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Tödlicher Unfall in Wollhausstraße
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"Wird wohl nie enden“: Raser-Prozess in Heilbronn – Urteil erst im Juli?

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Im Heilbronner Raser-Prozess wird nach wie vor jeder Stein umgedreht. Das Landgericht hat den Urteilsspruch bereits mehrfach verschoben. Wann das Urteil fallen könnte und was dem Angeklagten droht.

Die Unfallstelle in der Heilbronner Wollhausstraße: Der Angeklagte soll mit beinahe 100 km/h – bei erlaubten 40 Stundenkilometern – einen tödlichen Unfall verursacht haben, so der Vorwurf.
Die Unfallstelle in der Heilbronner Wollhausstraße: Der Angeklagte soll mit beinahe 100 km/h – bei erlaubten 40 Stundenkilometern – einen tödlichen Unfall verursacht haben, so der Vorwurf.  Foto: HSt-Archiv (groß) / Christiana Kunz (klein)

"Dieser Prozess wird wohl nie enden“, sagte eine der Prozessbeteiligten am 23. Verhandlungstag und rollt mit den Augen. Tatsächlich sollte das Urteil im sogenannten Raser-Prozess vor dem Heilbronner Landgericht bereits im Februar gesprochen werden. Aber in der Verhandlung wird nach wie vor jeder Stein umgedreht. Und die Verteidigung stellt immer neue Anträge.

So auch am vergangenen Mittwoch, als die Beweisaufnahme abgeschlossen war, die Anwälte ihre Plädoyers hielten und der Angeklagte im Heilbronner Raserprozess das letzte Wort sprach. Ob es das aber tatsächlich auch war, ist wieder offen.


Denn Richter Alexander Lobmüller hat das Datum für das Urteil erneut verschoben. Vom 16. auf den 22. April. Die zweite Große Jugendkammer prüft jetzt zwei neue Hilfsanträge der Verteidigung. Geben die Richter den Anträgen statt, sind weitere Sachverständigengutachten notwendig und ein Urteilsspruch verschiebt sich noch weiter nach hinten. Der Presserichter des Landgerichts hat in seiner Information an die Medien weitere Termine bis in den Juli hinein verschickt.

Verteidigerin im Heilbronner Raser-Prozess: „Wir reden hier über lebenslänglich“

„Wir reden hier über lebenslänglich“, sagte Verteidigerin Anke Stiefel-Bechdolf. Keine Kleinigkeit also, über die gerichtet wird. Am 12. Februar 2023 überfuhr der Angeklagte mit überhöhter Geschwindigkeit zuerst beinahe eine Frau auf dem Zebrastreifen auf der Wollhausstraße. Er beschleunigte seinen BMW weiter und krachte wenig später mit rund 100 Stundenkilometern in den Mercedes einer Familie. Der Familienvater starb. Seine Frau und die beiden Kinder wurden verletzt.

War es Totschlag und dreifacher versuchter Totschlag, wie es Staatsanwältin Christiane Triaa in der Anklage Mitte August formulierte? Oder war es Mord und dreifacher versuchter Mord, wie sie es sieben Monate später sieht? Und wie es auch die vier Anwälte der Nebenkläger sehen. Die Verteidiger Stiefel-Bechdolf und Stefan Lay plädierten auf fahrlässige Tötung und dreifache fahrlässige Körperverletzung.

Mord, Totschlag oder fahrlässige Tötung? – Richter stehen vor schweren Entscheidung

Die Richter stehen vor einer schweren Entscheidung. Dass der Angeklagte den Tod eines Menschen billigend in Kauf genommen haben könnte, reicht für Mord nicht aus. Dafür müsste die Kammer dem Angeklagten mindestens bedingten Vorsatz und ein juristisches Mordmerkmal zweifelsfrei nachweisen. „Heimtücke“ käme infrage, wenn die Opfer arglos und damit dem Angriff wehrlos ausgesetzt waren.

Verschiedene Urteile wegen Mordes nach Unfällen gab es in Deutschland schon mehrfach. Zuletzt in Wiesbaden Ende November 2023. Umgekehrt wurden nach tödlichen Unfällen auch Urteile wegen fahrlässiger Tötung gesprochen. So nach dem Unfall bei Bad Langensalza, bei dem sieben Menschen starben. Der Täter fuhr ohne Fahrerlaubnis, alkoholisiert und zu schnell. Das Amtsgericht Mühlhausen verurteilte den 35-Jährigen im Februar zu vier Jahren Gefängnis.

Angeklagter war bereits vor dem tödlichen Unfall auffällig geworden

In Heilbronn gehen bereits mehrere Unfälle auf das Konto des Angeklagten. Auch fiel er immer wieder durch zu schnelles Fahren auf. Wenige Monate vor dem tödlichen Unfall blieb ein Kurs ohne Wirkung. Der Angeklagte hat auch die Erfahrung gemacht, dass er bei seinen Unfällen stets unverletzt blieb. Das, so die Vertreter der Anklage und der Nebenkläger, habe ihn glauben gemacht, dass es auch in der Wollhausstraße so sein würde.

„Niemand kann in den Kopf eines anderen sehen“, hält Verteidiger Stefan Lay dagegen. Ein Sachverständiger solle jetzt nachweisen, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, dass der Beschuldigte bei diesem Unfall hätte schwer verletzt oder gar getötet werden können.

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