Licht und Schatten: So steht es um Heilbronn
Eine Situationsanalyse zeigt in Heilbronn Pluspunkte bei den Themen Wirtschaft, Einkommen und Bildung. Sorgen bereiten die Themen Sicherheit und die Entwicklung der Innenstadt.

Sicherster Stadtkreis im Land, Wissensstadt mit einer unglaublichen Dynamik, Einkaufsparadies für Frauen - Oberbürgermeister Harry Mergel wird nicht müde, die Stärken der Stadt Heilbronn in höchsten Tönen zu loben.
Viele Bürger und Besucher kritisieren dagegen die Sicherheitslage an Brennpunkten der Stadt, die mangelnde Sauberkeit und eine Fußgängerzone, in der vor allem Dönerläden, Barbershops und Ein-Euro-Läden dominieren. Doch welche Sicht auf die Stadt entspricht tatsächlich der Realität?
Ungutes Gefühl an manchen Plätzen
Es gibt wenige Themen, auf die Menschen so sensibel reagieren wie bei der Sicherheit. Wer ein ungutes Gefühl nachts am Neckar, rund um den Bahnhof oder am Marktplatz hat, weil sich dort zwielichtige Gestalten aufhalten oder mehr oder weniger offen mit Drogen gehandelt wird, wird diese Plätze meiden. Das bestätigen Gespräche mit Bürgern und Geschäftsinhabern. Da hilft es wenig, dass Heilbronn laut Polizeilicher Kriminalstatistik tatsächlich die Stadt mit den wenigsten registrierten Straftaten unter den neun Stadtkreisen in Baden-Württemberg ist.
Die sicherste Großstadt ist dagegen Reutlingen, die als Große Kreisstadt auch zum gleichnamigen Landkreis gehört. Kriminalreporter wissen zudem, dass polizeiliche Statistiken auch viel mit Verfolgungsdruck und Personalkapazitäten zu tun haben. Dennoch betont Polizeipräsident Hans Becker, dass "auch in der Langzeitbetrachtung Heilbronn schon immer eine sehr, sehr sichere Stadt war". Die Forderung der Verwaltung nach mehr Personal in den Revieren laufe deshalb auch in Stuttgart ins Leere. Die Stadt hat nun reagiert und will den kommunalen Ordnungsdienst demnächst sichtbar ins Zentrum rücken. "Das Objekt in der Fußgängerzone ist bereits gefunden", verspricht sich Harry Mergel von diesem Schritt mehr Präsenz und ein besseres Sicherheitsgefühl.
Hohe Schlagzahl beim Wohnungsbau
In Sachen Wohnungsbau steht Heilbronn gut da. Während in den Jahren 2010 bis 2014 jährlich nur 217 Wohnungen gebaut wurden, stieg der Zuwachs von 2014 bis 2022 um 503 Einheiten pro Jahr. Den Schnitt will Heilbronn bis 2030 beibehalten. 30 Prozent davon soll geförderter Wohnraum sein. Blickt man auf die zwischen 2011 und 2020 fertiggestellten Wohnungen stehen in Heilbronn 4119 auf der Habenseite. In Pforzheim, mit 126.016 Einwohnern nahezu gleich groß wie Heilbronn (126.458) wurden im gleichen Zeitraum 2695 Wohnungen neu erstellt, in Ulm (126.405) waren es über 2000. Dort liegt laut Mietspiegel der Quadratmeterpreis bei 8,61, in Pforzheim bei 7,51, in Heilbronn bei 7,72 Euro.
Beim Pro-Kopf-Einkommen schneidet Heilbronn mit 42.275 Euro im Jahr 2019 sehr gut ab. Der Durchschnitt im Land liegt nur bei 25.730, im Bund bei 23.706 Euro. Der Grund liegt allerdings an den überdurchschnittlich vielen Einkommensmillionären, die in der Stadt leben. In den Steuereinnahmen schlagen sich die guten Zahlen nur bedingt nieder. Hier liegt Ulm mit 246 Millionen Euro (1950 Euro pro Kopf) vor Heilbronn mit 225 Millionen (1787) und Pforzheim 194 Millionen (1545). Analog dazu fällt auch die Zahl der geförderten Menschen aus, die unter der Armutsgrenze liegen. In Pforzheim leben 12 235 Personen in der Mindestsicherung, in Heilbronn sind es dagegen nur 8628.
Unterdurchschnittliches Bevölkerungswachstum
Im Jahr 1970 zählte der Stadtkreis Heilbronn 113.725 Einwohner, Ende 2019 waren es 126.592. Dies entspricht einem Wachstum von 11,3 Prozent. Damit liegt die Stadt deutlich unter dem Landesschnitt, der 24,8 Prozent Wachstum ausweist. Im Landkreis Heilbronn wuchs die Bevölkerung sogar um 54,4 Prozent. Für die Jahre bis 2025 prognostiziert das Statistische Landesamt der Stadt ein weiteres Wachstum von 1,9 Prozent, in Pforzheim sind es 1,8 in Ulm sogar 4,9 Prozent.
Die Zukunftsthemen in der Stadt
Die vergangenen Jahre mit der erfolgreichen Bundesgartenschau und den neuen Hochschulstandorten haben Heilbronn wirtschaftlich und stadtplanerisch weit nach vorne gebracht. Der neue Stadtteil Neckarbogen schreitet zügig voran. Und mit dem Zuschlag für das 100-Millionen-Euro schwere Landesprojekt Innovationspark für künstliche Intelligenz entsteht ein Meilenstein für eine weitere dynamische Stadtentwicklung in den kommenden Jahren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass fast alle Projekte eng mit dem Namen Dieter Schwarz verknüpft sind.
Und die Sorgen um die Innen- und Einkaufsstadt bleiben. Schönreden hilft dabei nicht. Eine schonungslose Analyse und ein Konzept aus einem Guss sind gefragt. Statt vieler Wirtschaftsförderer in zahlreichen Ämtern, die gebetsmühlenartig erzählen, wie toll alles ist.





Stimme.de
Kommentare
Raphael Benner am 30.01.2022 20:06 Uhr
Solange Dönerläden und 1 € Shops die Fußgängerzone dominieren, ist es unwahrscheinlich, einen guten Mieter mit entsprechenden Marken zu locken. Warum auch? Das Auto wird in Heilbronn gerade abgeschafft und Fährräder dominieren. Da fährt doch die anspruchsvolle Frau bequem nach Ludwigsburg und kauft dort ein. Da gibts auch wunderschöne Cafes zum verweilen und nicht nur Tische in Bäckereien..