Werbekampagne mit TV-Moderator: Lidl, Günther Jauch und die lobende Kritik an der Lidl-Plastikflasche
Eine Werbekampagne mit dem bekannten TV-Moderator sorgt für Empörung bei Umweltverbänden. Das Umweltbundesamt kann sich nicht recht entscheiden. Und Lidl-Vorstand Tiedemann wünscht sich einen Wettbewerb der Systeme.

Günther Jauch entdeckt die Kreislaufflasche von Lidl. So lautet der Titel eines Youtube-Videos, mit dem Lidl derzeit die Umweltfreundlichkeit seiner PET-Flaschen bewirbt. Darin zeigt sich der TV-Moderator überrascht, dass die Einwegflasche des Discounters für die Umwelt günstiger sei als die PET-Mehrweg- oder gar die Mehrweg-Glasflasche. Dafür gibt es nun Kritik von vielen Seiten. Das Kreislaufsystem von Lidl kommt dabei trotzdem gut weg.
Kann das System so gut sein? Greenpeace hat Zweifel
Lidl schafft es inzwischen, seine PET-Getränkeflaschen zu 100 Prozent aus Recycling-Flaschen herzustellen. Greenpeace und Deutsche Umwelthilfe (DUH) sehen in der aktuellen Werbekampagne allerdings "Greenwashing" und eine unvollständige Darstellung der Ergebnisse der angeführten Studie.
Greenpeace-Expertin Viola Wohlgemuth äußert im "Stern" etwa Zweifel, dass der PET-Kreislauf von Lidl wirklich so geschlossen sei wie behauptet. Hinweise, dass die nach Iso-Normen erstellte Ökobilanz fehlerhaft ist, hat sie allerdings wohl nicht. In anderen Worten: Dass das System so gut ist, erscheint ihr unwahrscheinlich.
Die DUH setzt sich mit der Darstellungsform auseinander. Das "hochoptimierte Verpackungssystem", das Lidl aufgebaut habe, werde mit der Durchschnittsverpackung des gesamten Mehrwegmarktes verglichen. Auch das hört sich an wie eine Anerkennung.
Lob verpackt als Kritik
Das Umweltbundesamt lobt Lidl ebenfalls, verpackt als Kritik. Lidls Vergleich mit anderen Mehrwegsystemen hinke, erklärt das UBA gegenüber der "Kölnischen Rundschau", um die Lidl-Flasche dann als die "Klassenbeste unter den Plastikflaschen" zu bezeichnen. Trotzdem bleibt das UBA bei seiner Empfehlung für regionale Glas-Mehrwegsysteme.
Ein Punkt ist dem UBA dabei wichtig: Das Lidl-System benötige zwar kein Neuplastik mehr für die Flaschenproduktion, aber um Verluste im Kreislauf auszugleichen, sei der Discounter auf fremde Flaschen angewiesen. Doch was soll das heißen? Recycelt Lidl zu viel?
Die Lidl-Pressestelle erklärt auf Anfrage, dass sie mit DUH und UBA einig sei, dass der Getränkemarkt im Sinne des Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutzes transformiert werden muss. "Wir treten mit unserer Kampagne und der zugrundeliegenden Ökobilanz für eine datenbasierte Debatte ein und sind an einem sachlichen Dialog interessiert." Pauschal die Mehrwegsysteme zu bevorzugen, hält der Discounter dagegen nicht für zielführend.
Pläne der EU könnten für Lidl teuer werden
Es gibt noch ein weiteres Problem. Die EU-Kommission hat als Ziel ausgegeben, dass bis 2030 zehn Prozent aller Getränkeflaschen in Mehrwegverpackungen verkauft werden. Der Anteil soll danach noch weiter wachsen. Lidl, das laut Angaben im Jauch-Spot 200 Millionen Euro in das eigene Recycling-System gesteckt hat, müsste abermals investieren.
Wolf Tiedemann, Vertriebs- und Logistikvorstand bei Lidl Deutschland, betont gegenüber unserer Zeitung: "Im Sinne des Klimas muss die Ökobilanz entscheidend sein." Ein Wettbewerb der Systeme nehme alle in die Verantwortung. "Ob bepfandete Einweg-Getränkeverpackungen oder Mehrweg - alle sollten verpflichtet sein, sich zu optimieren."
Jauch kommt nicht gut weg
Auf generell wenig Verständnis trifft Günther Jauchs Einsatz für den Discounter. Er wirft seine Glaubwürdigkeit als Journalist in die Waagschale, wenn er "hinter die Kulissen" des Lidl-Systems blickt und dann seine scheinbar unabhängige Bewertung verkündet. Angesichts der allgemeinen Aufregung sieht er inzwischen zwar "weiteren Aufklärungsbedarf". Trotzdem verteidigt er in der "Kölnischen Rundschau" die "Kreislaufflasche" des Lidl-Systems als "zukunftsweisendes Modell" und steht damit auch zu seinem Einsatz für die Wimpfener.