Wie ein regionaler Kleinbetrieb auf die Kritik an Schlachtereien reagiert
Corona-Fälle, miserable Arbeitsbedingungen in Großschlachtereien, Kritik an der Fleischindustrie: Schlachthöfe stehen einmal mehr im medialen Kreuzfeuer. In Kleinbetrieben stellt sich die Lage meist anders dar, doch besonders sie haben es schwer.

Freitagmittag in der Metzgerei Häfele in Ilsfeld-Auenstein. Die Kunden stehen Schlange. Im Minutentakt gehen die Fleisch- und Wurstwaren über die Theke, am Wochenende soll es ideales Grillwetter geben. Ein Schild wirbt mit dem "Knüller der Woche": Rinderrouladen, das Kilo für 14,99 Euro. Freitag ist auch Schlachttag.
In dem inhabergeführten Familienbetrieb von Seniorchef Werner Häfele und seinen Söhnen Armin und Peter Häfele werden die Tiere noch selbst getötet. Nur wenige Wände trennen den Verkaufs- und Schlachtraum. Und während sich in der Metzgereifiliale die Kunden drängen, werden nur etwas weiter 20 Rinder und 60 Schweine geschlachtet. An Dienstagen sind es 100 Schweine.
Debatte über miserable Bedingungen in Großbetrieben
Schlachthöfe stehen derzeit im Kreuzfeuer der Kritik, nicht zuletzt wegen der Betäubungsmethoden. Gleichzeitig haben sich in mehreren Betrieben Mitarbeiter, die in Sammelunterkünften leben - die meisten davon osteuropäische Leih- und Werkvertragsarbeiter - mit dem Coronavirus infiziert. Der Vorfall hat die Debatte über die miserablen Arbeitsbedingungen in manchen Schlachtbetrieben, den Fleischvertrieb durch Zwischenhändler und die Problematik der Billigfleischproduktion angefacht.

Das Auensteiner Familienunternehmen will auf diese Bedenken mit Transparenz reagieren. In der Metzgerei habe es bisher keinen Fall von Corona gegeben, sagen die Betreiber. Der Schlachtbetrieb lief problemlos mit einigen zusätzlichen Hygieneschutzmaßnahmen weiter. Noch vor der offiziellen Maskenpflicht trugen die Mitarbeiter einen Mund-Nasen-Schutz, arbeiten in getrennten Schichten und Pausen.
Der Familienbetrieb hat keine Werkverträge, keine Leih- oder Saisonarbeiter aus Osteuropa oder Kopfschlächter, die im Akkord bezahlt werden. Die Mitarbeiter - vier Metzgermeister, zwei Gesellen und ein Angelernter - wohnen alle in der Region und sind festangestellt. Ihr Gehalt liege deutlich über dem Mindestlohn, so Werner Häfele. Viele Betriebe seien aus Kostengründen gezwungen, Arbeiter aus dem Ausland zu holen, sagen Peter und Armin Häfele. Der Auensteiner Familienbetrieb kann und will jedoch nicht zu den gleichen Kosten wie die Großschlachtereien produzieren, sagt Seniorchef Werner Häfele.
Passen Handwerksbetriebe noch in die Zeit?
Die Metzgereibetreiber wollen außerdem aufzeigen, dass es in der Region noch kleinere Schlachtbetriebe und mittelständische Metzgereien gibt, die jeden Zwischenschritt vom Tier bis zum fertigen Endprodukt selbst kontrollieren wollen - auch, wenn es den Kleinbetrieben aus Kostengründen schwer gemacht wird, die eigene Schlachtung fortzusetzen. Sie müssen die gesetzlichen EU-Auflagen umsetzen, "doch da passen Handwerksbetriebe nicht rein", sagt Peter Häfele, der zusammen mit Bruder Armin für Schlachtung, Zerlegung und Gesamtproduktion verantwortlich ist.
Zusätzlich habe sich auf europäischer Ebene das englische System durchgesetzt, nach dem alle Schritte des Schlachtens erfasst werden müssen. Und das in einem Ausmaß, weswegen Peter Häfele von Dokumentationswahn und Schikane spricht. Neben dem bürokratischen Aufwand stehen etwa mit den auferlegten Einführungen von Kassensystemen "wahnsinnige Summen ins Haus", sagen die Metzger. Die Vorgaben umzusetzen, erfordert zusätzliches Personal und Finanzmittel.

Auch den Ansatz, Fleisch generell teurer zu machen, indem zum Beispiel die Mehrwertsteuer angehoben wird, treffe im Nachhinein die Kleinsten, sagt Armin Häfele zur aktuellen Debatte über die Produktion von Billigfleisch. Werbung für zu günstiges Fleisch generell zu verbieten oder Mindestpreise zu definieren, begrüßt der Metzger hingegen und vermutet: "Das würde vielleicht verhindern, dass Supermärkte Kunden mit billigem Fleisch anlocken, um dann ihre Marge über andere Produkte zu erzielen."
Der Bolzenschuss muss präzise ausgeführt werden
Zurück im Schlachthaus: Die Schweine hängen bereits im Kühlraum. Sie stammen aus regionalen Betrieben in rund 50 Kilometer Entfernung, in Abstatt, Affalterbach oder Ilsfeld. Die Gebrüder haben jeden Schweinemäster besucht. Die Rinder hingegen kommen von Höfen aus dem ganzen Land. Sie wachsen in Muttertierhaltung auf und dürfen über die Wiese tollen - richtige Bio-Rinder, weiß Armin Häfele.

Eine Färse - ein weibliches Rind, das noch nicht gekalbt hat - steckt in der Fixierungsvorrichtung. Das Rind wirkt aufmerksam, aber nicht panisch. Ein präziser Bolzenschuss und es fällt zu Boden. Alles weitere wickeln die Auensteiner Fleischer tüchtig, aber entspannt ab, mit routinierten Handgriffen. Kein Band, das ihnen den Takt vorgibt.
Bei jeder Schlachtung sind ein Fleischklassifizierer und eine Amtstierärztin dabei. Die Ärztin kontrolliert jedes Tier, entscheidet, ob es geschlachtet wird oder nicht, führt Fleischhygieneuntersuchungen durch - und setzt dann den Tauglichkeitsstempel.
Über den Betrieb
Die biozertifizierte Metzgerei Häfele GmbH betreibt seit 2005 den Schlachthof in Auenstein und die Wurstküche in Bietigheim. 90 Prozent werden für den Eigenbedarf produziert, der Rest wird an Gastronomen verkauft. Ein Rind liefert rund 300 Kilo, ein Schwein rund 100 Kilo Fleisch. Fast alle Nebenprodukte können verwertet werden. Zwölf Millionen Euro Jahresumsatz macht die Metzgerei Häfele. Verkauft wird in 19 Fachgeschäften und Metzger-Theken in Lebensmittelmärkten von Esslingen bis Ilsfeld sowie in mobilen Verkaufsstellen. Armin Häfele zieht mit seiner Tochterfirma im November 2020 in die umgebaute Markthalle in Ilsfeld.