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Was der Nutri-Score taugt und wie er verbessert werden soll

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Die Lebensmittelampel Nutri-Score taucht auf immer mehr Produkten auf. Verwirrend: Manches vermeintlich gesunde Produkt schneidet schlechter ab, als eine Tiefkühlpizza.

Welche Nudel hat die wenigsten Kalorien und die meisten Ballaststoffe? Darüber soll der Nutri-Score im Supermarkt aufklären.
Foto: Gina Sanders/stock.adobe.com
Welche Nudel hat die wenigsten Kalorien und die meisten Ballaststoffe? Darüber soll der Nutri-Score im Supermarkt aufklären. Foto: Gina Sanders/stock.adobe.com  Foto: Gina Sanders/stock.adobe.com

Vieles hat Ex-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) versucht, um den Nutri-Score zu verhindern: Sie warnte, dass die Farbskala auf Lebensmitteln einer "Ernährungspolizei" gleiche, nahm über ihr Ministerium Einfluss auf eine Studie, die die Kennzeichnung als sinnvoll empfahl und verzögerte deren Veröffentlichung.

Erst nach einer Meinungsumfrage hatte die Ministerin keine Wahl mehr, als den Nutri-Score per Verordnung als freiwillige Kennzeichnung zu erlauben. Bis die vorlag, hatten Konzerne wie Danone, Iglo und Nestlé ihre Produkte bereits mit dem rot-gelb-grünen Logo in die Regale gestellt.


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283 Unternehmen nutzen den Nutri-Score für ihre Produkte

Seit anderthalb Jahren prangt die freiwillige Ampel-Skala auf immer mehr Lebensmitteln. Edeka, Aldi, Lidl, Kaufland, Rewe und Co. drucken den Nutri-Score auf nahezu alle Eigenmarken.

Insgesamt verzeichnet das Landwirtschaftsministerium 283 Unternehmen, die das Logo verwenden. Doch das Label sorgt auch für Verwirrung: Wie kann eine Tiefkühlpizza im grünen Bereich liegen, während magerer Schinken mit "rot" bewertet wird?


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Nur gleiche Produktgruppen können miteinander verglichen werden

"Ich kann immer nur Produkte einer Kategorie vergleichen", erklärt Vanessa Holste, Leiterin der Abteilung Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Pizza A mit Pizza B, Milchreis mit Sahnejoghurt, Nussmüsli mit Schokocerealien."

Dadurch sei klar, welches ähnliche Produkt mehr Fett oder weniger Zucker enthalte. "Ich kann natürlich nicht Cola mit Pizza vergleichen." Die Grenzen sind dabei nicht ganz eindeutig. Als Faustregel gilt für die Expertin: Ware, die man vergleichen kann, steht meist zusammen im Regal.

Für Getränke und Fette gelten Sonderregeln

Wie die farbige Bewertung eines Produktes zustande kommt, ist dagegen genau geregelt. Enthält etwas viel Zucker, Salz oder Fett, wirkt sich das negativ aus. Ballaststoffe, Eiweiß oder Obst- und Gemüseanteile verbessern die Bewertung. Die Plus- und Minuspunkte der Inhaltsstoffe werden miteinander verrechnet und ergeben die Bewertung zwischen A (grün) und E (rot).

Doch es gibt Ausnahmen: Gesunde Öle wie Walnuss- oder Rapsöl stehen besser da als Butter. Unter den Getränken darf nur Wasser mit der Bestnote bewertet werden.

Kaufland behandelte Haferdrink wie ein Getränk - ein Fehler mit Folgen

Diese Unterschiede wurden anfangs für Kaufland zum Problem: Die Neckarsulmer behandelten pflanzliche Milchalternativen zunächst wie Getränke, was zu schlechten Benotungen führte. Behandelt man Haferdrinks und Reisdrinks aber als Lebensmittel, wie auch Kuhmilch, bekommen sie eine bessere Einstufung.

Inzwischen stellt auch die französische Gesundheitsbehörde, die über die Regeln des Nutri-Scores wacht, klar, dass pflanzliche Milchalternativen als Lebensmittel gelten.


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Verbraucherzentrale fordert strengere Regeln für Zucker und Ballaststoffe

Künftig könnte der Nutri-Score nachgebessert werden. Noch in diesem Jahr soll das Gremium der am Nutri-Score beteiligten Länder Vorschläge machen. So fordert etwa der Lebensmittelverband, dass kalorienfreie Getränke mit Wasser gleichgestellt werden und bestimmte Vitamine in die Bewertung einfließen.

Die Verbraucherzentrale fordert dagegen, dass Zucker strenger bewertet wird. "Der kommt aktuell noch ziemlich gut weg: Es gibt Cerealien, die mit 20 Prozent Zuckergehalt einen grünen Nutri-Score bekommen", sagt Holste. Auch Ballaststoffe führten schon in kleinen Mengen zu vielen Pluspunkten.


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Ändern Hersteller ihre Rezepturen für einen besseren Nutri-Score?

Die Verbraucherzentrale prüft momentan außerdem, ob Hersteller ihre Rezepturen durch den Nutri-Score verändert haben. Denn das ist ein weiteres Ziel des Labels: Firmen sollen dazu gebracht werden, Kalorien, Zucker und Salz zu reduzieren, um eine bessere Bewertung zu bekommen. Das versucht zum Beispiel Nestlé: Neue Produkte der Marke Garden Gourmet würden so entwickelt, dass sie im grünen Bereich landen, erklärt der Konzern in einem Blogbeitrag.

Darf man deshalb nur noch Produkte essen, die mit A oder B bewertet wurden? Nein, erklärt Holste: "Die Basis einer ausgewogenen Ernährung sind natürlich unverarbeitete Lebensmittel. Die tragen gar keinen Nutriscore."

 
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