800 Bosch-Mitarbeiter vor Werkstor in Abstatt – Protest gegen Stellenabbau
Die IG Metall fordert Mitsprache bei den Sparplänen des Bosch-Managements. Mit den geplanten Stellenstreichungen, auch in Abstatt, will sie sich nicht abfinden. Inzwischen ist auch ein Tochter-Unternehmen betroffen.
In einem sind sich alle Redner einig: Die Sparpläne des Bosch-Managements werden sie nicht einfach akzeptieren. Vielmehr fordern Betriebsräte und IG Metall Mitsprache und faire Verhandlungen um die Zukunft der deutschen Standorte. Denn Bosch an sich gehe es ja gut, nun müsse über Perspektiven und Zukunftsprojekte für die heimischen Werke und Entwicklungszentren gesprochen werden.
Die vor einigen Wochen verkündeten Streichungspläne, die auch den Standort Abstatt treffen sollen, haben an diesem Morgen etwa 800 Beschäftigte vor allem aus der am stärksten betroffenen Sparte XC vor das Tor getrieben. Angesichts der kalten Temperaturen decken sie sich gerne mit roten Mützen der Gewerkschaft ein, wärmen sich mit "La Ola" und hüpfen zwischendurch auf und ab. Frostig ist die Stimmung ohnehin.
Aktionstag wegen Stellenabbau bei Bosch – auch Tochter Etas in Abstatt betrofffen
Erst Anfang der Woche wurde bekanntgegeben, dass Bosch auch bei einem Tochter-Unternehmen sparen möchte: Bei Etas, einem Software-Entwickler für Fahrzeug-Betriebssysteme, sollen 400 von 3.100 Stellen weltweit wegfallen, berichtet Jens Jung, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von Etas in Abstatt. In Deutschland verzeichnet die Bosch-Tochter insgesamt 1.650 Mitarbeitende, in Abstatt arbeiteten derzeit 150 Beschäftigte. "Wir haben noch keine Zahlen, wie viele Stellen bei uns wegfallen sollen." Die Kürzungspläne seien erst vor Kurzem auf den Tisch gekommen. "Bis vor zwei Monaten zeichnete sich da noch nichts ab."
Klare Forderung bei Aktionstag in Abstatt: Zurück zu den Bosch-Werten
Die Forderungen der Arbeitnehmer werden immer wieder vorgebracht: Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherheit müssten in Einklang gebracht werden, die Transformation von Bosch müsse fair umgesetzt werden, die einzelnen Betriebe müssten fit für die Zukunft gemacht werden. So fasst es am Ende der 45-minütigen Kundgebung der Abstatter Betriebsratsvorsitzende Helmut Meyer zusammen. "Wir bestreiten nicht, dass es Veränderungsbedarf gibt", sagt er. "Wir verlangen aber, dass diese Veränderungen nicht einseitig von der Firmenseite entschieden werden." Gewerkschaft und Betriebsräten dürfe nicht die Organisation des Stellenabbaus zugewiesen werden. "Dafür stehen wir nicht zur Verfügung."
Mehrfach wird betont, dass es bestehende Vereinbarungen und den Zukunftstarifvertrag gibt. "Weitere Einschnitte wie die Senkung der Arbeitsstunden sind ein Verstoß dagegen", kritisiert etwa Yvonne Möller von der IG Metall-Bezirksleitung. "Statt der viel gerühmten Bosch-Werte begegnen wir zurzeit Rücksichtslosigkeit und Respektlosigkeit. Wir wollen gemeinsame Antworten und ein Zurück zu den Werten, die Bosch groß gemacht haben." Die Gewerkschaft werde so lange an dem Thema dranbleiben, bis sie die Zukunft bei Bosch mitgestalten kann, kündigt sie an. "Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir erwarten, dass mit uns geredet wird." Jonas Berhe, Erster Bevollmächtigter der Geschäftsstelle Heilbronn-Neckarsulm, kündigt schon einmal an: "Das wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir uns zusammenrufen."
Verbleibende Mitarbeiter wurden "Bodensatz" genannt
Der Tonfall scheint bereits ein wenig Schieflage zu bekommen, deutet Andreas Streit an. Das Management habe die nach einem Stellenabbau verbleibenden Mitarbeiter "Bodensatz" genannt, erzählt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der Robert Bosch GmbH am Standort. "Irgendwie fühlt sich das nicht gut an." Nach der Sparrunde vom Frühjahr seien die Arbeitnehmervertreter zuversichtlich gewesen, den vereinbarten Stellenabbau hinzubekommen. Nun gehe es erneut inklusive der Sparte Etas um 4250 Stellen. "Und ich glaube nicht, dass das das Ende der Begehrlichkeiten ist."
Unverständlich sei, dass ausgerechnet in den Zukunftssparten XC und VM gestrichen werden soll. "Die braucht künftig jedes Auto", meint Streit. Unter der Belegschaft nähmen jedenfalls Unsicherheit und Angst zu, erzählt Ralph Preute vom Betriebsrat von Bosch Engineering, kurz BEG. Die Arbeitszeitverkürzung in seiner Sparte sei nicht trivial, bedeute Lohneinbußen von zehn bis 12,5 Prozent. "So bewältigt man keine Krise", warnt er. "Eine belastbare Zukunft erfordert Investitionen in die Belegschaft."
Einen Profiteur der Standortdebatte gibt es aber: Bei der IG Metall häufen sich seit Bekanntwerden der Sparpläne die Neueintritte von Bosch-Mitarbeitern, berichtet Helmut Meyer.