IG Metall kritisiert Bosch-Pläne für Abstatt – "Kahlschlag nicht die richtige Strategie"
Die Gewerkschaft kritisiert die Streichungspläne von Bosch für den Standort Abstatt. Vorwurf: Der Jobabbau ist rein renditegetrieben. Am Donnerstag ist eine Kundgebung geplant.
Mit bundesweiten Aktionstagen will die IG Metall am Donnerstag und Freitag Druck auf die Bosch-Geschäftsführung aufbauen. Am Donnerstag sind unter anderem Kundgebungen in Abstatt und in Leonberg geplant, kündigte die Gewerkschaft am Montag an. Vorab machten Sprecher von IG Metall und des Abstatter Betriebsrats in Neckarsulm deutlich: Die Kürzungspläne des Unternehmens werden sie nicht so einfach hinnehmen.
"Wir erwarten von der Unternehmensleitung ein bisschen mehr Durchhaltevermögen", sagte Adrian Hermes, Bosch-Unternehmensbetreuer der IG Metall und Mitglied des Aufsichtsrats beim Technologiekonzern. "Wir brauchen eine Überwinterungsstrategie." Denn die Konzernleitung begründe die geplanten Streichungen vor allem damit, dass die betroffenen Technologien – autonomes Fahren, Elektromobilität, Lenk- und Assistenzsysteme – nicht so schnell wüchsen wie erwartet. "Wir sind uns aber einig, dass autonomes und assistiertes Fahren kommt", sagte der Abstatter Betriebsratsvorsitzende Helmut Meyer. "Für die Zwischenzeit müssen die qualifizierten Kräfte beschäftigt werden."

IG Metall zu Bosch-Plänen: "Kahlschlag ist nicht die richtige Strategie"
In der Tat habe der Konzern viel vorab investiert: Bosch habe innerhalb von fünf Jahren alleine in Leonberg 1500 Stellen in der Sparte XC geschaffen, in der Technologien für Assistenzsysteme und autonomes Fahren entwickelt werden, berichtete Hermes. "Es muss jetzt für die Geschäftsleitung darum gehen, hier Nischen für diese Produkte zu finden", mahnte er. Natürlich hätten die politischen Rahmenbedingungen einen großen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung, zum Beispiel die EU-Flottenvorgaben oder Förderprogramme. "Kahlschlag ist aber nicht die richtige Strategie."
Mayer räumte zwar ein, dass die Sparte XC Verluste schreibt. "Bosch insgesamt ist aber nicht in den roten Zahlen", betonte das Mitglied des Gesamtbetriebsrats. "Dem Management geht es bloß um eine Verbesserung des Ebits." Mit dieser Kennzahl wird der Gewinn eines Unternehmens vor Abzug von Zinszahlungen, Zinseinkünften und Unternehmenssteuern bezeichnet – er zeichnet ein realistisches Bild, ob der laufende Betrieb rentabel ist. Entwicklungszentren betreibt der Konzern auch im Ausland – in Osteuropa ebenso wie in Nordamerika, Indien und China, wo erst vor kurzem ein Standort mit 2000 Beschäftigten den Betrieb aufgenommen habe.
Bislang seien neue Technologien und Plattformen federführend in Deutschland entwickelt und dann international verbreitet worden, sagte Meyer. Dies drohe nun verloren zu gehen. "Wir haben leider noch keine Antwort auf unsere Frage, welche Rolle Abstatt künftig spielen wird. Wir haben aber Anzeichen, dass Bosch die nächsten Aufträge nicht hier ansiedeln will." Dieser Trend sei bei dem Konzern auf breiter Front zu beobachten.
Abstatter Bosch-Betriebsrat: "Es gibt superviele Fragen"
Für die Belegschaft sei dies eine bedrückende Situation, schilderte Sina Russo, Mitglied des Abstatter Betriebsrats. "Die Kollegen sind verunsichert und unzufrieden", erzählte sie. "Es gibt superviele Fragen. Wir wissen zwar, was die Firma vorhat, aber wir sehen kein Ziel darin." Der Betriebsrat fordere hier Klarheit. "Wir wollen nicht alles boykottieren", betonte sie. "Aber wir wollen gute Lösungen für die deutschen Standorte."
Neben Abstatt sollen auch Stellen in Leonberg, Schwieberdingen, Renningen, Hildesheim und Schwäbisch Gmünd abgebaut werden, 1850 im Bereich XC, 1300 in der Lenkungssparte in Schwäbisch Gmünd und 750 in Hildesheim, wo Teile für die Elektromobilität gefertigt werden.