"Können nicht bis Februar warten": Sport-Union Neckarsulm sieht WM-Pause als Chance
Die bevorstehende Weltmeisterschaftspause kommt Handball-Bundesligist Sport-Union Neckarsulm und Thomas Zeitz gelegen. Der Trainer sieht Fortschritte, plant jedoch auch einige Veränderungen.

Der vierte Tabellenplatz kann sich sehen lassen. Dort steht die Sport-Union Neckarsulm in bester Nachbarschaft zum VfL Oldenburg, dem Thüringer HC, zur HSG Bensheim/Auerbach und der TuS Metzingen. Die Neckarsulmer Bilanz ist zwar ein kleines bisschen schlechter, als es sich Vorstandsmitglied Bernd Dollmann vor Saisonbeginn gewünscht hatte, aber es ist schließlich auch erst Mitte November. Alles gut also beim Handball-Bundesligisten? Mitnichten.
Die Rahmenbedingungen sind erstligareif bei der Sport-Union
Denn auf Rang vier steht die Sport-Union mit einem Durchschnitt von 985 Besuchern pro Spiel nur in der Zuschauertabelle. Die Atmosphäre in der Ballei stimmt, auch wenn Dollmann gerne einen vierstelligen Besucherschnitt erreichen würde. Doch was nützen das tollste Theater und die schönste Bühne, wenn die Darstellerinnen ihren Text vergessen haben? Denn in der wichtigsten Tabelle, in jener, in der in Punkten abgerechnet wird, steht die Sport-Union ohne Zähler auf dem letzten Platz. Unter diesem Betrachtungswinkel ist es nicht erst, sondern schon Mitte November.
Thomas Zeitz weiß das. "Die Zeit wird weniger und unsere Entwicklungsschritte müssen größer werden. Wir können nicht nochmal sagen, dass wir drei Monate Anlaufzeit brauchen und bis Februar auf die ersten Punkte warten", sagt der Neckarsulmer Trainer, der sich den Saisonstart selbstverständlich anders vorgestellt hatte.
Neckarsulmer Trainer Zeitz sieht keine Stagnation – im Gegenteil
Für den 49-Jährigen waren es schwierige Monate. Mitten im harten Bundesliga-Auftaktprogramm musste Zeitz eine junge Mannschaft von seinen handballerischen Ideen überzeugen, sie anleiten und zusammenwachsen lassen. Das nahm Zeit in Anspruch und sorgte angesichts diverser Verletzungsprobleme auch für Rückschläge, die sich in den vergangenen Wochen allerdings zunehmend glichen. Doch von Stagnation will Zeitz nichts wissen. "Im Gegenteil", sagt er entschieden. "Die Spiele gegen den THC und Metzingen waren ernüchternd, gerade in ihrer Art und Weise. Aber das hat sich in den vergangenen Wochen komplett gewandelt."
Der Pokal-Auftritt gegen Bietigheim (26:36) wie die Ligaspiele in Bensheim (23:27) und in Dortmund (23:26), bei dem Ex-Neckarsulmerin Sarah Wachter die SUN verzweifeln ließ, hätten ihn vielmehr darin gestärkt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. "Das ging alles in die richtige Richtung. Gerade in der Abwehr und im Tor erreichen wir langsam das Niveau, um Bundesliga-Spiele zu gewinnen", sagt Zeitz.
SUN-Torhüterin Ivancok bemängelt "dumme Fehler"
Torhüterin Lena Ivancok, Neckarsulms einzige WM-Teilnehmerin in diesem Jahr, sieht es ähnlich: "Wir haben uns im Saisonverlauf gesteigert, haben auch in Halle ein gutes Spiel gemacht, aber irgendwie fehlt immer eine Kleinigkeit - auch wegen der dummen Fehler, die wir machen." Vor allem zu Beginn der Spiele tut sich die Sport-Union regelmäßig schwer. "Wir verschlafen in acht von zehn Spielen den Start", was dann das gesamte Spiel erschwere, sagt Thomas Zeitz. "Wir müssen schauen, warum das so ist und was wir dagegen machen können", gibt der Trainer einen Ausblick auf die nun folgenden Wochen in Neckarsulm.
Der Druck auf die Sport-Union Neckarsulm wächst. Während die Spielerinnen bis zum 29. November nur individuell trainieren oder auf Länderspielreisen sind, wird sich das Trainer-Team Gedanken darüber machen, an welchen Stellschrauben gedreht werden könnte. Es gibt Überlegungen, die Belastungssteuerung zu verändern und die Intensität beim Aufwärmen vor den Spielen leicht zu erhöhen.
Darüber hinaus muss die Zahl der erzielten Tore schnellstens in die Höhe getrieben werden. "Mit 23 Toren pro Partie gewinnst du keine Bundesliga-Spiele", weiß Zeitz. Gerne soll das durch Sieben-gegen-Sechs-Situationen geschehen, die in den nächsten Wochen noch intensiver trainiert werden. "Damit spielen wir uns in vielen Fällen gute Chancen heraus; die Mannschaft hat das angenommen", sagt Zeitz. "Es ist zwar nicht mein Lieblingsspiel, aber ich muss schauen, was funktioniert, nicht, was mir gefällt."
Sport-Union Neckarsulm: Zwei Verletzte als gefühlte Neuzugänge
Damit unterscheidet sich der Trainer von Vorgängerin Tanja Logvin, die stets ihre Vorstellung vom Handball durchzubringen versuchte - und letztlich scheiterte. Nun also eine neue Herangehensweise, deren Erfolg oder Misserfolg sich von Ende Dezember an zeigen wird.
Mut machen darf der Spielplan, der weiterhin überschaubare Abstand zu den Nichtabstiegsplätzen und die absehbare Rückkehr von Munia Smits und Veronika Andrysková. Doch klar ist auch: Die Zeit spielt gegen die Sport-Union Neckarsulm. Ihr größtes Faustpfand bleiben die bundesligawürdigen Fans.
Länderspielabstellungen der Sport-Union Neckarsulm
Für die Länderspielpause hat die Sport-Union Neckarsulm einzig Alessia Riner und WM-Fahrerin Lena Ivancok (Österreich) abgestellt. Riner und die Schweiz spielen vom 23. bis 25. November ein Vierländer-Turnier in Rumänien gegen die Gastgeberinnen (Donnerstag, 16.30 Uhr), Österreich (Freitag, 14 Uhr) und Portugal (Samstag, 14 Uhr).
Lena Ivancoks Österreicherinnen spielen nach der Teilnahmen an diesem Vorbereitungsturnier zunächst in Gruppe C die WM-Vorrunde im norwegischen Stavanger gegen Südkorea (29. November, 18 Uhr), Norwegen (1. Dezember, 20.30 Uhr) und Grönland (3. Dezember, 18 Uhr). Fatos Kücükyildiz (Türkei) pausiert freiwillig, Griechenland und Agni Zygoura, die nach dem Dortmund-Spiel leichte Achillessehnen-Probleme verspürte, haben keinen Lehrgang.