Audi-Betriebsrat zu VW-Sparkurs: "Scheuen uns nicht, die gleiche Gangart zu gehen"
Der geplante Sparkurs des Volkswagen-Vorstands sorgt für massiven Unmut bei den Arbeitnehmervertretern. Auch der Audi-Betriebsrat äußert sich nun zur VW-Krise und findet deutliche Worte.
Der geplante radikale Sparkurs bei Volkswagen schlägt hohe Wellen. Arbeitnehmervertreter kündigten erbitterten Widerstand gegen Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen an, auch die Politik hat sich in die Diskussion eingeschaltet.
"Der Vorstand hat versagt", schreibt VW-Gesamtbetriebsratschefin Daniela Cavallo in einem Sonderdruck der Arbeitnehmervertreter. Sie kritisiert die Einschätzung des VW-Managements, das mindestens ein größeres Autowerk und eine Komponentenfabrik für überflüssig hält. Am Mittwoch muss sich der Vorstand den Fragen der VW-Mitarbeiter stellen. Cavallo rechnet bei der Betriebsversammlung in Wolfsburg mit deutlichen Unmutsbekundungen. "Die Belegschaft ist aktuell natürlich sehr verunsichert." Das werde sie deutlich machen, wenn Markenchef Thomas Schäfer im Beisein von Konzernboss Oliver Blume auftrete.
Der VW-Vorstand hatte am Montag verkündet, angesichts der schwachen Nachfrage auf dem Automarkt Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr auszuschließen. Zudem werde die Beschäftigungssicherung bis 2029 gekündigt. "Wir werden uns erbittert zur Wehr setzen", macht die Betriebsratschefin klar.
Sparkurs bei VW: Audi-Betriebsrat positioniert sich deutlich
Auch wenn zunächst nur von VW-Werken die Rede war, schrillen auch bei der Konzerntochter Audi die Alarmglocken. Der Gesamtbetriebsrat kritisierte am Dienstag die "neue Qualität der Auseinandersetzung im VW-Konzern und in den Marken, die wir seit einiger Zeit beobachten müssen". Weiter heißt es in der Stellungnahme aus Ingolstadt und Neckarsulm: "Wir lehnen diese konfrontative Art ab, scheuen uns aber nicht, die gleiche Gangart zu gehen." Das Gremium bezeugte seine Solidarität mit den Kollegen bei Volkswagen. Vom Vorstand erwarten die Betriebsräte, "dass er seine strategischen und prozessualen Hausaufgaben macht und nicht einfach versucht, Probleme durch einen Angriff auf die Standorte, die Beschäftigten und die Tarifverträge zu lösen." Man werde sich dafür einsetzen, dass Audi selbstbestimmt und handlungsfähig bleibe und warte auf die innovativen Ideen des Vorstands.
Wie die meisten Werke im VW-Konzern sind auch die Audi-Standorte in Neckarsulm und Heilbronn schlecht ausgelastet. In Neckarsulm dürften aber die neuen Verbrenner-Modelle A5 und A7 die Auslastung für die kommenden Jahre deutlich verbessern.
Habeck zu VW-Sparkurs: Deutschland muss Autostandort bleiben
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, Entscheidungen müssten in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern erfolgen und das Ziel haben, dass Deutschland ein starker Automobilstandort bleibe. "Alle Beteiligten müssen ihrer Verantwortung für die Beschäftigten in den Standorten gerecht werden." Habeck nannte die Autoindustrie einen Eckpfeiler des Industriestandorts Deutschland. "Das soll auch so bleiben."
Zuspruch kam dagegen von Wirtschaftsexperten. "Die angekündigten Maßnahmen sind überfällig, um eine Trendwende einzuleiten und eine Krise zu verhindern", sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach sprach von einem notwendigen Weckruf. Ohne einschneidende Maßnahmen drohe Volkswagen zum Sanierungsfall zu werden. "Die Situation ist noch im Griff, aber in wenigen Jahren kann das ganze existenzgefährdend werden." Dem müsse man nun vorbeugen. "Und das geht nicht mit Samthandschuhen."
VW-Krise: Warnung vor Rettung durch den Staat
Angesichts der Krise bei Volkswagen warnt die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm vor staatlichen Rettungsversuchen für bedrohte Standorte. "Der Staat sollte sich da raushalten", sagte die Ökonomieprofessorin, die zum Beraterkreis der Bundesregierung gehört, der "Rheinischen Post". "Es kann durchaus zu Werkschließungen kommen. Die Automobilindustrie ist in einem Strukturwandel." Grimm: "Direkt die Automobilindustrie zu retten, halte ich nicht für den richtigen Weg."