiert. Nicht die anonyme Packung Nackensteak für 1,99 Euro zu kaufen, sondern ein paar Meter weiter ein Stück Fleisch, zu dem der, der es verkauft, ein paar Informationen geben kann.
Die Vorgehensweise, ein unliebsames Produkt oder ein Produkt, von dem sich der Staat hohe Einnahmen verspricht, durch eine Steuer zu verteuern, kommt regelmäßig zum Einsatz – etwa beim Tabak oder Benzin. Problematisch daran ist, dass diese Abgabe keine Rücksicht auf das Einkommen des Betroffenen nimmt. Reiche müssen den selben Preis bezahlen wie Arme. Das ist prinzipiell auch beim Fleisch so – von steigenden Preisen wären alle gleich betroffen, was ärmere Menschen härter treffen würde. Doch würde es im Fall des Fleischs nicht um eine Steuer gehen, die das Verbraucherverhalten beeinflussen soll. Denn die Preise sollen zwar steigen, aber wegen strengerer Regelungen für Tierwohl und Umgang mit Mitarbeitern.
Zahlreiche Reaktionen von Lesern
Die überwältigende Mehrheit der Leser, die sich auf unseren Aufruf im Internet hin gemeldet haben, spricht sich für den Metzger im Ort, mehr Transparenz, kurze Transportwege, einen besseren Umgang mit den Tieren aus. Vereinzelt erreicht uns die Forderung nach vollständigem Fleischverzicht, die allermeisten sprechen sich aber für „weniger, dafür besser“ aus. Den Fleischkauf beim Metzger vor Ort empfehlen einige, dafür würden sie auch einen höheren Betrag als bisher bezahlen. Im Gegensatz zu großen Händlern und Ketten wüsste man beim lokalen Metzger, wo sein Fleisch und die Tiere dafür herkommen, man könne sogar hinfahren und den Landwirt besuchen, schreibt ein Leser.
„Die meisten Leute haben aber einen Grill für 2000 Euro daheim, kaufen ihr Fleisch billig und beschweren sich dann über die Haltung.“ Darauf, dass viele Menschen zu viel Fleisch essen, weist ein anderer hin. „Bei uns gibt es nur noch qualitativ hochwertiges Fleisch. Dadurch essen wir viel weniger davon, aber wenn, dann gute Qualität.“ Für Fleischkauf beim regionalen Metzger und gegen abgepackte Ware spricht sich ein weiterer Leser aus. „Bei Zweifel hinsichtlich der Qualität lieber vegetarisch. Ich bin jederzeit bereit, für gutes Fleisch und somit für Tierwohl mehr zu bezahlen.“
Regional ist manchen wichtiger als das Bio-Siegel der EU: „Was bringt mir ein Bio-Steak aus Südamerika, den USA oder sonst woher? Mein Fleisch kaufe ich beim Metzger im Ort oder direkt beim Landwirt in der Region. Hier kann ich sehen, wo das Futter für die Tiere wächst und wie die Haltung ist.“
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