Kritik an Heilbronner Innenstadt: Stehen kleinere Städte in Heilbronn-Franken besser da?
Aus für das Modehaus Palm, ungewisse Zukunft beim Galeria-Kaufhof-Standort: Die Innenstadt in Heilbronn bereitet Sorgen. Ein Experte erklärt, wie Stadtzentren zukunftsfähig werden.
Kaufzurückhaltung bei den Kunden, hohe Mieten und Konkurrenz durch den Onlinehandel: Der stationäre Einzelhandel steht deutschlandweit vor Herausforderungen, das Phänomen der "sterbenden Innenstädte" scheint schwer aufzuhalten zu sein.
In Heilbronn hat jüngst die Schließung des Traditionsmodehauses Palm für Bestürzung gesorgt. Die Inhaber Axel und Wolfgang Palm übten gegenüber der Heilbronner Stimme scharfe Kritik: Die Stadt sei nicht intakt, das Stadtbild sei von gewerbsmäßiger Bettelei geprägt. Auch andere Modehändler sehen die Attraktivität der Heilbronner Innenstadt kritisch.
Wie können Innenstädte zukunftsfähig werden? Sascha Jost, Geschäftsführer des Handelsverbands Baden-Württemberg, sieht unter anderem deren Erreichbarkeit als zentralen Punkt: "Dies ist auch ein Aspekt, den die Kommunen zu einem großen Teil selbst steuern können." Es gelte, Städte so umzugestalten, dass die "Citylagen" mit allen Verkehrsmitteln gut erreichbar seien.
Einzelhandel in Baden-Württemberg: Kein Massensterben von Geschäften in Innenstädten
Eine angespannte Haushaltslage der Kommunen, gepaart mit stetig wachsenden Aufgaben, sieht Sascha Jost als Herausforderung der nächsten Jahre: "Da bleibt wenig Personal und Geld für kreative Stadtgestaltung und den nachhaltigen Umbau der Citys. Das ist aber notwendig, um zukunftsfähig zu bleiben."
Trotz der Herausforderungen ist er zuversichtlich. Man sei in Baden-Württemberg von einem Massensterben der Innenstädte weit entfernt. In Heilbronn ist seit Jahren trotzdem ein stetiger Rückgang des Einzelhandels zu verzeichnen. 2012 gab es im Stadtkreis laut Statistischem Landesamt noch 605 Einzelhandelsgeschäfte, 2021 nur noch 479.
Keine relevanten Leerstände, historische Innenstadt: So sieht es in Öhringen aus
Wenn viel von Aufenthaltsqualität und Erreichbarkeit der innenstadtnahen Geschäfte abhängt: Sind Mittelzentren dann gegenüber Großstädten im Vorteil, weil ihre Zentren kleiner und oft leichter zu erreichen sind? Probleme wie in Heilbronn hat Anna-Maria Dietz in Öhringen jedenfalls nicht.
Die Geschäftsführerin des Stadtmarketingvereins, die gleichzeitig Amtsleiterin in Öhringen für Stadtmarketing und Kultur ist, sieht „keine relevanten Leerstände“, stattdessen einen guten Mix und inhabergeführte Geschäfte, die die Große Kreisstadt „attraktiv“ machten. Zwar ergäben sich auch hier „wie in allen Innenstädten“ derzeit Veränderungen, doch sei ihr Verein in dieser Frage mit der Stadtverwaltung eng verzahnt. Gastronomie und historische Innenstadt böten „unterschiedliche Besuchsgründe“. Aktionen lockten vermehrt Kunden aus Heilbronn und Schwäbisch Hall nach Öhringen – wobei für diese auch die Gewerbegebiete am Stadtrand Anziehungspunkte seien, also in der Austraße und im Steinsfeldle.
In Künzelsau gibt es vermehrt Kunden aus Schwäbisch Hall und Bad Mergentheim
Viele Kunden aus dem Kreis Schwäbisch Hall, aus Bad Mergentheim, wo kürzlich ebenfalls das erste Modegeschäft am Ort dichtgemacht hat, und sogar aus Heilbronn nimmt Matthias Uebele vom Künzelsauer Verein „Kün aktiv“ in seiner Stadt wahr, was ihn „sehr optimistisch“ stimmt. Die Zusammenarbeit mit der Stadt funktioniere gut, weil man dort wisse, dass in der Region der Weltmarktführer ein attraktiver Stadtkern wichtig sei, um Fachkräfte für die Industrie anzuziehen.
Seit der Umgestaltung der Innenstadt habe man „viel positives Feedback“ von Kunden erhalten, sowohl wegen der Optik als auch wegen der Sortimente. Die Geschäfte lägen nah beieinander, zentral und gut erreichbar. „Für unsere Stadtgröße gibt es hier sehr viel“, findet Uebele, die Auslastung sei gut. Künzelsau sei da quasi das Gegenteil von Heilbronn.
Eppingen spürt den Unterschied zwischen den Winter- und Sommermonaten
In Eppingen wünscht sich Karl Knoll, Besitzer der Buchhandlung Holl & Knoll, Frequenzbringer wie ein ganzjährig geöffnetes Café am Marktplatz: "Im Winter merken wir alle, dass weniger Leute kommen, weil es keine Möglichkeit zum Kaffeetrinken gibt." Auch ein Schuhgeschäft fehle in der Innenstadt. Trotzdem: In den vergangenen Jahren habe sich vieles getan, auch von der Gartenschau 2022 profitiere man nach wie vor.