Raser-Prozess in Heilbronn: Was geschah nach dem tödlichen Unfall?
Nach dem tödlichen Unfall in der Wollhausstraße waren der Fahrer und die Beifahrerin im Krankenhaus zusammen untergebracht – und löschten ihre Accounts in den sozialen Medien. Die Staatsanwaltschaft nimmt Stellung.

Vor dem Landgericht in Heilbronn muss sich derzeit ein 21-jähriger Mann verantworten, weil er mit fast 100 Stundenkilometern in der Wollhausstraße gerast und dabei in den Wagen einer Familie gefahren sein soll. Der Vater starb. Vor Gericht kam heraus: Nach dem tödlichen Unfall waren der Angeklagte und die Beifahrerin, seine Freundin, im selben Zimmer eines Krankenhauses untergebracht.
Sie wurde am 6. September als Zeugin vernommen, wollte sich zur Fahrt aber nicht äußern. Sonst könne gegen sie eventuell ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, hatte ihr Anwalt damals das Schweigen begründet. Während sie auf die meisten Fragen des Richters mit "Das weiß ich nicht" antwortete, drückte sie sich in einer Sache unmissverständlich aus: So hätten sie und ihr Freund unmittelbar nach dem Unfall ihre Accounts in den sozialen Medien und damit sämtliche Posts gelöscht.
Staatsanwaltschaft Heilbronn nimmt Stellung
Wie kann es sein, dass beide in einem Zimmer untergebracht werden durften? Auf Anfrage der Heilbronner Stimme erklärt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Heilbronn: "Da der Angeklagte zu jener Zeit nicht festgenommen war und eine Haftanordnung nicht bestand, lag eine strafprozessuale Handhabe für eine Trennung von der Beifahrerin nicht vor." Die konkrete Unterbringung der Unfallbeteiligten sei folglich Sache des Krankenhauses gewesen.
Die Staatsanwältin erklärt, weshalb es damals nicht möglich gewesen sei, sofort eine Untersuchungshaft zu beantragen: "Da der Unfallhergang an dem betreffenden Tag noch weitgehend unklar war, weswegen auch unverzüglich die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens angeordnet wurde, lagen die Voraussetzungen für einen entsprechenden Antrag aus damaliger Sicht nicht vor." Nachdem sich im Zuge der Ermittlungen die Verdachtslage verdichtet hatte, sei unverzüglich ein Antrag auf Anordnung der Untersuchungshaft gestellt worden. "Der Angeklagte befindet sich seit 17. Februar in Untersuchungshaft." Der Unfall geschah am 12. Februar.
Fachanwalt für Verkehrsrecht: "Man kann nicht gleich alle einsperren, wenn ein schwerer Unfall passiert"
Dieter Roßkopf, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Heilbronn, pflichtet dem bei. Das Krankenhaus habe zwei Patienten eingeliefert bekommen. „Die ärztliche Behandlung steht erstmal im Vordergrund.“ Und: „Woher soll das Krankenhaus wissen, ob und welche Ermittlungen laufen?“
Nach einem Unfall gelte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. „Man kann nicht gleich alle einsperren, wenn ein schwerer Unfall passiert.“ In erster Linie spielen die Unfallaufnahme sowie eine Beweissicherung eine wichtige Rolle, also Spuren zu sichern oder einen Sachverständigen hinzuziehen. Gleich das Handy der Unfallbeteiligten zu beschlagnahmen, sei zwar denkbar, aber heutzutage die Ausnahme, so Roßkopf weiter. Nach einem Unfall stoße die Polizei meist auf „ein Trümmerfeld, wo es drunter- und drübergeht“. Es gehe darum, sich ein Bild zu machen, Fakten zu sammeln und Verdachtsmomente wie ein mögliches Fehlverhalten oder unangepasste Geschwindigkeit zu sammeln und zu analysieren.