Droht Faschingsumzügen in der Region Heilbronn das Aus? Hohe Auflagen für Vereine
Ein neuer Wegweiser des Landes Baden-Württemberg für Erleichterungen bei Faschingsveranstaltungen gilt nicht für große Umzüge, wie sie vielerorts in der Region stattfinden. Nicht die einzige Sorge, die Faschingsvereine derzeit haben.
Die Narren sind los: Am Montag, 11. November, starten sie in die Kampagne 2024/2025. Doch wenn die Ehrenamtlichen an die Faschingsumzüge denken, ist die Stimmung getrübt. „Immer höhere Auflagen und steigende Kosten“ beklagt nicht nur der Präsident des Gundelsheimer Carnevalvereins (GCV), Hans-Peter Bechtold. Vom neuen Wegweiser des Landesverkehrsministeriums, der Erleichterungen und einheitliche Richtlinien für Brauchtumsveranstaltungen auf öffentlichen Straße ankündigt, ist er enttäuscht – dieser gilt nämlich nur für eine Teilnehmerzahl von maximal 500 Personen.
10.000 bis 15.000 Zuschauer bei Umzügen von Talheim bis Ellhofen
„Hier in der Region reden wir von Veranstaltungen mit 10.000 bis 15.000 Zuschauern und Tausenden Aktiven“, betont Bechthold. Der GCV hat sich mit den Vereinen aus Bad Wimpfen, Talheim, Ellhofen, Hardthausen, Bad Rappenau und Binswangen zusammengetan, um mit einer Stimme zu sprechen und den direkten Kontakt zum Landesverband Württembergischer Karnevalvereine (LWK) zu pflegen: „Wir haben gehofft, es tut sich auch bei größeren Umzügen was.“
LWK-Präsident Steffen May war einer der Vertreter am „Runden Tisch Fastnacht“ der Landesregierung Baden-Württemberg. „Das Ergebnis ist ein Anfang, aber es löst nicht unser Problem im Großen und Ganzen“, so sein Fazit. Beim Narrenbaumstellen könne der neue Leitfaden Sinn machen. „Aber wir werden nach der Kampagne im Verband abfragen, ob es tatsächlich etwas gebracht hat“, versichert May.

Faschingsvereine leiden unter Inflation und hohen Sicherheitsstandards
Die Faschingsvereine plagen viele Sorgen: Die Inflation macht das Wurfmaterial teurer. „Nur für unseren eigenen Umzug sind das bis zu 8000 Euro“, sagt Hans-Peter Bechtold. Organisatorisch aufwändig und ein großer Kostentreiber seien die Sicherheitskonzepte, „in der jegliche Eventualität im Vorfeld durchdacht ist“. Die Folge: Mehr Personalbedarf bei DRK, THW oder Feuerwehr, der Einsatz von Securityfirmen, Hunderte Meter Absperrgitter.
„Allein fürs DRK haben sich die Kosten bei manchen Umzügen verdoppelt. Früher haben wir die Sicherheit mit gestandenen Männern selbst gewährleistet. Plötzlich müssen Umzugsstrecken mit Lkw-Sperren gesichert werden“, zählt der 61-Jährige auf.
Umzüge im Raum Heilbronn: Nur ein Teil der Gäste zahlt freiwillig
In Gundelsheim stehen Ausgaben von 20 000 Euro Einnahmen von 10.000 bis 15.000 Euro gegenüber – je nach Wetterlage. Einzige Einnahmequelle beim Gundelsheimer Umzug ist der freiwillige Obolus von drei Euro. „Wenn wir ein Drittel der Zuschauer dazu bewegen können, sind wir gut dabei“, so Bechtold. „Wir finanzieren uns aus den Prunksitzungen, sonst wäre es wirtschaftlich nicht mehr vertretbar.“ Es werde diskutiert, für die großen Umzüge in der Region künftig vier Euro zu verlangen.
„Wenn man ehrlich ist, geht es nur noch mit Unterstützung der Kommunen“, sagt Steffen May. Wie etwa in Gundelsheim, wo die Stadt dem GCV Absperrgitter oder Verkehrsschilder unentgeltlich zur Verfügung stellt. Doch das ist längst nicht überall so. Auch die Vorschriften werden unterschiedlich ausgelegt: „In kleineren Kommunen ist man näher am Rathaus. In Großstädten geht’s oft stur nach Paragrafen“, weiß May. Der 51-Jährige – nicht nur LWK-Chef, sondern auch Präsident der Narrenzunft Deichelmaus Spaichingen – nennt einen weiteren Aspekt, der Ehrenamtliche belastet: „So ein Umzug ist eine Riesen-Verantwortung. Ich bin jedes Mal froh, wenn nichts passiert ist.“
Landesverband Württembergischer Karnevalvereine will weiter Druck machen
Vielerlei Gründe, weshalb immer mehr der 140 Vereine im LWK auf eigene Umzüge verzichten. Steffen May will den Weg über den Runden Tisch weitergehen. „Wenn man das Ehrenamt unterstützen will, muss man anfangen, „den Leuten das Arbeiten zu erleichtern“. Eine Art Blaupause fürs Sicherheitskonzept, mehr eigene Ordner – „es gibt viele Punkte, an denen man arbeiten kann“. Der LWK werde weiter Druck auf die Behörden ausüben: „Als Vertreter von 60.000 Mitgliedern haben wir eine gewichtige Stimme.“ Zur Not müsse das Land Fördertöpfe öffnen, „wenn man will, dass Brauchtum und Kulturgut erhalten bleiben“.
Der Wegweiser für Fastnachtsveranstaltungen auf öffentlichen Straßen ist ein Ergebnis des „Runden Tischs Fastnacht“, in dem Land, Kommunen und Verbände vertreten sind. „Er hilft Vereinen und Behörden, damit alles reibungslos abläuft. Wir zeigen, wer sich wann um was kümmern muss, und wir haben in diesem Zuge vieles einfacher gemacht“, so Staatssekretärin Elke Zimmer. Betont wird auch die Bedeutung der Veranstaltungen: „Sie prägen das kulturelle Leben in Baden-Württemberg. Sie sind Ausdruck einer lebendigen Tradition und der Landesregierung ein wichtiges Anliegen.“