Faschingsevent zuletzt vor 18 Jahren: Warum es in Heilbronn keinen Umzug mehr gibt
Die Carneval-Gesellschaft Heilbronn initiierte 2005 einen Faschingsumzug durch die Stadt. Das bunte Treiben fand aber bald ein Ende – bis heute.
Ob in Talheim, Ellhofen und Eppingen, in Bad Rappenau oder Bad Wimpfen: Einige Orte im Raum Heilbronn werden dieser Tage zu Faschingshochburgen. Die verschiedenen Faschingsumzüge ziehen oftmals zehntausende Besucher an. Doch in der Heilbronner Innenstadt bleibt das bunte Treiben aus – und das seit fast 20 Jahren.
An Fasching-Begeisterten fehlt es in Heilbronn jedoch nicht: Die Carneval-Gesellschaft Heilbronn (CGH) besteht seit beinahe 70 Jahren und deckt mit verschiedenen Garden, Männerballett, Trollen und Weinfeen diverse Altersgruppen ab. Woran scheitert ein Faschingsumzug in Heilbronn?
Kein Faschingsumzug durch Heilbronn – Carneval-Gesellschaft sieht Finanzierungs-Problem
Ein großes Problem für den CGH: das Geld. Beim letzten Faschingsumzug durch Heilbronn im Jahr 2007 lagen die Kosten knapp im fünfstelligen Bereich, sagte der damalige CGH-Präsident Bernhard Kilgus laut Stimme-Vorbericht. Für einen Faschingsumzug nach heutigem Standard rechnet der CGH-Vize Michael Deininger, dass noch mehr Geld nötig wäre. Denn je nach regionalen Besonderheiten erarbeiten Polizei und Faschingsveranstalter ein gemeinsames Sicherheitskonzept.
Finanzielles war schon in der Vergangenheit der Grund, keinen Umzug in Heilbronn auszurichten: Nach den erfolgreichen Umzügen 2005 und 2007 habe der CGH auch 2009 einen solchen veranstalten wollen. Doch dann wird das Geld knapp, berichtet die Heilbronner Stimme am 23. Januar 2009. Der damalige Hauptsponsor Palmbräu habe sich zurückgezogen, dadurch könne der Verein „dieses Risiko nicht tragen“.
„Nachdem die Stadt eine beantragte Ausfallbürgschaft für den Narrenumzug abgelehnt habe“, sei die Entscheidung getroffen worden. „Man wolle den Verein ja nicht in die Insolvenz manövrieren“, so Kilgus laut damaligem Stimme-Artikel. Demnach beliefen sich die damaligen Kosten für den geplanten Umzug auf mindestens 10.000 Euro. Nur einen Tag später berichtet die Heilbronner Stimme, dass nach Angaben von Palmbräu gerade einmal 500 Euro an die CGH gehen sollten. Die Brauerei hatte seit 2008 mit einem Insolvenzverfahren zu kämpfen, das erst im Jahr 2020 beendet wurde.
Kein Faschingsumzug durch Heilbronn – das sind die Gründe der CGH
Ein weiterer Problempunkt sei die Streckenführung gewesen. 2009 hatte die Stadt Heilbronn den Verein gebeten, die Strecke anzupassen. Denn der Faschingsumzug und der Heilbronner Pferdemarkt wären auf denselben Tag gefallen. Die Vorschläge für die Alternativstrecken waren laut Carneval-Gesellschaft „nicht optimal“, weil die Straßen zu eng oder mit zu vielen Hindernissen gespickt waren.
Die Strecke wäre auch heute noch ein Problem. Im Jahr 2007 wurden nicht nur einige Heilbronner Straßen für Autos gesperrt, die Stadtbahn fuhr für einige Stunden auch einen Bogen. Der heutige CGH-Vize Deiniger rechnet mit saftigen Ausgleichszahlungen, die im Falle eines Faschingsumzugs an die Bahn fällig wären. Zusätzlich müsste Schienenersatzverkehr organisiert, die Stromleitungen abgeschaltet und etliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. „Ein Verein kann das nicht mehr stemmen.“
Zumindest in Heilbronn. Denn in anderen Orten wie Talheim oder Ellhofen hatten die Vereine nun fast zwei Jahrzehnte, um ihr Sicherheitskonzept zu erproben, so Deininger, der seit dem Jahr 2000 im Verein aktiv ist. Dazu käme, dass Orte wie Talheim einfacher abzusperren seien als Heilbronn mit seinen vielen Straßen und kleinen Gassen. „In Heilbronn kann man nicht jede Straße zumachen.“
Faschingsumzug durch Heilbronn als „Win-Win-Situation“
Unverständnis äußert Deininger allerdings über die Stadt Heilbronn. Aus seiner Sicht könnten alle Seiten von einem Faschingsumzug profitieren: „Wenn ich von mir ausgehe: Am Tag vom Umzug würde ich in die Stadt gehen.“ Oftmals höre er, dass Menschen Heilbronn „nicht mehr attraktiv“ fänden. Eine „Win-Win-Situation“.
Auch der Einzelhandel könne profitieren, wenn der Faschingsumzug tausende Besucher anlocke, die anschließend bummeln oder essen gehen, so der ehemalige CGH-Prinz. Doch die ansässigen Händler hätten laut Deininger kein Interesse. Heilbronn sei keine Faschingshochburg, sodass große Firmen oder Banken kein Interesse an einer Kooperation hätten. Auch von Seiten der Stadt Heilbronn wünscht er sich mehr Initiative und dass sie „Verantwortung übernehmen“. Schließlich „lebt die Stadt ja von den Vereinen“.
Faschingsumzug durch Heilbronn: Das hält die Stadt davon
Auf Stimme-Nachfrage zeigt sich die Stadt von einem möglichen Faschingsumzug nicht abgeneigt: „Gewiss wäre es ein interessanter Ansatz, faschingsbegeisterte Menschen aus dem Stadt- und Landkreis mit einem Faschingsumzug durch Heilbronn nach Heilbronn zu locken.“ Doch zuerst sei die Carneval-Gesellschaft in der Pflicht und „sollte ein Konzept vorlegen, das dann mit den verantwortlichen Stellen besprochen werden kann“.
Finanziell könne das Schul-, Kultur- und Sportamt unterstützen – zumindest die Genehmigungsgebühren, die städtische Ämter anfallen. Ansonsten erhalte die CGH die übliche Förderung wie alle anderen Vereine auch.