Wie die Radwege in der Region ausgebaut werden sollen
Neben der Freizeit hat das Land mit seinem "Radnetz Baden-Württemberg" vor allem den Alltag im Blick und will so noch mehr Bürger aufs Rad bringen. Was bedeutet das für die Hauptstrecken in Heilbronn-Franken?
Freizeitradler können in der Region aus dem Vollen schöpfen. Das touristische Radwegenetz lässt viel Spielraum für kürzere oder längere Touren. Das kommt gerade in Corona-Zeiten all jenen Radlern zugute, die ihren Urlaub lieber in der Heimat verbringen wollen - und trotzdem ihre Fühler in die schnell erreichbare Nachbarschaft ausstrecken wollen.
Heilbronn-Franken bietet gleich drei große und bekannte Routen: den Kocher-Jagst-Radweg, den Neckartal-Radweg und den Radweg durchs Liebliche Taubertal. Daneben gibt es einige weitere Fernradwege - und unzählige andere Touren, die es wert sind, entdeckt zu werden. Über Querverbindungen können bestimmte Routen auch gut kombiniert werden.
Zielmarke des Landes: Anteil an Radler erhöhen
Radeln in der Freizeit ist aber nicht alles. Das Land will auch mehr Bürger im Alltag aufs Rad bringen: um zur Arbeitsstelle zu fahren, Einkäufe zu erledigen oder Besuche zu tätigen. Die Zielmarke heißt 20 Prozent bis 2030, der Verkehrsanteil lag zuletzt bei rund 10 Prozent. Dazu hat das Verkehrsministerium vor fünf Jahren das "Radnetz Baden-Württemberg" aus der Taufe gehoben. Es misst 8000 Kilometer und soll so gut ausgestattet sein, dass es eine echte Alternative zum Auto darstellt. Ganz vorne steht das Thema Sicherheit. Der Komfort soll ebenfalls nicht zu kurz kommen. Und natürlich muss die Beschilderung einheitlich sein.
Es gibt ein "Alltagsnetz", das die Mittel- und Oberzentren miteinander verbindet, und ein "Freizeitnetz", das die bestehenden Landesradfernwege in das "Radnetz" integriert. Es gibt ein "Startnetz", das hauptsächlich alltagstauglich und so sicher wie möglich sein soll. Und ein "Zielnetz", das in allen Belangen top sein soll - also genauso attraktiv wie komfortabel. Diese Hauptachsen haben für das Land beim Ausbau des Radverkehrs Vorrang - auch in puncto Förderung. Das heißt: Decken sich die kommunalen Ausbauplanungen mit den Strecken im "Radnetz Baden-Württemberg", haben sie größere Chancen, finanziell unterstützt zu werden. Die Kosten für die Beschilderung trägt das Land.
Der Kocher-Jagst-Radweg hat eine Länge von 323 Kilometern. 61 Kilometer führen durch den Landkreis Heilbronn, 76 Kilometer durch den Hohenlohekreis, 107 Kilometer durch den Landkreis Schwäbisch Hall und 79 Kilometer durch den Ostalbkreis. Im Rahmen des "Radnetz"-Ausbaus wurden 2019 Abschnitte in Jagstheim und Crailsheim erneuert.
Im Hohenlohekreis stand im vergangenen Jahr keine größere Maßnahme an. Dafür soll jetzt in der Ortsdurchfahrt von Kloster Schöntal das Brückengeländer erhöht werden, damit die Radler nicht mehr absteigen müssen. Ebenfalls auf der Liste steht der Neubau des Radwegs bei Kloster Schöntal auf der ehemaligen Bahntrasse. Das Problem: Diese ist noch nicht entwidmet.
Wie sich Theorie und Praxis in die Quere kommen
Immer wieder kommen den Planern solche und andere Schwierigkeiten in die Quere, wenn es darum geht, Radwege auszubauen oder neu zu bauen. Nicht nur in Hohenlohe, sondern landesweit. Der Kocher-Jagst-Radweg ist zwischen Langenburg und Bächlingen besonders idyllisch, aber auch besonders gefährlich. "Der Landkreis Schwäbisch Hall will dort etwas ändern, aber die Grundstückseigentümer machen nicht mit", weiß Andreas Dürr, Geschäftsführer der Touristikgemeinschaft Hohenlohe. Weiteren Handlungsbedarf sieht er zwischen Sindringen und Ohrnberg, wo der Radweg aus zwei Spuren besteht - und mittendrin aus Splitt, "was die Sturzgefahr erhöht". Oder im Bereich Hessenau-Leofels, wo der Kocher-Jagst-Radweg über eine Kreisstraße führt.
Das Land erhöht seine Förderung für den kommunalen Radwegebau zwar seit Jahren - von 18 Millionen Euro in 2018 über 30 Millionen Euro in 2019 auf 58 Millionen Euro in diesem Jahr. In der Praxis zeigt sich aber immer wieder, wie zäh die Planungen sind, wie immens der Abstimmungsbedarf zwischen allen betroffenen Ebenen ist, wie schwer Grundstücke zu erwerben sind, wie hartnäckig der Naturschutz dazwischenfunkt oder wie Städte und Gemeinden solche Projekte schlichtweg ablehnen.
Das hat der Hohenlohekreis schon erledigt
Das "Radnetz Baden-Württemberg" zielt aber nicht nur darauf ab, Strecken neu- oder auszubauen. Es geht auch darum, "verkehrsrechtliche Maßnahmen" umzusetzen, sagt Sascha Sprenger, Sprecher des Landratsamts in Künzelsau. Alles, was in die Zuständigkeit des Hohenlohekreises fiel, sei "geprüft und abgearbeitet" worden. Für die vier Hauptstrecken Kochertal, Jagsttal, Bretzfeld-Waldenburg und Künzelsau-Waldenburg standen so allein 194 Maßnahmen auf der To-Do-Liste: Randmarkierungen und Querungshilfen wurden angebracht, Schutzstreifen und Tempolimits eingeführt. Brückengeländer sollten erhöht, Sichtfelder optimiert und Barriere beseitigt werden.
Der Neckartal-Radweg ist eine weitere zentrale touristische Route im "Radnetz Baden-Württembergs". Er zieht sich über 410 Kilometer von Villingen-Schwenningen bis nach Mannheim. Weniger als 40 Kilometer davon verlaufen durch den Landkreis und die Stadt Heilbronn von Lauffen bis Gundelsheim. Ein 3,5 Kilometer langes Teilstück zwischen Lauffen und Talheim ist vor zwei Jahren fertiggestellt worden, rund drei Millionen Euro hat das Projekt gekostet. Die Suche nach der richtigen Trasse hat die Stadt jahrzehntelang beschäftigt. Radler müssen nun nicht mehr den Anstieg nach Nordheim bewältigen, sondern fahren auf dem neuen Belag direkt zwischen Felswand und Fluss. Sogar eine eingezäunte Passage durch das Lauffener Zementwerk wurde gebaut, um den Anschluss herzustellen.
Weiter nördlich soll es für Radler einmal richtig flott vorangehen. Das Land plant einen Radschnellweg zwischen Heilbronn, Neckarsulm und Bad Wimpfen. Eine der untersuchten Trassen folgt in weiten Teilen dem Neckartalradweg, der 2016 knapp nördlich der Landkreisgrenze eine weitere wichtige Ausbauetappe genommen hat. Zwischen Neckarmühlbach und Haßmersheim (Neckar-Odenwald-Kreis) wurden fast sechs Millionen Euro investiert und sogar ein Teil des Hangs abgetragen, um eine Gefahrenstelle entlang der Landesstraße zu entschärfen.
Der Radweg durchs Liebliche Taubertal rundet das Angebot ab und ist ebenfalls Teil des "Radnetzes Baden-Württemberg". Er führt auf 100 Kilometern von Rothenburg nach Wertheim. Zwischen Bad Mergentheim und Edelfingen wurde ab 2019 eine neue Unterführung gebaut. Bei Creglingen wurde 2018 ein Teilstück ausgebaut. 2021 soll eine neue Radwegquerung bei Königshofen kommen. Eines macht diese Route besonders: Der ADFC hat sie mit fünf Sternen klassifiziert - und zwar schon bevor es das "Radnetz" gab. Die beiden anderen haben vier Sterne.
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