Maulkorb für den Künzelsauer Gemeinderat?
Der Künzelsauer Gemeinderat schweigt in öffentlicher Sitzung zum Thema Peka-Areal. Die Hohenloher Zeitung fragt bei den Fraktionsvorsitzenden nach.

Für 19 Uhr war der Beginn der Künzelsauer Gemeinderatssitzung angesetzt, eine Stunde später als üblich. Doch die Zuhörer mussten sogar bis 19.40 Uhr warten. Zuvor hatten die Räte schon ab 18 Uhr nicht öffentlich getagt. Thema war der aktuelle Stand beim ehemaligen Peka-Areal. Hier wurde bei den laufenden Bauarbeiten belastetes Abbruchmaterial gefunden, das aus dem Jahr 2015 stammt.
Unklar ist nach wie vor, zumindest offiziell, wer von den damals beteiligten Firmen dafür die Verantwortung trägt und die Kosten für die Entsorgung übernehmen muss. Dafür steht eine Summe von zwei Millionen Euro im Raum, die bislang von der Stadtverwaltung weder bestätigt noch dementiert worden ist.
Bürgermeister gibt nichts Neues bekannt
Im öffentlichen Teil der Sitzung stand dieses Thema ebenfalls auf der Tagesordnung. Bürgermeister Stefan Neumann hatte jedoch dem Sachstand, wie er im HZ-Artikel vom 10. Juli geschildert worden ist, nichts Neues hinzuzufügen. Namen wolle man weiterhin nicht nennen, "um eine Vorverurteilung zu vermeiden", so der Bürgermeister. Bekannt sind die Beteiligten aber natürlich längst: Als die HZ im Juni 2015 über den Abriss berichtete, wurde sowohl der Künzelsauer Ingenieur zitiert, der das Projekt betreute, als auch ein Vertreter der oberschwäbischen Recyclingfirma - die noch heute unter den Referenzen auf ihrer Homepage mit dem Abriss wirbt. Offen ist nur die Frage, wer letztlich die Verantwortung für den belasteten Aushub trägt.
Ein Gemeinderat fühlt sich "überfahren"
Neumann teilte seine Informationen "zur Kenntnisnahme" mit und ging praktisch unmittelbar zum nächsten Tagesordnungspunkt über. Verwunderlich für die Öffentlichkeit: Es gab keine Wortmeldungen aus dem Gemeinderat. Einen Maulkorb habe er sich "bestimmt nicht" verpassen lassen, sagt Herbert Schneider (FfK) auf entsprechende Nachfrage der HZ. Er hatte in der vorigen Sitzung die öffentliche Behandlung des Themas gefordert und eine Mehrheit für seinen Antrag gefunden. Trotzdem beharrte der Bürgermeister zu diesem Zeitpunkt darauf, alle Informationen unter Verschluss zu halten, "um Schaden von der Stadt abzuwenden". Der Schaden, so sagt Schneider jetzt, sei fürs Image der Stadt bereits entstanden. Nun müsse man sehen, "dass kein finanzieller Schaden entsteht". Er selbst habe sich eigentlich zu Wort melden wollen, dann sei aber alles "ein bisschen schnell" gegangen, der Bürgermeister habe ihn mit seinem Vorgehen "ein bisschen überfahren".
Das, so Schneider, "hat er clever gemacht". Aus Sicht von Verena Löhlein-Ehrler (Die Freien) ist die Frage nach einem Maulkorb für den Gemeinderat "ehrverletzend, ja beleidigend". Sie wollte keine Stellungnahme zum eigentlichen Thema abgeben. "Die Stadtverwaltung hat uns keinen Maulkorb verpasst", erklärt Robert Volpp (CDU) entschieden. Darüber hinaus gelte: Der Bürgermeister werde, sobald alle Fakten bekannt sind, die Öffentlichkeit informieren.
Wenig Hoffnung auf schnelle Klärung
Kritischer sieht Hans-Jürgen Saknus (SPD/Grüne) die Angelegenheit. Die Informationen hätten nach Auffassung seiner Fraktion "schon in der letzten Sitzung öffentlich gemacht werden können", meint er. Verständnis zeigt er, dass keine Namen genannt werden. Niemand wolle für das kontaminierte Material verantwortlich gemacht werden. Was die Klärung des Sachverhalts angeht, habe er nur "wenig Hoffnung" auf eine schnelle Lösung, so Saknus.
"Vorgehensweise ist katastrophal"
"Das mit dem Maulkorb kann man durchaus so betrachten. Diesen Maulkorb hat sich der Gemeinderat auch noch selbst aufgesetzt", sagt Boris d"Angelo (UBK). Nicht nur die Informationspolitik sei katastrophal, sondern die gesamte Vorgehensweise. Alles nicht öffentlich zu verhandeln, widerspreche der Gemeindeordnung. Die Bevölkerung habe ein Anrecht darauf, zu erfahren, wie mit Steuergeldern umgegangen wird, so d"Angelo. Eine Klärung des Sachverhalts müsse noch vor der Sommerpause erfolgen, fordert er, befürchtet aber auch, dass die abschließende Aufarbeitung der Schuldfrage und eventueller Schadenersatzansprüche "wohl noch länger dauern" werden.


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