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Attraktive Innenstädte: Das kann Heilbronn von Würzburg, Nagold und Aalen lernen

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Gastronomie und Einzelhandel kämpfen vielerorts ums Überleben, auch in Heilbronn nimmt der Leerstand zu: Was man dagegen unternehmen kann.

Selten ist so viel los wie hier im Heilbronner Zentrum: Am Umgang der Stadtverwaltung mit dieser Situation wird seit der Schließung des Traditionsmodehauses Palm heftige Kritik geübt.
Foto: Mario Berger
Selten ist so viel los wie hier im Heilbronner Zentrum: Am Umgang der Stadtverwaltung mit dieser Situation wird seit der Schließung des Traditionsmodehauses Palm heftige Kritik geübt. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Hohe Mieten, Onlinehandel und Kaufzurückhaltung der Kunden belasten den Einzelhandel und die Gastronomie: Geschäftsaufgaben sind oft die Folge. Die Schließung des Modehauses Palm hat in Heilbronn Bestürzung ausgelöst - und ist kein gutes Zeichen für die Innenstadt.

Seniorchef Wolfgang Palm hatte nach Verkündung der Schließung die Situation des Heilbronner Handels heftig kritisiert. Als positive Beispiele für erfolgreiche Innenstadtentwicklung nannte er unter anderem die Städte Nagold, Aalen und Würzburg - was machen diese Städte anders? Ein Überblick.


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Erfolgreiche Innenstadtentwicklung: Was läuft in Nagold, Aalen und Würzburg anders als in Heilbronn?

"Wir haben gewisse Grundstrukturen, um die Innenstadt lebendig zu halten", erklärt Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann. Dazu zähle unter anderem eine City-Managerin sowie der City-Verein. Dieser besteht zur Hälfte aus Akteuren der Stadtverwaltung und zur Hälfte aus Akteuren der Innenstadt, das heißt aus Gastronomie und Einzelhandel. Der City-Verein bringe kontinuierlich neue Ideen und Konzepte, "sodass es uns gelingt die Innenstadt immer wieder neu zu erfinden," so Großmann.

Der Oberbürgermeister räumt ein, dass in einer Stadt mit rund 22.000 Einwohnern das Management leichter sei als in einer Großstadt. "Das spielt auf jeden Fall eine Rolle." Denn kurze Wege ins Rathaus und zum Oberbürgermeister seien wichtig: "Die Innenstadt muss immer ein bisschen Chefsache sein", findet er.


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Fehlendes Interesse für die Heilbronner Innenstadt

Wolfgang Palm vermisst in Heilbronn dieses Interesse von ganz oben. Auch die Fraktionen im Gemeinderat interessierten sich nicht dafür, findet er, selbst ehemaliger Stadtrat. "Kitas oder Kreisverkehre in ihren Stadtteilen sind wichtiger, es interessiert sie nicht." Mehrere Konzepte zur Erneuerung und Veränderung seien über die Jahre abgelehnt worden, so Palm.

In Nagold kaufe die Stadt Bestandsimmoblilien, saniert diese mithilfe der Städtebauförderung und könne so mit beeinflussen, was mit den Gebäuden passiert, erklärt Jürgen Großmann. Leerstände gebe es, aber nicht oft, und diese seien immer auch "neue Chancen". Die Stadt schaffe es gut, Schließungen von inhabergeführten Fachgeschäften schnell aufzufangen, konkret nennt er das Beispiel einer Metzgerei. Die die Stadt lebt aber auch vom Umland: "Nagold hat mit 166 eine sehr hohe Zentralitätskennziffer", betont der Bürgermeister. Doch trotz der vergleichsweise hohen Frequenz spürten auch hier die Einzelhändler den wachsenden Druck durch den Onlinehandel.

"Die meisten Händler bespielen beides, der ‚Einkanalbetrieb" funktioniert nicht mehr", so Großmann. Das Innenstadtkonzept werde immer wieder fortgeschrieben, stetig werde analysiert: Wovon gibt es genug, was fehlt? Der Bürgermeister vergleicht die Innenstadtgestaltung mit einem Klavier, "bei dem man jede Taste braucht und möglichst auch bespielen sollte".

Würzburg profitiert vom Tourismus und von der Universität

Die Stadt Würzburg profitiert laut Pressesprecherin Petra Steinbach in hohem Maße von den Faktoren Tourismus sowie von den rund 35 000 Studierenden in der Stadt. Trotzdem gingen Krisensituationen und gesellschaftlicher Wandel nicht spurlos an der Innenstadt vorbei, weshalb zuletzt in enger Zusammenarbeit mit den Akteuren des Einzelhandels eine Reihe von Maßnahmen ergriffen wurde. "Dazu zählen das digitale Leerstands- und Ansiedlungsmanagement, die Teilnahme am Sonderfonds ,Innenstädte beleben" und die konsequente Umsetzung des bestehenden ,Zentrenkonzepts"", sagt Steinbach.

Aktives Leerstandsmanagement ist in Aalen unumgänglich

In Aalen sieht der City-Manager Reinhard Skusa die Innenstadt mit mehr Herausforderungen konfrontiert: Hohe Mieten und wenig Interessenten seien ein großes Problem. "Früher gab es vier bis fünf Interessenten für leere Objekte, das ist heute nicht mehr so", sagt er.

Der Leerstand habe zugenommen, weshalb der Fokus der Stadt auf dem aktiven Leerstandsmanagement liege - mit Erfolg. Die Neueröffnung eines Juweliers, eines Blumengeschäfts sowie der Einzug des Triumph-Outletstores am Marktplatz seien eine positive Entwicklung. "Aber es geht nur, weil wir uns intensiv darum kümmern", erklärt der City-Manager. Er freut sich auch über die positive Resonanz auf den so genannten "City-Star Gutschein", der bei vielen Geschäften in Aalen einlösbar ist. Die Händler seien damit "sehr zufrieden", fasst Skusa zusammen. So einen gemeinsamen Gutschein gibt es immerhin auch schon in Heilbronn.

Die Zentralitätskennziffer

Die Zentralitätskennziffer wird vom Einzelhandel verwendet, um die Attraktivität eines Standortes anzugeben. Er gibt das Verhältnis von Warenumsatz und Kaufkraft in einer Region an. Bei Werten unter 100 liegt ein negativer Einkaufspendlersaldo vor. Das bedeutet, dass Kaufkraft aus dem betrachteten Gebiet ins Umland abfließt. Bei einer Kaufkraft über 100 spricht man von einem positiven Einkaufspendlersaldo. Das bedeutet, dass Leute aus dem Umland zum Einkaufen in das betrachtete Gebiet kommen. Gebiete mit Werten über 100 gelten als gute Standorte für den Einzelhandel.

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