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Recht auf Abtreibung: So hat sich die Gesetzeslage weltweit entwickelt

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In Deutschland wird über die Experten-Empfehlung zu Abtreibungen und den Paragraf 218 diskutiert. Weltweit gibt es einen Liberalisierungstrend. Aber nicht überall.

In Deutschland wird über die Gesetze, die Abtreibungen regeln, diskutiert. So ist der rechtliche Stand in Ländern wie Polen, Kanada oder Frankreich.
In Deutschland wird über die Gesetze, die Abtreibungen regeln, diskutiert. So ist der rechtliche Stand in Ländern wie Polen, Kanada oder Frankreich.  Foto: Hannes P. Albert/dpa

Frauen in Deutschland dürfen eine Schwangerschaft in der Frühphase schon jetzt auf eigenen Wunsch abbrechen, wenn sie sich an Regeln wie Fristen und vorherige Beratungsgespräche halten. Trotzdem gelten Abtreibungen grundsätzlich als rechtswidrig, das ist in Paragraf 218 des Strafgesetzbuches geregelt. Dort heißt es: "Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (...)."

Diese paradoxe Situation sollte nach Einschätzung eines Expertengremiums beendet werden, Abtreibungen nicht mehr grundsätzlich strafbar sein. "In der Frühphase der Schwangerschaft (...) sollte der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlauben", rät das Gremium. Damit würde sich Deutschland einem weltweiten Liberalisierungs-Trend anschließen. Nur wenige Länder scheren aus:

Entwicklung von Schwangerschaftsabbrüchen in Europa: Frankreich verankert Recht auf Abtreibung in der Verfassung

Als erstes Land der Welt hat Frankreich das Recht von Frauen auf einen Schwangerschaftsabbruch Ende 2023 in seiner Verfassung verankert. Medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche sind bis zum Ende der siebten Schwangerschaftswoche möglich, ohne dass besondere Gründe vorliegen, für chirurgische Abtreibungen gilt das bis zum Ende der 14. Woche.

Als sehr liberal gelten seit vielen Jahrzehnten die Niederlande. So informieren Kliniken dort auch offen über die Möglichkeit für Frauen aus dem Ausland, ihre Schwangerschaft auf eigene Kosten abbrechen zu lassen. Offiziell ist ein Abbruch bis zum Ende der 24. Schwangerschaftswoche möglich. Tatsächlich werden Abbrüche bis zur 22. Woche vorgenommen, wenn es keine medizinische Indikation gibt.

Restriktive Regelungen von Schwangerschaftsabbrüchen: In Polen könnte liberaleres Abtreibungsrecht kommen

Polen hat eine der restriktivsten Regelungen in Europa. 2020 hatte das Verfassungsgericht unter der damaligen nationalkonservativen PiS-Regierung das ohnehin strenge Abtreibungsrecht weiter verschärft. Seitdem ist ein Schwangerschaftsabbruch nur nach einer Vergewaltigung oder Inzest erlaubt - oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist.

Weist das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch vornehmen. Die Mitte-Links-Koalition von Regierungschef Donald Tusk will das wieder ändern und hat sich vor wenigen Tagen für ein liberaleres Abtreibungsrecht ausgesprochen, es gibt allerdings noch keine Einigkeit über die Umsetzung.

In jedem Bundesstaat ein anderes Gesetz – Das ist Gesetz in den USA

Abtreibungen sind eines der Mega-Themen im Wahlkampf in den USA. Seit 1973 waren sie dort nach einer Entscheidung des obersten Gerichtshofs generell legal. Der Supreme Court, der seit der Präsidentschaft von Donald Trump in konservativer Hand ist, kippte das Gesetz 2022, wodurch nun in jedem US-Bundesstaat eigene Regelungen gelten. Für 17 US-Staaten bedeutet das ein totales Abtreibungsverbot, meist gibt es nicht mal eine Ausnahme bei Vergewaltigung, sondern nur, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.

Joe Biden will das generelle Recht auf Abtreibung wieder einführen. Der republikanische Kandidat Donald Trump hat lange eine Festlegung in dieser heiklen Frage, sie ist Kampfthema der Evangelikalen, vermieden. Kürzlich teilte er dann per Video mit, er wolle am Status quo festhalten, jeder Bundesstaat soll also weiter selbst entscheiden.


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Eine Abtreibung ist nach Paragraf 218 grundsätzlich strafbar, es sei denn, sie findet innerhalb der ersten zwölf Wochen statt und die Frau hat sich zuvor beraten lassen.
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Abtreibung als gewöhnlicher Eingriff: So handhabt Kanada Schwangerschaftsabbrüche

Ganz anders ist die Situation im Nachbarland Kanada. Abtreibungen sind seit 1988 legal, sie werden wie ein gewöhnlicher medizinischer Eingriff behandelt und staatlich bezahlt. Außerdem gibt es Gesetze, die Frauen und medizinische Einrichtungen vor Protesten von Abtreibungsgegnern schützen. Die Abtreibungsraten im Langzeitvergleich sind auch mit der Liberalisierung relativ stabil geblieben. Diskussionen gibt es immer wieder über den Zugang zu Abtreibungen. Vor allem in den ländlichen Regionen Kanadas ist dieser häufig schwierig.

Schwangerschaftsabbrüche in der DDR legal – Rechtliche Auseinandersetzung bis zur bundeseinheitlichen Lösung

In der DDR waren Schwangerschaftsabbrüche seit 1972 legal. Die sogenannte Fristenregelung ermöglichte es Frauen, innerhalb von zwölf Wochen nach dem Beginn der Schwangerschaft eigenverantwortlich über deren Abbruch zu entscheiden. Spezialabteilungen in den meisten Kliniken boten den Eingriff an. Diese liberale Haltung war in der DDR-Gesellschaft akzeptiert und wurde als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Frau verstanden.

Dem entgegen stand der in konservativen und kirchlichen Kreisen weit verbreitete Verweis auf das christliche Gebot "Du sollst nicht töten" in der BRD. Der Einigungsvertrag 1990 legte fest, dass bis Ende 1992 eine gemeinsame bundeseinheitliche Lösung gefunden werden musste - bis zur Einigung auf die heute gültige Regelung gab es noch viele rechtliche und politische Auseinandersetzungen über das Thema.

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