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Skandal um Bauprojekt
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Schaden von mehr als einer Million Euro für die Stadt Künzelsau verursacht

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Abschlussbericht zum Skandal um das Peka-Areal zeigt gravierende Fehler der Stadt auf. Anwalt: „Hätte nicht passieren dürfen.“

Dass das sogenannte „Quartier an der Stadtmauer“ inzwischen bebaut ist, hat sich die Stadt Künzelsau ungewollt teuer erkauft.
Dass das sogenannte „Quartier an der Stadtmauer“ inzwischen bebaut ist, hat sich die Stadt Künzelsau ungewollt teuer erkauft.  Foto: Armin Rößler

Anwalt Dr. Peter Hoffmann spricht Klartext: „Die Fehler hätten nicht passieren dürfen. Da gibt es auch nichts zu beschönigen.“ Hoffmann meint die Fehler, die zum Skandal um das ehemalige Peka-Areal im Herzen der Künzelsauer Innenstadt geführt haben. Fehler, die in der Stadtverwaltung passiert sind und zur Folge haben, dass der Stadt finanzieller Schaden von mehr als einer Million Euro entstanden ist. Mit einer Dokumentation über die Vorgänge, Antworten auf einen Fragenkatalog des Gemeinderats und die rechtliche Einschätzung durch Peter Hoffmann soll das Thema nun endgültig der Vergangenheit angehören. Der Schaden – finanziell wie auch für das Image der Stadt – bleibt jedoch bestehen.

Der Skandal um das ehemalige Peka-Areal in Künzelsau schwelt seit Jahren

Was war passiert? Bei den Arbeiten für das neue Quartier an der Stadtmauer 2019 wurde in der Baugrube belastetes Material entdeckt, und zwar unter anderem hohe Gehalte an sogenannten PCB (Polychlorierte Biphenyle), giftige und krebsauslösende organische Chlorverbindungen. Das belastete Erdmaterial war 2015 bei den Abbrucharbeiten auf dem Areal verwendet worden, um Keller und Baugruben zu verfüllen. Nun begann der Streit, wer davon wusste und vor allem, wer für die Entsorgung aufkommt.

Stadt Künzelsau verpflichtet sich, für Altlasten-Entsorgung aufzukommen

Die Activ Group, die das Grundstück 2018 von der Stadt für 766.350 Euro gekauft hatte, war fein raus. Im Kaufvertrag hatte sich die Stadt nämlich verpflichtet, die Entsorgungskosten für etwaige Altlasten zu tragen. Wenn also Bürgermeister Stefan Neumann von der Belastung gewusst hätte, hätte er mit seiner Unterschrift der Stadt wissentlich finanziellen Schaden verursacht. Das weist der Bürgermeister von sich: Man sei eine vertragliche Zahlungsverpflichtung in dem Glauben eingegangen, dass nur unbelastetes Material gelagert sei. „Sonst hätte ich das niemals unterschrieben“, beteuert Neumann.

In der Künzelsauer Verwaltung sind in Sachen Peka-Areal gravierende Fehler passiert

Schließlich wurde bekannt, dass vereinzelt im Rathaus Kenntnis über das belastete Material bestanden habe. Doch nicht alleine das sorgte für den Unmut der Stadträte. Denn hätte man in der Verwaltung die Verjährungsfristen im Blick gehabt, wären eventuell rechtliche Schritte gegen die 2015 verantwortliche Baufirma sowie das Ingenieurbüro möglich gewesen. Doch als man 2021 die Anwaltskanzlei MHP Recht einschaltete, war die Verjährungsfrist bereits abgelaufen. Eine Klage, die man dennoch am Landgericht Heilbronn angestrebt hatte, wurde laut Peter Hoffman „nicht ganz unerwartet“ abgewiesen. 

Beim Abriss auf dem Peka-Areal im Jahr 2015 viel der belastete Bauschutt an, der dann auf dem Gelände verfüllt wurde.
Beim Abriss auf dem Peka-Areal im Jahr 2015 viel der belastete Bauschutt an, der dann auf dem Gelände verfüllt wurde.  Foto: Ludwig, Tamara

2,05 Millionen Euro musste die Stadt für die Entsorgung letztlich zahlen. Von ihrer Versicherung erkämpfte sie sich über ihren Anwalt 550.000 Euro. Bleibt ein Schaden von 1,5 Millionen Euro für die Stadt. Gegenrechnen lassen sich noch die Kosten, die angefallen wären, hätte man die Altlasten bereits 2015 fachgerecht entsorgt. „Eine genaue Bezifferung ist seriös nicht möglich“, so Rechtsanwalt Hoffmann. 

Stellungnahme von Gemeinderäten übt scharfe Kritik an der Künzelsauer Verwaltung

„Diese Kosten wären größtenteils vermeidbar gewesen, wenn die Stadtverwaltung korrekt gearbeitet hätte“, heißt es dazu in einer gemeinsamen Stellungnahme von UBK, SPD/Grüne, Die Partei und FfK, die Boris d’Angelo in der Sitzung verliest. „Gemäß der Kommunalverfassung muss der Gemeinderat über Finanzen wachen und Schaden von der Stadt abwenden. Dieser Verpflichtung sind Mitglieder aus drei Fraktionen nachgekommen, darunter auch welche mit Kenntnissen im Bauwesen. Sie haben viel Zeit und Energie eingesetzt, um Licht ins Dunkel dieser Angelegenheit zu bringen. Außerdem haben sie Vorschläge zur Minimierung von Entsorgungskosten erarbeitet. Alle diese Bemühungen hat die Stadtverwaltung abgeblockt und Ratschläge konsequent ignoriert. Die Stadträte wurden in der Ausübung ihrer gesetzlich verankerten Kontrollfunktion behindert und ausgebremst.“

Auch eine tatsächliche Aufarbeitung des Skandals werde nicht betrieben, nur auf Antrag des Gemeinderats sei die Sache überhaupt öffentlich auf die Tagesordnung gekommen. „In der Sitzungsvorlage wird erklärt, der Sachverhalt sei aufgrund der langen Zeitspanne und Personalwechsels nicht mehr vollständig aufzuklären. Das trifft nur teilweise zu. Denn es sind durchaus noch Beschäftigte im Amt, die mit der Angelegenheit befasst waren. Und auch der Bürgermeister ist noch da.“ Es werde so dargestellt, als sei alles eine Verkettung unglücklicher Umstände, niemand jedoch sei bereit, die Verantwortung zu übernehmen.

Bürgermeister entschuldigt sich

„Dem Vortragenden muss ich in fast allen Punkten recht geben, das kann man nicht anders sagen“, bestätigt Rechtsanwalt Peter Hoffmann. Stadtrat Wolfgang Schmelzle ergänzt: „Das ist keine Bagatelle, und das dürfen wir auch nicht so behandeln. Wir haben oft nachgefragt und schlechte oder keine Antworten bekommen. Das war nicht in Ordnung.“ Erhard Demuth ergänzt: „Uns wurde immer gesagt, der Haushalt wird durch die Sache nicht dauerhaft belastet.“ Das habe sich als falsch erwiesen.

Bürgermeister Stefan Neumann erwidert abschließend und in aller Kürze: „Es tut uns leid, dass das so passiert ist.“ Man habe ein hohes Eigeninteresse daran, dass sich so etwas nicht wiederholt.

Die Frage nach der internen Verantwortung

Während die Fraktionen UBK, SPD/Grüne, Die Partei und FfK in ihrer Stellungnahme davon sprechen, dass die Verwaltung hauptsächlich den früheren Stadtbaumeister dafür verantwortlich mache, dass belastetes Material verfüllt wurde, äußert sich von der Stadt niemand zur Schuldfrage. Bei den Fraktionen vertritt man die Ansicht, dass im Bauamt zwar Fehler gemacht wurden, aber die Hauptschuld das mit der Bauüberwachung beauftragte Ingenieurbüro treffe. Das Ingenieurbüro, das wegen der Verjährung der Vorgänge letztlich nicht belangt werden konnte. Für Fehler der Verwaltungsmitarbeiter, die am Vorgang beteiligt waren, kommt die Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung mit 50.000 Euro auf. Eine höhere Summe war hier laut Rechtsanwalt Peter Hoffmann nicht zu erreichen, weil keiner Person grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. 

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