Kinderporno-Fall: Ex-Erzieher gesteht Foto-Tausch und Missbrauch
Der in Untersuchungshaft sitzende ehemalige Kindergartenleiter räumt Taten ein. Das eigens eingerichtete Krisenteam der Kirche tut sich mit der Spurensuche schwer.

Der ehemalige Leiter eines Heilbronner Kindergartens hat den Tausch von Kinder-Porno-Bildern und den schweren sexuellen Missbrauch eines Jungen gestanden. Das meldet die Heilbronner Staatsanwaltschaft: "Der 31-Jährige hat die bisher ermittelten Straftaten eingeräumt." Es werde aber nach wie vor ermittelt. Die Staatsanwaltschaft werde eine separate Anklage wegen des Missbrauchs eines acht Jahre alten Jungen erheben, den der jahrelang in einem evangelischen Kindergarten beschäftigte Erzieher mit einer Kamera aufgenommen haben soll.
Bereits in Vernehmung Aussagen gemacht
Der Rechtsanwalt des Angeklagten, Thomas Amann aus Bietigheim-Bissingen, zeigt sich wenig überrascht von der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. "Mitte vergangener Woche gab es eine drei Stunden lange richterliche Vernehmung. In diesem Rahmen hat mein Mandant bereits ausführliche Aussagen zur Sache gemacht." Den Zeitpunkt der Veröffentlichung durch die Staatsanwaltschaft könne er sich nicht erklären.
Die Spurensuche durch das eigens zusammengestellte Krisenteam der Kirchengemeinde gestaltet sich indes schwierig. Weder aus einer Stellungnahme des ehemaligen Dekans Otto Friedrich, noch aus einer Mitteilung des in die Kritik geratenen Kirchenpflegers Rolf Krieg habe man neue Erkenntnisse gewinnen können. Das Team hatte sich bei ihnen nach Verfehlungen der Kirchenverwaltung erkundigt, darunter die Verletzung von Informationspflichten - Angaben weiterer Stellen stehen noch aus.
Schwierige Aufklärungsarbeit des Krisenteams
Das Team begrüße, dass der Oberkirchenrat in Stuttgart durch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Kirchenpfleger die Bewertung des Falles übernommen hat - auch, dass der ehemalige Bundesrichter Ulrich Hebestreit mit dieser Aufgabe betraut wurde.
Mit dem bestehenden Kinderschutzkonzept in den Kindertagesstätten und der evangelischen Jugendarbeit zeigt sich das Team weitgehend zufrieden. "Lediglich an der Verwaltungsspitze der Kindergärten hat das Konzept mit den Melderegeln nicht gegriffen", schreibt das Team. Ein Faktor sei dabei offenbar, dass die Leitung des Kindergartens selbst in Verdacht geriet. "An dieser Stelle muss das Schutzkonzept umgehend überarbeitet werden."
Weil der Mann seit Anfang März in Untersuchungshaft sitzt, sei mit der Anklage Anfang September zu rechnen, teilt die Staatsanwaltschaft weiter mit. Dann würden sowohl der Tausch der Kinderporno-Bilder als auch der schwere sexuelle Missbrauch höchstwahrscheinlich in einem Prozess am Landgericht Heilbronn verhandelt. Der Beginn des zunächst für Mitte März geplanten Prozesses, bei dem es allein um den Besitz und das Verbreiten von Kinderpornos gehen sollte, wurde abgesagt.
Keine Belege für Übergriffe im Kindergarten
Den Jungen und seine Familie kannte der Erzieher nach Angaben aus der Kirchengemeinde privat. Die Ermittlungen zum Missbrauch im Jahr 2013 waren durch die Strafanzeige eines Vaters angestoßen worden. Dieser hatte angegeben, sein Sohn habe erzählt, der Kindergartenleiter habe ihn beim Toilettengang fotografiert. Zwar sei dieser Vorfall bislang noch nicht belegt, aber durch die nochmalige Sichtung von Material hätten sich Hinweise auf den sexuellen Missbrauch ergeben. Die Ermittlungen haben laut Staatsanwaltschaft bisher keine Belege ergeben, dass der Mann im Kindergarten selbst übergriffig war.
Inzwischen hat der früh Informierte, bis zur Niederlegung dieser Aufgabe für die Heilbronner Kindergärten zuständige Kirchenpfleger ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt. Ihm wird unter anderem von betroffenen Eltern zur Last gelegt, nach Vorwürfen gegen den Erzieher zu zögerlich gehandelt zu haben.
Mehr Kirchenaustritte nach Kinderporno-Vorwürfen
Nach den Kinderporno-Vorwürfen sind die Austritte aus der evangelischen Kirche in Heilbronn gestiegen. „Es ist eine Auffälligkeit, und es zeigt, dass wir alles dran setzen müssen, Vertrauen wiederzugewinnen“, sagte Pfarrer Matthias Treiber am Donnerstag in Heilbronn. Zahlen nannte er jedoch nicht.
Das Misstrauen der Eltern in die kirchliche Verwaltung sei groß. Hingegen stünden die Mütter und Väter hinter den Erzieherinnen. Bislang sei ihm nur eine Abmeldung bekannt, sagte Treiber.
Treiber gehört einem lokalen Krisenteam unter anderem mit mehreren Pfarrern, einer Kita-Fachberaterin der Gesamtkirchengemeinde und einem Schuldekan an.
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