Von der Klinik bis zum Hausarzt: Es ist viel in Bewegung
Die Gesundheitsversorgung ist im Umbruch: vor allem im ländlichen Raum. Kleine Kliniken schließen, Hausärzte finden keine Nachfolger, Zahnärzte warnen vor Engpässen. Was sind die Gründe? Wie kann dieser Strukturwandel aufgefangen werden?

19 Krankenhäuser im Land mussten in den vergangenen zehn Jahren geschlossen werden: darunter die Kliniken in Brackenheim und Möckmühl (2018) und Künzelsau (2019). Der Aufschrei war groß, aber aus Sicht der Krankenhausträger unvermeidlich. Auch das Sozialministerium sagt: Der Strukturwandel ist unabdingbar. Weil die Qualitätsvorgaben so streng sind, die Behandlungen immer komplexer werden, die Suche nach Personal immer schwieriger wird und die Wirtschaftlichkeit somit nicht mehr gegeben ist.
Ambulante Gesundheitszentren treten an die Stelle von Krankenhäusern
An Stelle der einstigen Kliniken treten meist Gesundheitszentren, die eine stationäre Versorgung zwar nicht kompensieren können, aber die Lücke zumindest mit ambulanten Angeboten schließen können. Krankenhäuser wie in Öhringen, die noch überleben können, sollen bestmöglich gefördert werden. Dort startet 2022 ein Neubau. Und seit Mai 2018 hat in der Hohenloher Krankenhaus-Gesellschaft die BBT-Gruppe das Sagen. Sie setzt voll auf Regionalität und ist nicht nur in Tauberfranken-Hohenlohe angetreten, um ländliche Klinik zu erhalten und zu stärken.

Mit einem Konzept, das mehrere Gesundheitsdienstleistungen von der Geburt bis zur letzten Lebensphase in einer Region vernetzt. So kann die Öhringer Klinik als Grund- und Regelversorger mit begrenztem Leistungsspektrum auch auf den Vollversorger Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim zählen.
Die klassische Landarzt-Praxis ist ein Auslaufmodell
In der Region Heilbronn-Franken gibt es fast 100 freie Hausarztsitze. Ältere Mediziner, die in Ruhestand gehen wollen, finden kaum Nachfolger. Das ist ein großes Problem. Junge Ärzte wollen heute unabhängiger sein und scheuen das Risiko einer Niederlassung. Sie wollen angestellt sein und mitunter auch in Teilzeit arbeiten. Sie sind zunehmend weiblich und wollen mit der ausufernden Bürokratie nichts zu tun haben. Das geht aber nur in lokalen Gesundheitszentren, wo viele Ärzte ein oder mehrere Teams bilden. Die klassische Landarzt-Praxis ist deshalb ein Auslaufmodell. Kaum einer will noch als Einzelkämpfer 50 bis 70 Stunden pro Woche arbeiten.
Region gilt nicht als unterversorgt: Wie kann das sein?

Obwohl die Zahl der Hausärzte weiter verschwindet, gelten der Hohenlohekreis und der Landkreis Heilbronn noch nicht als unterversorgt. So wie die drei anderen Kreise in der Region Heilbronn-Franken. Das liegt an einem Bedarfsplan, der zweimal pro Jahr neu verhandelt wird, den aktuellen Gegebenheiten aber kaum mehr entspricht. Denn auch bei den Fachärzten gilt keiner der fünf Kreise als unterversorgt. In vielen Bereichen herrscht nach offizieller Zählart sogar eine Überversorgung - trotzdem bekommt man als gesetzlich Versicherter nur schwer Termine. Denn die Budgets für die Ärzte sind gedeckelt. Wer mehr behandelt, bekommt nicht mehr Geld. Und mehr als die im Plan verankerten freien Sitze dürfen eben nicht dazukommen.
Das sorgt immer wieder für heftige Kritik. Jetzt sollen unter anderem Kommunen in ländlichen Gebieten mehr Verantwortung übernehmen und gemeinsam solche Gesundheitszentren schaffen. Das heißt auch: Die Wege für die Patienten werden weiter. Arzt-Taxis oder Telemedizin könnten etwas Abhilfe schaffen. Doch den großen Wurf gibt es noch nicht.
Auch bei den Zahnärzten klaffen immer größere Lücken

Bei den Zahnärzten ist das etwas anders. Dort herrscht Niederlassungsfreiheit, es gibt keinerlei Zulassungsbeschränkungen. Doch auch dieser Fachbereich leidet unter Nachwuchsmangel – und bürokratischen Dokumentationspflichten, die ins Uferlose gehen. 1500 Verordnungen müssen beachtet werden. Besonders schlimm steht es um die Versorgung im Hohenloher Jagsttal. Der Versorgungsgrad liegt hier bei weit unter 50 Prozent. Das bedeutet eigentlich: Der Bereich ist unterversorgt. Doch er gehört zum offiziellen und größeren Planungsgebiet Künzelsau, das mit 67,8 Prozent noch nicht als unterversorgt gilt. Erst unter 50 ist es so weit.
Kritiker fordern deshalb, die Planungsbezirke zu verkleinern. Doch ihre Rufe verhallen ungehört. Auch hier gilt: Die Wege der Patienten zum nächsten Zahnarzt werden künftig länger. Und es wird noch nur einzelne Gesundheitszentren oder Gemeinschaftspraxen geben. Wenn es sein muss, auf der grünen Wiese.