Schutzbunker-Konzept in der Region Heilbronn ist seit gut 20 Jahren Geschichte
Die Bilder von ukrainischen Bürgern, die in U-Bahn-Schächten Schutz vor russischen Bomben suchen, bewegen die Menschen auch in der Region Heilbronn. Was wäre im Fall eines Falles, wenn man auch hierzulande Schutz suchen müsste? Wo gäbe es Schutzräume, die man ansteuern könnte?

Der Fall ist derzeit nicht akut, Russland geht militärisch gewaltsam gegen die Ukraine vor. Die Nato wäre ein viel mächtigeres Kaliber. Dennoch sind Fragen von Lesern, die uns erreichen, berechtigt.
Bund und Unterhaltung von Schutzräumen in den 2000-er Jahren aufgegeben
Antworten, die von der Stadt und dem Landratsamt Heilbronn zu einem Schutzkonzept in einem Verteidigungsfall kommen, sind eindeutig: Nach vielen Jahren Frieden gibt es keines. Bau und Unterhaltung von Schutzräumen "wurden vom Bund in den 2000er Jahren aufgegeben", teilt das Landratsamt mit. Im Landkreis Heilbronn "sind daher keine funktionsfähigen Schutzräume vorhanden". Der Bund ist zuständig für den Schutz der Zivilbevölkerung, kann im Ernstfall auf Einheiten des Katastrophenschutzes in Städten und Landkreisen zurückgreifen. Die Strategie ist nicht auf Kriege ausgelegt, sondern auf Naturkatastrophen und Gefahrstofflagen.

Für den Katastrophenschutz in Friedenszeiten "hat das Landratsamt Kontakte zu Lebensmittellieferanten, auf die wir im Ereignisfall zugehen können", teilt Marc Hoffmann mit, Leiter Sicherheit und Ordnung. Die Strukturen seien darauf angelegt, eine gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung "mit den nötigsten Gütern zu erreichen".
Auch in der Stadt Heilbronn "gibt es de facto keine öffentlichen Schutzräume", teilt Uwe Pfeiffer mit, Abteilungsleiter Katastrophenschutz bei der Feuerwehr. Wartung und Unterhaltung seien durch den Bund vor rund 20 Jahren eingestellt worden. Und auch das Salzbergwerk sei ungeeignet, verfüge über keinerlei Infrastruktur für diesen Zweck.
Bedenken beim großen Schutzbunker auf der Theresienwiese

Heilbronnern fällt sofort der große Bunkerturm auf der Theresienwiese ein, der im Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Der 28 Meter hohe Theresienturm beherbergt zehn Stockwerke im Innern samt Mannschaftsräumen mit Waschbecken, hat bis zu vier Meter dicke Wände aus Beton und Sandstein. Die Stadt hat die Außenhülle 2014 saniert, die Bürgerstiftung hat den Turm als historische Gedenkstätte 2019 wieder zugänglich gemacht - inklusive Elektrik. Rund 1000 Menschen überlebten dort in der Heilbronner Bombennacht am 4. Dezember 1944, als britische Bomber die Altstadt in Schutt und Asche legten.
Wäre er auch heute noch ein geeigneter Schutzraum? Die Mauern seien noch intakt, teilt Joachim Hennze von der Unteren Denkmalbehörde mit. Aber: Der Turm sei rund 80 Jahre alt. "Die Frage ist, welche Auswirkungen die modernen Waffen auf den Turm hätten. " Hennze sagt offen: Bei einem militärischen Angriff heute "hätte ich Bedenken im Innern".
Hamsterkäufe könnten Versorgungssystem im Notfall erheblich gefährden
Ob Russlands Angriff auf die Ukraine Anlass wäre, Schutzpläne neu aufzulegen? Dazu hält sich die Stadt Heilbronn zurück. "Diese Entscheidung müsste der Bund treffen", sagt Uwe Pfeiffer. Bei einem Störfall oder Schaden in einem Atomkraftwerk seien die Länder zuständig. Es gebe Evakuierungspläne der Regierungspräsidien. Die aktuelle Lage in der Ukraine sei kein Anlass für Hamsterkäufe in Deutschland, betont Marc Hofmann vom Landratsamt. Diese könnten das Funktionieren eines koordinierten Versorgungssystems in einem Notfall "erheblich gefährden". Eine Eigenverantwortung der Bürger "mit Augenmaß" sei wichtig. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz hat hierzu eine Broschüre aufgelegt: Im Internet ist sie einsehbar, wenn man "BBK" und "Ratgeber für Notfallvorsorge" eingibt.
Auf seiner Homepage schreibt das Bundesamt: "Dass Deutschland vor dem Hintergrund des bewaffneten Konflikts in der Ukraine einem Luftangriff ausgesetzt sein wird, ist unwahrscheinlich."
Wie gewarnt wird im Ernstfall
Im Verteidigungsfall liegt die zentrale Zuständigkeit beim Bund. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nennt Rundfunk, Fernsehen und Internet als Informationsmedien, die in einem Katastrophenfall eingesetzt werden. Das vernachlässigte Sirenennetz soll per Förderprogramm zeitnah modernisiert werden. Zudem gibt es die Notfall-Nachrichten-App "NINA", die deutschlandweit vor Gefahren warnt. NINA ist kostenlos verfügbar über iTunes oder Google Play Store. Dem Bundesamt kann man auch unter www.warnung.bund.de oder auf Twitter (@BBK_Bund) folgen.



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