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Wie belastet sind die Kliniken derzeit durch Corona-Patienten?

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Wie groß ist die Überlastung an Deutschlands Krankenhäusern und vor Ort, im SLK-Verbund, in der vierten Pandemiewelle? Das Personal ist der limitierende Faktor bei der Versorgung von Patienten - das gilt auch für SLK.

Eine Mitarbeiterin der Pflege steht in einem Zimmer einer Corona-Intensivstation. Foto: dpa
Eine Mitarbeiterin der Pflege steht in einem Zimmer einer Corona-Intensivstation. Foto: dpa  Foto: Fabian Strauch/dpa/Illustration

SLK-Klinikdirektor Marcus Hennersdorf hatte gegenüber der Stimme von einer "belastenden Situation für die Mitarbeiter" gesprochen und erklärt, dass die Behandlungskapazitäten erneut knapp werden, weil immer mehr schwer erkrankte Covid-19-Patienten versorgt werden müssen – die meisten davon ungeimpft. Darauf ist in verschiedenen Social-Media-Kanälen der Stimme eine rege Diskussion entstanden. Wir nehmen das zum Anlass, die Lage im SLK-Verbund anhand verschiedener Kriterien genauer zu erklären:

Patientenzahlen: Die Zahl der Covid-19-Patienten bei SLK lag am Montag bei 64, davon wurden zehn auf der Intensivstation behandelt. Die Zahlen sind von einem niedrigen Niveau im Sommer langsam und stetig gestiegen. Vor allem ab Kalenderwoche 42, Mitte Oktober, seien die Patientenzahlen "sprunghaft nach oben gegangen", sagt SLK-Sprecher Mathias Burkhardt. Zum Vergleich: Zum Höhepunkt der dritten Welle im Winter 2020/2021 mussten über Wochen teilweise mehr als 100 Patienten behandelt werden, der Höchstwert bei den Intensivpatienten belief sich auf 35. Die aktuellen Werte sind niedriger, trotzdem spricht der für die Covid-Intensivstation verantwortliche Chefarzt Marcus Hennersdorf von einer "Überlastung". Das hat verschiedene Gründe.


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Die Corona-Krise in Zahlen


Personal: Das Personal ist der limitierende Faktor, das war schon vor der Pandemie so. Covid-19 hat die Situation, vor allem im Pflegebereich, aber nochmals drastisch verschärft. Der Grund dafür ist ein demographischer: Deutschland hat die zweitälteste Bevölkerung weltweit nach Japan – das heißt, es gibt hierzulande immer mehr Menschen, die umfangreiche medizinische Versorgung oder Pflege brauchen. Der Markt für Pflegekräfte ist jedoch leergefegt, und das seit Jahren. Zumindest, was hochqualifizierte Pflegekräfte im Krankenhaus angeht, greift die Forderung nach besserer Bezahlung zur Lösung des Problems zu kurz. Vielmehr geben Pflegekräfte oft die hohe Belastung durch Schichtarbeit und die schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Grund für ihre Unzufriedenheit mit dem Beruf an – zudem die Tatsache, dass immer mehr Arbeit auf immer weniger Schultern lastet. Das hat sich auch im Rahmen der Stimme-Pflegeserie gezeigt, bei der wir mit Pflegekräften von SLK und aus anderen Einrichtungen gesprochen haben.

Pandemie: Die Pandemie hat die Engpässe verschlimmert. Seit Monaten werden Covid-Patienten zusätzlich zu anderen Patienten in den Krankenhäusern versorgt. Die Arbeit für Ärzte und Pflegekräfte ist nicht nur körperlich anstrengend – die Bedingungen sind auch durch die notwendige Schutzkleidung erschwert. Ein Beispiel: Das erforderliche Wenden eines Intensiv-Patienten mit allen Sicherheitsvorkehrungen sei ein Akt, der viel Personal bindet und sehr anstrengend ist, sagt Burkhardt. Auch die psychische Belastung auf den Covid-Stationen ist hoch, denn die Krankheit macht viele Patienten schwer krank und verläuft häufig völlig unvorhersehbar, die Todesraten sind hoch. Wegen der notwendigen Isolation starben vor allem zu Anfang der Pandemie viele Patienten allein und ohne ihre Angehörigen nochmals gesehen zu haben. Das stelle auch für sie eine enorme emotionale Belastung dar, sagten uns SLK-Pflegekräfte im vergangenen Winter.

Aktuell kommt hinzu: Auch vor Krankenhaus-Personal macht die Erkältungswelle nicht halt. Viele Angestellte fielen derzeit durch Krankheit aus, sagt Burkhardt.


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Bedrückender Alltag auf der Covid-Isolierstation



Organisation: Um die zusätzlichen Covid-Patienten versorgen zu können, ist der reguläre Krankenhaus-Betrieb in den vergangenen knapp zwei Jahren mehrfach zurückgefahren worden. Das heißt: Hüft-Operationen wurden verschoben, Schmerz-Patienten vertröstet. Auch jetzt steht das wieder bevor. "Wir werden ab 15. November drei OP-Säle schließen", sagt Burkhardt. Personal werde in Folge umgeschichtet und in der Covid-Versorgung eingesetzt. "Aber man kann andere notwendige Operationen ja nicht unendlich verschieben", sagt er. Wenn ein Patient nicht mehr laufen könne und dringend ein neues Hüftgelenk brauche, sei das schließlich auch ein wichtiger Eingriff und der Patient ein Mensch, der versorgt werden muss.

Zuletzt noch ein Twitter-Zitat von SLK-Oberarzt Dominik Scharpf, der die Covid-Intensivstation am Gesundbrunnen betreut: "Letztlich ist es egal, was der Patient hat und wo er liegt: Die Gesamtkapazitäten sind entscheidend, wir arbeiten täglich eng mit den chirurgischen Kollegen zusammen und koordinieren die gesamten Intensivbetten. Voll ist dann voll, egal für welche Krankheit."


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Berliner Charité sagt seit Dienstag alle planbaren OPs ab

Die Berliner Charité-Universitätsmedizin sagt seit Dienstag alle planbaren Eingriffe ab. Die steigende Zahl von Covid-19-Patientinnen und Patienten mache diesen Schritt nötig, teilte ein Sprecher mit. Ziel sei es, Mitarbeiter wieder vermehrt auf Covid-19-Stationen einzusetzen. Notfälle werden demnach aber weiter behandelt und auch dringliche Eingriffe würden vorgenommen.

Dem Sprecher zufolge werden derzeit mehr als 120 an Corona erkrankten Patienten in der Charité behandelt. Wie viele von ihnen auf Intensivstationen liegen, gab die Einrichtung nicht bekannt. Die Charité behandelt häufig die besonders schweren Fälle. Sie hat im Laufe der Pandemie bereits mehrfach ein Notprogramm gefahren, um die Zahl der Covid-19-Patienten zu bewältigen.


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difoni Niedernhall am 09.11.2021 18:50 Uhr

aber die Politik macht es sich leicht

Jeder muss sich selbst kümmern, die Firmen müssen, wenn sie ihre Belegschaft sicher haben wollen, selbst testen.

Diese Entwicklung begann ca. 2 Mon. vor der Bundestagswahl und nun haben wir ein Vakuum vor dem Regierungsantritt der Ampel unter FDP-Führung (ja, richtig gelesen: nichts Verbindliches, alles dem einzelnen überlassen, möglichst die Zügel locker lassen)

Unsere europäischen Nachbarländer machen es vor, wie ein striktes Kontrollregiment geht. Aber hier nimmt man auf Leute Rücksicht, die von einer "Diktatur" schwafeln. Man müsse ja auf ihre Bedenken eingehen...

Wie damals auf PEGIDA, was folgte ist bekannt.

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