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Wie Betrüger durch vermeintliche Geldanlagen das Ersparte ergaunern

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Immer häufiger fallen Menschen aus der Region auf Anlagebetrug herein. Vielversprechende Anzeigen machen Hoffnung, das Ersparte mit lukrativen Erträgen anlegen zu können - und dann ist das Geld plötzlich weg. Experten des Heilbronner Polizeipräsidiums zeigen, wie das System funktioniert.

von Alexander Klug
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Raffinierte Betrüger zocken Menschen aus der Region ab. Foto:dpa
Raffinierte Betrüger zocken Menschen aus der Region ab. Foto:dpa  Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa)

Benjamin Klingenfuß hält ein Blatt Papier in der Hand. Darauf listet eine Tabelle das finanzielle Leben eines Normalverdieners auf. Heizung, Essen, Strom, Miete und so weiter. Ein paar Euro bleiben auch fürs Sparschwein. „Das sind bei vielen Leuten in zehn Jahren gerade mal 24.000 Euro“, sagt der Polizist. Ein Betrag, der sich bei einem Fall wie denen, die jeden Tag auf seinem Schreibtisch landen, ganz schnell in Luft auflöst. Benjamin Klingenfuß arbeitet in dem Arbeitsbereich des Heilbronner Polizeipräsidiums, der sich mit Betrug und Vermögensdelikten befasst.

Dass Menschen auf Betrüger hereinfallen, komme deutlich häufiger vor, als es den Anschein hat. „Viele sprechen aus Scham nicht darüber, hereingelegt worden zu sein“, sagt Klingenfuß. Hier wird eine Lebensversicherung ausbezahlt, dort soll das Ersparte mehr Zinsen als bei der Bank bringen, auch das Geld aus einer Unternehmensbeteiligung soll gewinnbringend untergebracht werden. Das Internet sei voll mit entsprechenden Werbeanzeigen. „Und keineswegs nur auf Schmuddelportalen, sondern auch auf großen Nachrichtenseiten.“ Vermögen verdoppeln, traumhafte Renditen, Schnäppchen-Immobilien – so sehen die Inserate aus.

Selbst Wertpapierhändler fallen auf Betrüger herein

„Die Anzeigen zielen nicht nur auf Millionäre ab. In der ersten Stufe finden die Betrüger erst einmal heraus, was bei ihrem anlagewilligen Interessenten zu holen ist“, erläutert Klingenfuß. Da gebe es oft Lockvogelangebote, bei denen der Anleger 250 Euro investiert, aus denen scheinbar schnell 500 Euro werden. „Quasi zum Beweis, wie toll das System funktioniert.“ Hinweise auf Betrug? Fehlanzeige. „Der Service wirkt super. Anlageexperten rufen ihren vermeintlichen Kunden an, sie geben Tipps, installieren per Fernzugriff hochprofessionell aussehende Software auf dem Rechner“, sagt der Polizeibeamte. Der wichtigste Unterschied ist aber: Mit der Software der Betrüger wird zu keinem Zeitpunkt gehandelt, sie simuliert nur Kauf- und Verkaufsaktivitäten. „Das Geld fließt sofort in ein Geldwäschesystem und ist weg“, ergänzt sein Kollege Daniel Rost.

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Bei der Präsentation seien Profis am Werk, die Internetauftritte und die Software von wirklichen Profi-Programmen kaum zu unterscheiden, sagt Rost. „Ich habe auch schon erlebt, dass professionelle Wertpapierhändler auf so etwas hereingefallen sind.“ Denn die Betrüger haben jeden Anlegertyp die richtige Kulisse im Angebot – vom Handel mit hochriskanten Fonds über die Beteiligung an Windkraftanlagen und Photovoltaik bis zum schwedischen Festgeld. „Dem Zocker müssen die Betrüger eine anderen Rendite versprechen als dem eher konservativen Anleger. Aber es ist immer klar, dass Service und Auftritt nur Fassade sind, um Vertrauen aufzubauen. Das Ergebnis ist überall das gleiche. Das Geld ist weg“, sagt Benjamin Klingenfuß. Die Frage ist nur, wie viel: Die scheinbar grandiosen Renditeaussichten motivierten die Leute, immer mehr Geld vermeintlich anzulegen. Will der Kunde dann aussteigen, die Gewinne einstreichen, gehe plötzlich alles ganz schnell. „Manchmal fallen dann plötzlich die Kurse, um den Anleger selbst dann noch dazu zu bekommen, Geld nachzuschießen. So mancher verschuldet sich dafür sogar. Oder der Kontakt reißt einfach ab, wenn die Betrüger meinen, dass nichts mehr zu holen ist.“

1,2 Millionen Euro sind weg

Der Schaden ist oft immens und geht in die Tausende oder Zehntausende. „Neulich hatte ich einen Fall, in der eine verkaufte Unternehmensbeteiligung im Wert von 1,2 Millionen Euro auf diese Weise verloren gegangen ist“, sagt Benjamin Klingenfuß. Begünstigt werde die steigende Beliebtheit solcher Betrugsmodelle mit den seit langer Zeit niedrigen Zinsen. „Auch lässt die Bildung in Finanzfragen hierzulande sehr zu wünschen übrig“, sagt Daniel Rost.

Es gebe Hinweise, Fake-Internetseiten zu erkennen, meint Klingenfuß. Bei manchen Seiten fehle das Impressum, wie es in Deutschland vorgeschrieben ist. Bei anderen sind dort Firmen mit Sitz in fernen Ländern aufgeführt. „Misstrauisch sollte man werden, wenn Überweisungen ins Ausland getätigt werden sollen“, rät der Polizist. Oder, wenn Anrufe von Telefonnummern aus dem Ausland oder von immer wechselnden Nummern kommen. „Im Zweifel von der Weitergabe von Daten oder der Überweisung von Geld Abstand nehmen. Wenn es so leicht wäre, solche Renditen zu erzielen, würde das jeder Tippgeber selbst machen.“

Wie Sie unseriöse Betrüger-Seiten erkennen, erklärt das Landeskriminalamt auf seiner Homepage.

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