Vorfälle mit Messern in Heilbronn: Was aktuelle Fallzahlen aussagen – und was nicht
Die Zahl der Messerangriffe steigt bundes- und landesweit. Wie ist die Lage im Heilbronner Raum? Eine Chronologie der bisherigen Fälle und wie das Innenministerium und die Polizei das Phänomen einordnen.
Messerkriminalität ist ein Phänomen, das stark in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Taten wie jene in Solingen und Mannheim haben in diesem Jahr für Bestürzung und heftige Diskussionen gesorgt. In mehreren Städten wurden zudem aufgrund steigender Kriminalität die Sicherheitskonzepte verschärft. So auch in Heilbronn.
In diesem Jahr ist es auch in der Region zu einigen Vorfällen mit Messern gekommen. Wie sind diese einzuordnen? Und wie ist die Situation im Vergleich zur Lage in Baden-Württemberg? Die Heilbronner Stimme hat bei der Polizei und dem Innenministerium Baden-Württemberg nachgefragt.
Messerkriminalität in Heilbronn: So viele Vorfälle bislang in 2024
In diesem Jahr veröffentlichte die Polizei Heilbronn insgesamt 12 Mitteilungen über Fälle im Stadtgebiet und der Region, in denen mit einem Messer gedroht oder angegriffen worden ist (Stand 5. Oktober 2024).
Bislang ist es in diesem Jahr zu sechs Angriffen gekommen:
- Am 19. Februar in Ingelfingen: Ein 49-Jähriger hatte sich mit seinem 18-jährigen Sohn gestritten und diesen daraufhin mit einem Messer schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt.
- Am 24. Mai in Bad Mergentheim-Drillberg: Ein 27-Jähriger soll einen 49-Jährigen nach einem Streit mit einem Messer am Hals verletzt haben. Lebensgefahr bestand laut Polizeimeldung nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftbefehl wegen versuchten Totschlags erlassen.
- Am 29. Mai in Heilbronn: Eine 33-Jährige geriet mit einem 37-Jährigen in Streit, woraufhin die Frau ein Messer zog und damit dem Mann ins Bein stach. Er wurde leicht verletzt.
- Am 30. August in Heilbronn: Auf der Adolf-Cluss-Brücke ist es zu einem versuchten Tötungsdelikt gekommen. Ein 26-jähriger Tunesier soll einen 28-jährigen Passanten zunächst angerempelt haben. Nach einem Handgemenge zückte er ein Messer und machte Stichbewegungen in Richtung des Gesichts des Opfers. Beim Ausweichen wurde dieses an der Hand verletzt. Der 26-Jährige befindet sich in Haft.
- Am 9. September in Bad Wimpfen: Drei Männer sollen in eine Wohnung eingedrungen und einen Mann mit einem Messer verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft erlies den Haftbefehl wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung.
- Am 17. September in Heilbronn: Während eines Streits in einer Wohnung wurde ein 27-jähriger Tunesier von einem gleichaltrigen Landsmann mit einem Messer lebensgefährlich verletzt.
Zudem ist es bislang zu fünf Bedrohungen mit einem Messer gekommen:
- Am 4. Januar in Bad Mergentheim: Eine Lieferantin von Arzneimitteln ist überfallen und mit einem Messer bedroht worden. Der Unbekannte hatte die Herausgabe der Betäubungsmittel gefordert.
- Am 6. Juni in Heilbronn: Zwei 18 und 19 Jahre alten Männer sollen einen 16-Jährigen unter Androhung von Gewalt zur Herausgabe von Wertgegenständen gezwungen zu haben. Der 19-Jährige soll dabei ein Messer gezogen haben.
- Am 26. Juli in Heilbronn: Ein 56-Jähriger holte gegenüber von Polizeibeamten ein aufgeklapptes Messer aus seiner Jackentasche. Zuvor soll er in einer Gaststätte Besucher mit einem Barhocker und einem Messer bedroht haben.
- Am 9. August in Heilbronn: Ein 29-Jähriger soll mit drei Unbekannten in eine Wohnung eingedrungen sein und einen 30-Jährigen mit einem Messer bedroht haben.
- Am 19. September in Lauffen: Zwei 16-Jährige sollen auf einer Parkbank nahe einer Grundschule von zwei Jugendlichen mit einem Messer bedroht worden sein.
Ein weiterer Fall im Zusammenhang mit Messern:
- Am 9. September in Heilbronn: Ein 19- und ein 20-Jähriger sollen versucht haben, in Tötungsabsicht auf einen 18-Jährigen einzuwirken. Bei der Festnahme entdeckte die Polizei ein Messer beim 19-Jährigen.
Messerkriminalität in Heilbronn: Das sagt die Polizei
Die Polizei Heilbronn selbst konnte auf Stimme-Nachfrage keine spezifischeren Daten zur Verfügung stellen. Der Grund: jeder einzelne Fall müsse separat betrachtet und ausgewertet werden.
Zudem müsse eine Differenzierung der Fälle erfolgen, heißt es weiter. "Jene im sozialen Nahraum sind völlig anders zu bewerten als eine Tat im öffentlichen Raum." Selbst diese bedürfe einer Einzelfallbetrachtung. Unbeteiligte seien "nur sehr selten Opfer eines solchen Angriffs", schreibt die Polizei weiter.
Messerkriminalität in Heilbronn: So war die Situation 2023
Seit dem Jahr 2022 werden Messerangriffe im öffentlichen Raum statistisch erfasst. Die Zahlen für das Jahr 2023 gehen aus der polizeilichen Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Heilbronn hervor. Diese gibt bekannt, dass die Zahl der Angriffe 2023 im Vergleich zu 2022 um 25 Fälle auf 88 gestiegen seien.
Im Jahr 2023 wurden insgesamt 203 Straftaten gezählt, bei denen ein Messer als Droh- oder Tatmittel eingesetzt worden ist. 15 Personen sind im Jahr 2023 durch Messer schwer verletzt worden, gestorben ist niemand. Der Anstieg der Zahlen muss allerdings nicht unbedingt mit einer höheren Kriminalität zusammenhängen: Wie die Polizei Heilbronn in ihrer Statistik deutlich machte, dürften insbesondere intensivere Kontrollen diesen Anstieg bewirkt haben.
Messerkriminalität in Baden-Württemberg: Anstieg zeichnet sich ab
Der Trend in Baden-Württemberg ist ebenfalls nach oben gegangen: Wie das Innenministerium auf Stimme-Nachfrage mitteilt, sei die Anzahl der Messerangriffe 2023 im Vergleich zu 2022 angestiegen. Die Tatverdächtigen seien überwiegend männlich gewesen. Rund 55 Prozent waren nichtdeutscher Herkunft, "hiervon ist etwa jeder Dritte ein Asylbewerber oder Geflüchteter", heißt es weiter. 70,6 Prozent der tatverdächtigen Personen seien zum Zeitpunkt der Tat bereits kriminalpolizeilich bekannt gewesen.
Laut einer Sprecherin des Innenministerium zeichne sich in den Monaten Januar bis August 2024 bei der Anzahl der Messerangriffe bislang ein Anstieg der Fallzahlen im Vergleich zu 2023 ab. Eine Tendenz für dieses Jahr ist für Heilbronn und die Region noch nicht bekannt.