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„Und täglich grüßt das Murmeltier“: Gemeinderat Künzelsau muss sich wieder mit teuren Altlasten beschäftigen

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Erneut muss belastetes Material von der Baustelle des neuen Stadteingangs in Künzelsau entsorgt werden. Der Skandal um das ehemalige Peka-Areal und die dortigen Altlasten ist derweil nach Jahren immer noch Thema.

Auch auf der Großbaustelle des neuen Stadteingangs an der Stuttgarter Straße tauchen immer wieder Altlasten im Erdreich auf.
Auch auf der Großbaustelle des neuen Stadteingangs an der Stuttgarter Straße tauchen immer wieder Altlasten im Erdreich auf.  Foto: Reichert, Ralf

Es fühle sich an wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“, sagt Anita Neher (SPD/Grüne). In besagtem Film aus den 90er Jahren sitzt Schauspieler Bill Murray in einer Zeitschleife fest, erlebt denselben Tag immer und immer wieder. Ebenso unaufhaltsam und unliebsam wie der wiederkehrende „Murmeltiertag“ im Film, sieht sich der Künzelsauer Gemeinderat mit dem Thema Altlasten konfrontiert. Das sorgt für Unmut im Gremium und bringt die Verwaltung regelmäßig in Erklärungsnöte. Denn während auf der Baustelle neuer Stadteingang nun zum wiederholten Mal belasteter Aushub zu entsorgen ist, ist auch die Problematik um die Altlasten auf dem inzwischen bebauten ehemaligen Peka-Areal längst nicht aufgearbeitet.

Dass auf dem Areal des neuen Stadteingangs von Künzelsau Altlasten schlummern, war bekannt

Zunächst zum Stadteingang: Dass auf dem ehemaligen Areal der Firma Stahl Altlasten schlummern, war der Stadt Künzelsau bekannt. Aus diesem Grund habe man „das Gelände erheblich unter Wert erstanden“, wie Bürgermeister Stefan Neumann in einer früheren Gemeinderatssitzung erklärte. Wie groß die Belastung ist, zeigte sich erst bei Untersuchungen im Jahr 2020.

Stadt Künzelsau musste Grundwasser vor weiterer Kontamination schützen

Für eine Sanierung hätte das Gelände bis in acht Meter Tiefe und auf einer Fläche von 813 Quadratmetern ausgehoben werden müssen. Das hätte belastetes Material von mehr als 6500 Kubikmetern bedeutet – und etwa eine Million Euro an Kosten. Damals entschlosss sich die Stadt, mit einer Übergangslösung das Grundwasser bis zum Baubeginn vor einer weiteren Kontamination zu schützen. Für diese Maßnahme plante man rund 80.000 Euro ein.

Im Zuge des Baustarts für das Areal, auf dem unter anderem ein städtisches Parkhaus wie auch das neue Kreishaus entstehen sollen, begann die eigentliche Altlasten-Sanierung. Nun hat die Baufirma – außerhalb des damaligen Altlasten-Sanierungsbereichs – asbesthaltiges Auffüllmaterial gefunden. Und das, obwohl dort ebenfalls beprobt wurde. Kostenpunkt: weitere rund 124.000 Euro. „Das ist ein Ärgernis“, stellt Anita Neher fest und will wissen, ob die Firma, die für die Probe verantwortlich zeichnet, belangt werden könne. Künwerke-Chef Bernd Scheiderer nimmt das Unternehmen in Schutz: „Man kann immer nur punktuell untersuchen“, erklärt er. „Aber wenn man im innerstädtischen Bereich gräbt, wird man immer irgendwas finden“, so Scheiderer weiter. Bürgermeister Neumann ergänzt: „Wir haben das nicht detaillierter beauftragt, weil wir wussten, dass dort etwas sein wird.“

Künzelsauer Stadträte sehen in neuerlichen Altlasten ein Ärgernis

Stadtrat Boris d’Angelo (UBK) findet: „So einfach kann man es sich nicht machen. Die Frage ist doch: Was hat das Ingenieurbüro geleistet und was nicht?“ Wenn man davon ausgehen müsse, dass immer etwas gefunden werde, wozu brauche es dann überhaupt die Proben? Scheiderer wiederum betont, man habe speziell das ehemalige Stahl-Areal untersucht, nicht das restliche Baufeld. Und dort sei das nun eben aufgetaucht. Rainer Süßmann (Die Freien) nennt das Ganze einen „Running gag“, also eine unliebsam wiederkehrende Pointe, deren Risiko er gerne minimiert sehen würde. „Das macht bei der Bevölkerung keinen guten Eindruck“, ist er überzeugt. Einziger Trost: Von den zwei Millionen Euro, die man ursprünglich für die Altlastensanierung kalkuliert hat, wurden bislang erst 1,3 Millionen benötigt. Doch die Baumaßnahme ist lange nicht am Ende.

Die Baustelle auf dem ehemaligen Peka-Areal ist inzwischen abgeschlossen – und dennoch beschäftigt sie Stadt und Gemeinderat noch immer.
Die Baustelle auf dem ehemaligen Peka-Areal ist inzwischen abgeschlossen – und dennoch beschäftigt sie Stadt und Gemeinderat noch immer.  Foto: Armin Rößler

Beendet ist die Bebauung des ehemaligen Peka-Areals längst, wo seit 2022 unter anderem ein Drogeriemarkt seinen Platz hat. Das sogenannte „Quartier an der Stadtmauer“ beschäftigt den Gemeinderat aber nach wie vor. Denn noch ist der Skandal um belasteten Aushub nicht aufgearbeitet.

Altlasten-Skandal auf ehemaligem Peka-Areal wirkt noch immer nach

Rückblick: Bei den Arbeiten für das neue Quartier wurde in der Baugrube belastetes Material entdeckt. Das war bereits 2015 bei den Abbrucharbeiten auf dem Areal verfüllt worden. Die Suche nach den Verantwortlichen begann. Denn es standen Entsorgungskosten von mindestens zwei Millionen Euro im Raum. Bürgermeister Neumann erklärte 2021, die Verwaltung sei eine vertragliche Zahlungsverpflichtung in dem Glauben eingegangen, dass nur unbelastetes Material gelagert sei. Bekannt wurde dann jedoch, dass vereinzelt „intern Kenntnis“ bestanden habe.

Stadt Künzelsau blieb offenbar auf Kosten sitzen

Eine Entschädigung über 550.000 Euro, die die Stadt von ihrer Versicherung erkämpfte, deutet an, dass die Stadt auf den Kosten sitzenblieb. Einige Stadträte forderten wiederholt eine umfangreiche, öffentliche Dokumentation der Vorgänge. Außerdem wurde ein Fragenkatalog an die Verwaltung übergeben, der in diesem Zuge beantwortet werden sollte. Eine Sitzung hierzu sollte es im Juli geben. Weil der zuständige Rechtsanwalt offenbar kurzfristig nicht zugeschaltet werden konnte, wurde das Thema von der Agenda genommen.

Allerdings hätten UBK, SPD/Grüne und Die Partei ohnehin eine Vertagung beantragt. Die Begründung: Es seien keine aussagekräftigen Dokumente beigefügt, der Fragenkatalog werde nicht beantwortet und alle relevanten Unterlagen seien als nichtöffentlich klassifiziert. „Dies kommt einem Maulkorb für den Gemeinderat gleich“, heißt es im geplanten Antrag, der der HZ vorliegt. Bleibt abzuwarten, wann das Thema abgeschlossen wird.

Kritik an Kostenmanagement

Der Gemeinderat übte in Sachen Peka-Areal auch immer wieder Kritik an der späteren Entsorgung der besagten Altlasten. Denn der Investor, die Active Group, beauftrage damit genau die Firmen, die auch am ursprünglichen Abriss beteiligt waren – und somit Teil des eigentlichen Problems. Das schürte Misstrauen. Außerdem waren einige Stadträte überzeugt, dass die Entsorgung, hätte die Stadt eine eigene Ausschreibung dafür vorgenommen, günstiger gewesen wäre. Die Stadt dementierte das stets. 

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